Prozess um Edeka-Attentat in Hamburg-Barmbek: Angeklagter geständig doch weiterhin rätselhaft

Ahmad A., der islamistische Messer-Mörder vom Barmbeker Edeka-Markt legt vor Gericht ein Geständnis ab. Reue zeigte er indes nicht. Trotz der derzeitigen Erkenntnislage wirkt der Mann undurchsichtig und möglicherweise taktierend. Die Geschichte vom armen Irren mit einem Kurzschluss scheint nicht so ganz aufzugehen ...
Titelbild
Ahmad Alhaw, Attentäter von Barmbek, im Gerichtssaal in Hamburg.Foto: Srdjan Suki - Pool / Getty Images & Screenshots Youtube
Von und 12. Januar 2018

Staatsschutzsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts:  Unter hohen Sicherheitsvorkehrungen hat am Freitag der Mordprozess gegen den Messerstecher von Hamburg-Barmbek begonnen. Die Anklage hält ihn für voll schuldfähig.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 26-jährigen Palästinenser Ahmad A. Mord sowie versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung in sechs Fällen vor, allerdings nicht wegen Terrorismus.

Hinweise auf die Einbindung in Dschihadistennetzwerke fanden die Ermittler nicht. Obwohl Mitarbeiter des Verfassungsschutzes bereits im November 2016 mit dem Palästinenser sprachen, stuften sie ihn nur als „Verdachtsfall Islamist“ – also nur einer von 800 in Hamburg gespeicherten Islamisten – und nicht als „Gefährder“ ein.

Ein schrecklicher Fehler, wie sich zeigen sollte.

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Islamistisches Attentat

Der abgelehnte Asylbewerber soll aus einer islamistischen Gesinnung heraus in einer Edeka-Filiale einen 50-Jährigen erstochen und anschließend sechs weitere Menschen verletzt haben.

Der 26-Jährige steht zu seiner Tat, das wird am Freitag zu Beginn des Mordprozesses um den tödlichen islamistischen Messerangriff in einem Hamburger Supermarkt deutlich. Er selbst bezeichnete sich als Terrorist.

Mit unbewegtem Gesichtsausdruck sitzt Ahmad A. auf der Anklagebank, reglos lässt sich der große schlaksige Mann mit schwarzem Vollbart von Pressefotografen und Kameraleuten ablichten. Er habe vor einem „religiösen Hintergrund“ gehandelt, so der Palästinenser vor Gericht. Reue zeigt er keine. Er bekenne sich „in allen Anklagepunkten ausdrücklich schuldig“, lässt er von seinem Verteidiger Christoph Burchard verlesen.

Zerrissen zwischen den Welten

In Sachen Religiosität habe A. zwar zeitweise „auffälliges Verhalten“ gezeigt, das sei aber nie von Dauer gewesen. Es habe sich „nach kurzer Zeit wieder normalisiert“. Er habe zwar „phasenweise sein Leben umgekrempelt, dabei aber den westlichen Lebensstil weitergeführt“, sagte die Oberstaatsanwältin Yasemin Tüz am Freitag am Rande des Prozesses vor dem OLG.

Der Angeklagte, der seit 2009 vergeblich um Asyl in mehreren europäischen Ländern nachsuchte und zuletzt in einer Hamburger Flüchtlingsunterkunft wohnte, bestätigt dies am Freitag vor Gericht auch selbst.

Er habe Alkohol und Drogen konsumiert und den westlichen Lebensstil attraktiv gefunden. Dieser sei auch einer der Gründe gewesen, warum er nach Europa gegangen sei, erklärt er dem Gericht. Auch religiös sei er in seinem Leben niemals konsequent gewesen. „Es gab Phasen so und Phasen so.“

Am 6. Dezember 2016 tauchte Ahmad A. in einem arabisch-islamischen langen Mantel mit spitzer Kapuze, Djellaba genannt, unangemeldet und „aufgedreht“ wirkend beim Einwohnermeldeamt auf und kündigte an, Deutschland freiwillig in Richtung Gaza verlassen zu wollen. Mitbewohner erzählten, dass er „verrückt“ gewesen sei und oft „Allahu Akbar“ über den Flur gerufen habe und laut Koran-Suren in Flüchtlings-Cafès vorgetragen habe. Dort hatte er auch in ein langes Gewand gekleidet prophezeit: „Der Terror wird auch hierherkommen“

Hamburgs Innensenator Andi Grote (SPD) musste sich später Vorwürfen im Hamburger Senat stellen: Warum wurde Ahmad A. von den Behörden derart unterschätzt, sogar noch, als er im langen islamischen Mantel beim Einwohnermeldeamt auftauchte?

Von Anfang an waren die Behörden unsicher, ob sie es mit einem Extremisten oder eher mit jemandem zu tun haben, der psychisch labil ist. Viele Menschen stellen sich allerdings die Frage, ob es da wirklich einen Unterschied gibt oder ob psychische Probleme schon naturbedingt im Profil eines Attentäters vorherrschen.

Doch die Ermittler glauben, dass Ahmad A. kein ideologisch gefestigter typischer Überzeugungstäter ist. Begründet wird dies damit, dass der Palästinenser, zumindest nicht nachweisbar, keine Kontakte zu extremistischen Organisationen hatte und offenbar auch nicht in der salafistischen Szene unterwegs war.

Zudem entschloss er sich offenbar spontan am Tattag zu dem Angriff, bei dem er einen Mann erstach und sechs weitere Menschen verletzte. Jedoch kam diese „Spontanität“ erst dadurch zustande, dass er eine Predigt in der tatortnahen Assahaba-Moschee besuchte.

Vergeltung gegen deutsche Christen

Auch für die Vertreter der Anklage steht fest, dass A. seine Tat als Beitrag zum Dschihad wertet und damit „Vergeltung“ für die von ihm als ungerecht empfundene Behandlung von Muslimen weltweit üben wollte.

Konkreter Anlass sei offensichtlich eine Eskalation zwischen den israelischen Sicherheitskräften und Palästinensern am Jerusalemer Tempelberg gewesen, erläutert Oberstaatsanwältin Yasemin Tüz von der Bundesanwaltschaft. Deutschland habe er dafür mitverantwortlich gemacht.

Deshalb sollten deutsche Staatsbürger christlichen Glaubens sterben.“

(Yasemin Tüz, OStA, Bundesanwaltschaft)

Allerdings bleibt die Entwicklung des Angeklagten bis zu diesem Punkt auch für die die Anklage führende Oberstaatsanwältin schwer fassbar.

Alles Taktik?

Er sei auch deshalb nach Europa gekommen, weil ihn der westliche Lebensstil gefallen habe. Dort habe er aber auch den Eindruck gehabt, „nicht willkommen“ zu sein. Zu Einzelheiten äußerte sich der Mann dabei allerdings nicht.

Alles in allem wirkt Ahmad A. wie ein Mann, der sich nicht wirklich in die Karten schauen lässt. „Das möchte ich nicht beantworten“, sagt er nur. Er bleibt ein Rätsel.



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