Psychiater hält NSU-Hauptangeklagte Zschäpe für voll schuldfähig

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, ist nach Einschätzung des psychiatrischen Gutachters Henning Saß voll schuldfähig.
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Beate Zschäpe neben ihren Anwälten Hermann Borchert (l) und Mathias Grasel.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times18. Januar 2017

Die Hauptangeklagte im NSU-Prozess, Beate Zschäpe, ist nach Einschätzung des psychiatrischen Gutachters Henning Saß voll schuldfähig. Es lägen keine Voraussetzungen für eine eingeschränkte Schuldfähigkeit vor, sagte Saß am Mittwoch vor dem Oberlandesgericht München. Für den Fall einer Verurteilung im Sinne der Anklage sieht er außerdem die Voraussetzungen für eine an die Haft anschließende Sicherungsverwahrung Zschäpes gegeben.

Das Gutachten könnte eine entscheidende Rolle für das Urteil gegen Zschäpe bekommen, die Hauptangeklagte im seit Mai 2013 laufenden Prozess um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ist. Dass Saß Zschäpe für schuldfähig hält, war bereits durch das vorläufige schriftliche Gutachten bekannt geworden. Entscheidend für das Gericht ist aber das nun von dem renommierten Psychiater vorgetragene mündliche Gutachten.

Saß sagte, es gebe bei Zschäpe keine Anhaltspunkte für eine Verhaltensänderung. Falls das Gericht der Anklage folge und sie als Mittäterin der NSU-Mordserie mit zehn Toten verurteile, sei derzeit zu bedenken, dass Zschäpe „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit“ ihr rechtsextremes Verhalten fortführen würde. Dies spreche für eine Unterbringung.

Eine Sicherungsverwahrung schließt sich nach dem Ende einer Haftstrafe an. Für zur Sicherungsverwahrung verurteilte Angeklagte verlängert sich damit die Inhaftierung. Sie können nur freikommen, falls ein Gutachter sie nicht mehr als gefährlich einstuft.

Saß nannte in seinem Gutachten die von Zschäpe über ihre Verteidiger vorgetragenen Äußerungen, wonach sie sich in dem aus ihr und den mutmaßlich durch Suizid ums Leben gekommenen Extremisten Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gebildeten NSU-Trio nur dem Willen der beiden Männer gebeugt habe, nicht plausibel. Bei Zschäpe zeige sich ein „starker Wunsch nach Kontrolle“, sie habe „energische, kämpferische Eigenschaften“.

Außerdem habe sie einen hohen perfektionistischen Anspruch an sich selbst sowie das „Streben nach Autonomie“, sagte Saß. Sie sei auch ein „wehrhaftes und anerkanntes Mitglied in der rechten Szene“ gewesen und habe eine Neigung zu einem „dominanten und manipulativen Verhalten“ sowie egozentrische Züge und deinen Mangel an Gemüthaftigkeit und Empathie.

Da Zschäpe als Mittäterin der NSU-Morde angeklagt ist, droht der 42-Jährigen lebenslange Haft. Der Gutachter machte eine negative Prognose zu Zschäpes Zukunft. Es sei nicht nur bei Zschäpe eine Neigung zur Fortführung ihres Verhaltens zu erwarten. Die äußeren Bedingungen in der Gesellschaft hätten sich auch nicht derart geändert, dass eine Tatserie wie die des NSU nicht mehr möglich wäre. Weiterhin dürfte es auch wie beim NSU eine Unterstützerszene geben.

Saß sagte, an der von Zschäpe ausgehenden Gefahr habe sich auch durch den Tod von Mundlos und Böhnhardt nichts geändert. Um an Zschäpes Haltungen etwas zu ändern, sei sicher von einem „langjährigen Geschehen“ auszugehen. Der Erfolg einer dazu nötigen Therapie sei dabei von ihrem Willen zur Mitarbeit abhängig.

Der Prozess soll nun mit Fragen der anderen Prozessbeteiligten an Saß fortgesetzt werden. Ein Termin für ein Urteil ist noch nicht absehbar, allerdings gilt das Gutachten als Teil der Schlussphase eines Verfahrens. (afp)



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