EU: Internet-Firmen löschen in Deutschland erstmals alle Hass-Botschaften

Ab Dezember wurden 100 Prozent der gemeldeten illegalen Hass-Botschaften gelöscht. Der Journalistenverband kritisiert, die Macht über die Presse- und Meinungsfreiheit werde de facto an Privatunternehmen abgegeben.
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Die Regierung Chinas lässt die sozialen Netzwerke zu den Protesten in Hongkong massiv zensieren.Foto: iStock
Epoch Times19. Januar 2018

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz hat schon Ende vergangenen Jahres Wirkung gezeigt: In Deutschland tätige Internet-Firmen haben bereits im Dezember erstmals 100 Prozent der gemeldeten illegalen Hass-Botschaften gelöscht, wie eine am Freitag veröffentlichte Untersuchung der EU-Kommission ergab. Ein Jahr zuvor waren demnach in Deutschland nur gut die Hälfte aller als illegal eingestuften Hass-Botschaften aus dem Netz genommen worden.

Auch in der gesamten EU verbesserte sich die Quote der Löschungen. Sie stieg nach Angaben der Kommission im Dezember auf durchschnittlich 70 Prozent. Im Mai 2017 waren es noch 59 Prozent gewesen und im Dezember 2016 28 Prozent.

In Deutschland ist das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zwar erst seit Januar vollständig in Kraft, die Internet-Firmen dürften sich aber schon zum Jahresende darauf eingestellt haben. Es verpflichtet Betreiber sozialer Netzwerke zur Löschung von Falschnachrichten und Hass-Posts binnen 24 Stunden. Bei systematischen Verstößen drohen den Firmen Bußgelder von bis zu 50 Millionen Euro.

Damit unterscheidet sich die deutsche von der Herangehensweise der EU-Kommission, die auf einen freiwilligen Verhaltenskodex mit der Internet-Wirtschaft setzt. Die zuständige EU-Justizkommissarin Vera Jourova sah sich durch den europaweiten Anstieg der Löschquoten in diesem Kurs bestätigt. Er zeige, dass Zusammenarbeit zwischen Technologiefirmen, Zivilgesellschaft und Politik „Ergebnisse bringen kann und gleichzeitig die Meinungsfreiheit erhalten bleibt“.

Jourova ging vor diesem Hintergrund nicht davon aus, dass die freiwillige EU-Herangehensweise zu hundertprozentigen Löschquoten wie in Deutschland führen werde. Im Zweifel blieben solche Inhalte im Netz.

Die Justizkommissarin schloss zudem weiter nicht aus, dass es bei Terror-Propaganda eine gesetzliche Verpflichtung auf EU-Ebene geben könne. Die Kommission hatte Anfang Januar vor einem Treffen mit der Internet-Wirtschaft nochmals mit einem solchen Vorgehen gedroht. Die Behörde will darüber im Mai entscheiden.

Die großen Internetplattformen Facebook, YouTube, Twitter und Microsoft hatten sich im Mai 2016 gegenüber der EU verpflichtet, den Großteil „stichhaltiger Anträge auf Entfernung illegaler Hasskommentare in weniger als 24 Stunden zu prüfen und solche Inhalte zu entfernen“. Laut Kommission schlossen sich nun auch Google+ sowie der Facebook-Bilderdienst Instagram der Initiative an.

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ist seinerseits in Deutschland hoch umstritten. Kritiker bemängeln eine zu umfangreiche Löschung und befürchten Zensur. Der Deutsche Journalistenverband kritisiert, die Macht über das Grundrecht der Presse- und Meinungsfreiheit werde de facto an Privatunternehmen abgegeben. Dort entscheide keine fundierte rechtliche Abwägung über die Löschung von Einträgen.

Ein Leser schrieb uns zur Meinungsfreiheit:

Aus dem „Stürzenberger -Urteil“ von kurz vor Weihnachten 2017:

„Unerheblich für den Schutzbereich für den Art. 5 GG ist die Richtigkeit oder gar Vernünftigkeit der Äußerung (BVerfGE 04.11.2009). Selbst polemische, beleidigende oder rechtsextremistische Äußerungen fallen in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit, soweit sie als Teil des Meinungskampfes verstanden werden müssen (BVerfGE 08.12.2010, EUGRZ 2011,88). Art. 5 GG gewährleistet jedem das Recht, seine Meinung frei zu äußern und frei zu verbreiten.

Meinungen lassen sich nicht als wahr oder unwahr feststellen. Sie genießen den Schutz des Grundrechtes, ohne dass es drauf ankommt, ob die Äußerung begründet oder grundlos, als wertvoll oder wertlos, gefährlich oder harmlos eingeschätzt wird (BVerfGE 90, 241). Der Bürger, der seine Meinung äußert, ist dabei rechtlich auch nicht gehalten, die der Verfassung zu Grunde liegenden Wertsetzungen persönlich zu teilen. Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt aber die Werteloyalität nicht (BVerfGE v.24.03.2001, 1 BvQ 1311).“

(afp)

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