Agrarpolitik ist in der EU eine heilige Kuh

Das Feld der Landwirtschaft wird in der EU-Politik mit besonders viel Aufwand bestellt. Die Wurzeln liegen in der Gründungszeit der Gemeinschaft, die der Agrarpolitik einen Sonderstatus einräumte.
Titelbild
Europas heilige Kühe (Josef Jelkic/DNE)
Von 20. März 2007

Die Landwirtschaft ist in der EU eine heilige Kuh, die von den Mitgliedsländern mit viel Fürsorge und großem finanziellen Aufwand gepflegt wird – und zwar schon immer. Die Förderung der Landwirtschaft ist in den Gründungsverträgen der Gemeinschaft verankert. Die «Gemeinsame Agrarpolitik» (GAP) wurde 1958 geschaffen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Mitgliedsländer gerade eine jahrelange Nahrungsmittelknappheit hinter sich. In der GAP verständigte man sich deshalb darauf, Grundnahrungsmittel zu subventionieren, um die eigene Versorgung zu sichern. Mit dieser Begründung floss und fließt noch immer ein erheblicher Anteil des jährlichen EU-Budgets in europäische Ackerböden und Ställe. Zeitweilig waren es bis zu 70 Prozent.

Neben der Versorgungssicherheit soll die staatliche Regulierung die Preise für landwirtschaftliche Produkte stabil halten, und man will Landwirten einen Anreiz geben, das ländliche Erbe zu erhalten. Diese Politik führte allerdings zu einer erheblichen Überproduktion. In den achtziger Jahren machte die EU mit Milchseen, Butter- und Rindfleischbergen negative Schlagzeilen. Unter dem wachsenden Druck kam es immer wieder zu Reformen. Der Anteil des EU-Budgets, der jährlich in die Landwirtschaft fließt, hat sich nach EU-Angaben dadurch inzwischen für die Haushaltsperiode 2007 bis 2013 auf 34,9 Prozent reduziert. Zusätzlich gehen 9,7 Prozent in die ländliche Entwicklung.

Vor dem Hintergrund widerstreitender Interessen einigte man sich zuletzt im Jahr 2003 auf eine EU-Agrarreform, die 2005 in Kraft trat und für die Landwirte den Abschied von einem jahrelang gültigen Automatismus bedeutete: je mehr Getreide und Tiere, desto mehr Prämien. Jetzt sollte es um mehr Qualität, Tierschutz, Landschaftspflege und ökologischen Landbau gehen. Die Leistungen für Ackerbau sowie Schlacht- und Milchprämien wurden in Stufen von der Produktion abgekoppelt. Bis 2013 sollen die Zahlungen voll an die Agrarfläche angebunden werden. Die Landwirte sollen sich so in ihrer Entscheidung über die Produktion von Mais oder Milch von Subventionen unabhängig machen und stärker am Markt und Verbraucher orientieren.

Der langsam fortschreitende Wandel der GAP gründet sich nicht nur auf die Milliarden-Belastung des EU-Haushaltes, die Großbritannien und andere EU-Länder kritisieren. Die heilige Kuh hat auch an Bedeutung verloren, weil sie durch die Modernisierung im Agrarwesen und der Ausweitung des Dienstleistungssektors immer weniger Bauern beschäftigt. Kritiker führen außerdem an, dass Bauern in Entwicklungsländern keinen fairen Markt für ihre Produkte vorfinden.

Andere dagegen verteidigen eine geschützte EU-Landwirtschaft, allen voran Frankreich, das fast ein Viertel der landwirtschaftlichen Produktion in der EU erwirtschaftet. Zu seinen Mitstreitern gehören Spanien, Belgien und Irland sowie eine starke Bauernlobby aus mehr als hundert Verbänden und Organisationen. Ihren jüngsten Erfolg erzielten sie im Sommer 2006. Da lehnten es die EU- Landwirtschaftsminister ab, die Agrar-Subventionen von mehr als 370 Milliarden Euro für 2007 bis 2013 zu kürzen. Die Gelder für die kostenintensive Pflege der heiligen EU-Kuh sollen auch 2008 bei einer Überprüfung zur Reform der EU-Ausgaben nicht angetastet werden.

(dpa)

Kontakt: Landwirtschaft und ländliche Entwicklung in der EU:

http://ec.europa.eu/agriculture/index_de.htm



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion