18 Jahre Haft für Schlepper-Kapitän nach Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer

Im Prozess um eine der schwersten Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer ist ein Schlepper zu 18 Jahren Haft verurteilt worden. Das berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf das Gericht in Catania. Bei dem Bootsunglück im April 2015 waren zwischen 800 und 900 Menschen umgekommen.
Epoch Times13. Dezember 2016

Bis zu 900 Menschen sind gestorben, als ein Schlepperboot mit Flüchtlingen im vergangenen Jahr auf dem Mittelmeer kenterte: Am Dienstag hat ein italienisches Gericht den Kapitän zu 18 Jahren Haft verurteilt. Die Richter in Catania machten den Tunesier Mohammed Ali Malek für das schwerste Seeunglück auf dem Mittelmeer seit dem Zweiten Weltkrieg verantwortlich und sprachen ihn wegen vielfachen Totschlags und Menschenhandels schuldig.

Mit den 18 Jahren Haft kam das Gericht der Forderung der Staatsanwaltschaft nach. Es folgte der Darstellung der Ankläger, wonach Malek durch waghalsige Manöver das desaströse Kentern des Boots mit verursacht habe. Ein mitangeklagter Syrer, der zur Besatzung des völlig überladenen Schlepperboots zählte, wurde zu fünf Jahren Haft verurteilt. Die Anklage hatte sechs Jahre gefordert. Beide Angeklagten wurden zudem zur Zahlung von jeweils neun Millionen Euro Schmerzensgeld verurteilt.

Die beiden Angeklagten hatten behauptet, sie seien selbst Migranten, die von den eigentlichen Schleppern zum Steuern des Bootes gezwungen worden seien. Das Gericht konnten sie damit nicht überzeugen. Überlebende hatten angegeben, Malek sei der Kapitän gewesen, und seine mangelnden Seefahrtskenntnisse hätten zu dem Unglück geführt.

Maleks Verteidiger Massimo Ferrante sagte nach dem Richterspruch zu AFP, sein Mandant sei „schockiert“ über das Urteil. Er wolle in Berufung gehen.

Bis zu 900 Menschen befanden sich auf dem 27 Meter langen Boot, als es am 18. April 2015 von Libyen aus in Richtung Europa in See stach. Das Boot geriet in Seenot und stieß mit einem portugiesischen Frachter zusammen, der zur Hilfe geeilt war. Dann ging das Boot unter. Nur 28 Menschen überlebten die Tragödie.

Die genaue Opferzahl ist unklar. Experten zufolge kamen zwischen 800 und 900 Menschen ums Leben. In einer aufwändigen Aktion hatte die italienische Marine die Überreste hunderter Ertrunkener vom Meeresboden geholt, um sie zu identifizieren und ihnen eine würdige Bestattung zu geben. Das Unglück brachte die Europäische Union zu dem Entschluss, ihre Präsenz vor der libyschen Küste zu verstärken.

Im Laufe des Prozesses wurde deutlich, wie fahrlässig die Schlepper bei der Beladung des Bootes vorgegangen waren. Selbst in den engen Pumpenräumen und im Schacht der Ankerkette seien Ertrunkene gefunden worden, hatten Bergungshelfer vor Gericht ausgesagt. Das Boot sei mit fünf Menschen pro Quadratmeter beladen gewesen.

Der italienische Sonderermittler Vittorio Piscitelli hatte im Oktober gesagt: „Wie konnte es nur möglich sein, 900 Menschen auf dieses Boot zu laden! Sie konnten überhaupt nicht lebend ans Ziel kommen.“

Die meisten der Ertrunkenen kamen aus den westafrikanischen Staaten Gambia, Senegal und Mali. Auch Menschen aus Bangladesch, Äthiopien und der Elfenbeinküste waren an Bord.

Seit April 2015 sind mehr als 300.000 Flüchtlinge über das Mittelmeer in Italien angekommen. Schätzungsweise 7000 starben beim Versuch der Überfahrt nach Europa. (afp)



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