Unmut in Berlin über Israels Regierungschef Netanjahu

In der Bundesregierung gibt es Unmut über den israelischen Ministerpräsidenten Netanjahu. Netanjahu hat in der israelischen Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, Deutschland habe seine Position zum Friedensprozess mit den Palästinenser und zur Zwei-Staaten-Lösung verändert.
Titelbild
Benjamin NetanjahuFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times28. Februar 2016

Nach seinem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Rahmen der deutsch-israelischen Regierungskonsultationen vor zwei Wochen habe Netanjahu in der israelischen Öffentlichkeit den Eindruck erweckt, Deutschland habe seine Position zum Friedensprozess mit den Palästinenser und zur Zwei-Staaten-Lösung verändert.

Nach seiner Rückkehr nach Israel hatte Netanjahu gesagt, Merkel habe endlich eine "realistischere Haltung" eingenommen. Regierungsnahe Medien in Israel berichtete in der Folge, der Besuch des Premiers habe zu einem "Wandel der Auffassung der Kanzlerin" geführt.

Von dieser Interpretation zeigt man sich im Kanzleramt "überrascht", berichtet die "Welt am Sonntag". Die Kanzlerin habe ihre Position mitnichten verändert und dies auch im direkten Gespräch gegenüber Netanjahu klar gemacht.

Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter will diese Irritation am Montag in einem direkten Gespräch mit Netanjahu in Jerusalem ansprechen: "Netanjahu ist doch sonst immer sehr klar. Deshalb sollte er auch klar sagen, dass er an einer Zwei-Staaten-Lösung festhält. Vor allem darf er Besuche beim engsten europäischen Freund, Deutschland, nicht zu einer Fehlinterpretation der deutschen Position nutzten."

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt (CDU), zeigte sich verwundert: "Es würde das deutsch-israelische Verhältnis schon strapazieren, wenn die Kanzlerin für den parteipolitischen Meinungskampf in Israel missinterpretiert würde".

Der Koalitionspartner pflichtet ihm bei: "Die Haltung der Koalitionsfraktionen ist klar und unverändert: Eine Lösung des Konfliktes kann es nur mit einer Zwei-Staaten-Lösung geben, die Sicherheit für Israel und einen lebensfähigen Staat für die Palästinenser garantiert", so der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen. "Diese Haltung wird sich auch nicht durch eine höchst kreative Interpretation der Kanzlerin ändern."

Auch die Opposition rügte den israelischen Premier: "Die Bundeskanzlerin hat die für uns alle frustrierende Stagnation im heiligen Land zurecht angesprochen", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen, Omid Nouripour. "Daraus ihr ein Abrücken von der Zwei-Staaten-Lösung stricken zu wollen, zeigt, woran es für eine Lösung des Konflikts am meisten mangelt: am politischen Willen."

Und der linke Abgeordnete Stefan Liebich, der am Montag ebenfalls von Netanjahu empfangen wird, will den Unmut dort gemeinsam mit seinen CDU-Kollegen direkt ansprechen: "Bei unserem Besuch und im Gespräch mit Netanjahu werden wir deutlich machen, dass es keine Änderung der Politik der Bundesrepublik Deutschland gegeben hat. Und das wir uns über anderslautende Berichte sehr wundern."

Während ein Sprecher Netanjahus einen Kommentar ablehnte, lobte die israelische Opposition die Klarstellung aus Berlin: "Ich war sehr verwundert, als ich hörte, dass ausgerechnet Merkel gesagt haben soll, dass dies nicht die richtige Zeit für einen Friedensprozess ist", sagte Nahman Shai, Abgeordneter des "Zionistischen Lagers" und Vorsitzender der Parlamentariergruppe für die deutsch-israelische Freundschaft. (dts)



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