Privatschulen: Sozial Schwächere nicht willkommen?

Privatschulen in Deutschland seien viel zu teuer, beklagt der Rechtswissenschaftler Michael Wrase. Damit würde eine "soziale Selektivität" stattfinden, die nicht dem Grundgesetz entspreche. Er fordert deswegen eine stärkere Kontrolle der Privatschulen seitens der Bundesländer.
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Privatschulen würden Kinder von Eltern mit hohem Einkommen bevorzugen, beklagt der Rechtswissenschaftler Michael Wrase.Foto: JEAN-CHRISTOPHE VERHAEGEN/AFP/Getty Images
Von 14. Juli 2017

Privatschulen schotten sich ab – und zwar von den sozial Schwächeren, beklagte der Rechtswissenschaftler Michael Wrase im Gespräch mit „Deutschlandfunk Kultur“ am Donnerstag.

Damit verstießen die Schulen gegen das Grundgesetz, das eine „Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern“ verbietet, so der Rechtswissenschafter.

Keine Regelungen zu Schulgebühren

Die Bundesländer überprüften nicht genug, ob die Schulen das Grundgesetz einhalten. Außerdem gäben sie den Schulen hinsichtlich der Schulgebühren zu wenige Vorgaben, beklagten Wrase und der Bildungssoziologe Marcel Helbig in einer Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB) im November.

In Hessen gebe es überhaupt keine Vorgaben zu Schulgebühren, meint Wrase. In Berlin betrüge das Schulgeld 100 Euro im Monat – das könnten sich viele Eltern nicht leisten. Viele Schulen hätten außerdem Beiträge, die höher liegen, beklagt der Forscher.

Finanzierung von Privatschulen: Staat zahlt 2/3 der Kosten

Fast 6.000 Privatschulen gab es im Schuljahr 2015/16 in Deutschland, so die Angaben des Statistischen Bundesamtes. Wenn eine Privatschule genehmigt wird, zahlt der Staat drei Jahre nach ihrer Gründung rund zwei Drittel der Kosten, schreibt der „Verband der Deutschen Privatschulverbände“ auf seiner Webseite.

Deswegen dürften solche Schulen keine Schulgebühren erheben und müssten für alle Schüler offen stehen, auch für diejenigen, die aus einkommensschwächeren Familien stammen.

„Aber wir sehen eben, dass viele Schulen hohe Schulgebühren erheben, machen dadurch natürlich auch exklusive Angebote. Aber das sorgt eben für eine sehr hohe soziale Selektivität. Und das wird nicht ausreichend kontrolliert“, erklärt Wrase.

Besonders in Grundschulen sollten die sozialen Unterschiede keine Rolle spielen. Dort müssten alle zusammen lernen können und es solle auch nicht nach Leistung und Eignung unterschieden werden, so Wrase.

Wrase: „Staat soll kommerzielle Privatschulen nicht finanzieren“

Der Staat solle außerdem die Unterstützung für kommerzielle Privatschulen streichen, fordert der Forscher. Das würde auch dem Grundgesetz entsprechen, meint er.

Das Schulgeld solle nach der Höhe des Einkommens berechnet werden, damit sich auch Familien mit niedrigem Einkommen Schulen in freier Trägerschaft leisten können, sagt Wrase.

Doch da die Aufnahmepraxis nicht überprüft werde, bestehe die Gefahr, „dass die Schulen Kinder von Eltern mit hohem Einkommen faktisch bevorzugen, da sie so höhere Einnahmen für den laufenden Betrieb, auch unabhängig vom Schulgeld erhalten“, erklären Wrase und Helbig in ihrer Studie. Deswegen müssten Privatschulen stärker kontrolliert werden, fordern sie.



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