Expertenrat dringt auf einheitliche Flüchtlingspolitik der EU – und ist gegen EU-Aufnahmezentren in Afrika

"Für einen Neustart in der EU-Flüchtlingspolitik brauchen wir mehr Europa und ein anderes Europa zugleich", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates für Migration, Thomas Bauer, bei der Vorstellung eines Gutachtens zur Flüchtlingskrise.
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Migranten aus Afrika erreichen Spanien. 3. Dezember 2016.Foto: SERGIO CAMACHO/AFP/Getty Images
Epoch Times25. April 2017

Der Sachverständigenrat für Migration hat die EU aufgerufen, bei der Flüchtlingspolitik künftig an einem Strang zu ziehen. In seinem am Dienstag vorgelegten Jahresgutachten plädiert das Gremium für eine bessere Verteilung der Verantwortung innerhalb der EU, mehr Freizügigkeit von Flüchtlingen und eine einheitliche Liste sicherer Herkunftsstaaten.

„Für einen Neustart in der EU-Flüchtlingspolitik brauchen wir mehr Europa und ein anderes Europa zugleich“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates, Thomas Bauer, bei der Vorstellung des Gutachtens. Die Europäische Union stehe nach der großen Fluchtzuwanderung vor allem der Jahre 2015 und 2016 vor der Herausforderung, die Konstruktionsfehler der EU-Flüchtlingspolitik zu beheben.

Der Sachverständigenrat plädiert zwar für die Beibehaltung des Dublin-Verfahrens, derzufolge der Staat der Ersteinreise grundsätzlich für das Asylverfahrens zuständig ist. Allerdings solle dies um einen Mechanismus der Verantwortungsteilung ergänzt werden. Die Staaten an den EU-Außengrenzen, die aufgrund ihrer geografischen Lage besonders gefordert seien, dürften nicht alleine gelassen werden.

Für die Asylverfahren und die Rückführung abgelehnter Asylbewerber sollten weiterhin die Staaten an den EU-Außengrenzen zuständig sein, allerdings mit Unterstützung von EU und der Grenzschutzagentur Frontex. Der Beitrag der Staaten in Nord- und Westeuropa wäre hingegen eine schrittweise Öffnung ihrer Arbeitsmärkte für anerkannte Flüchtlinge.

Bei der Freizügigkeit von Flüchtlingen schlägt der Sachverständigenrat vor, zumindest die EU-Richtlinien zur Arbeitsmigration für anerkannte Flüchtlinge zu öffnen – beispielsweise für Saisonarbeiter oder Hochqualifizierte. Die Mobilitätsrechte anerkannter Flüchtlinge sollten tendenziell an die von Unionsbürgern angeglichen werden.

Darüber hinaus spricht sich der Sachverständigenrat für eine gemeinsame Liste sicherer Herkunftsländer aus. Eine solche EU-weite Liste würde die Rolle der EU stärken und eine Gleichbehandlung von Asylbewerbern in den Mitgliedstaaten fördern. Im Bereich der Rückführung könnte die EU bessere Ergebnisse erzielen, wenn sie bei Verhandlungen mit den Herkunftsländern mit einer Stimme spricht – sowohl bei der geförderten Rückkehr als auch bei Abschiebungen.

Skeptisch bewerten die Experten Überlegungen von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), in Tunesien oder Ägypten EU-Aufnahmezentren einzurichten, in denen Flüchtlinge Asyl beantragen können. Dies werfe praktische und menschenrechtliche Fragen auf. So sei unklar, welche rechtlichen Grundlagen für exterritoriale Asylverfahren gelten würden.

Der Sachverständigenrat ist ein unabhängiges und interdisziplinär besetztes Expertengremium, das zu integrations- und migrationspolitischen Themen Stellung bezieht und handlungsorientierte Politikberatung anbietet.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), begrüßte die Vorschläge des Sachverständigenrates. Gerade in Zeiten, in denen „Rechtspopulisten den Europagedanken beerdigen“ wollten und „nationalistische Töne“ anschlagen würden, sei eine europäische und internationale Zusammenarbeit gefragt, sagte sie. (afp)



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