Frankreich: Endspurt im Präsidentschaftswahlkampf

Royal verpasste letzte Chance zur Trendwende
Titelbild
Segolene Royal, links, gegenüber von Nicolas Sarkozy, kurz vor Beginn der Fernsehdebatte am Mittwochabend. Die Journalistin Arlette Chabot, zweite von rechts, und Patrick Poivre d'Arvor leiteten die Debatte. (AP Photo/Thomas Coex, Pool)

Paris – Es war als Höhepunkt des Präsidentschaftswahlkampfs gedacht – die zweieinhalbstündige Debatte zwischen Nicolas Sarkozy; Kandidat der konservativen gaullistischen UMP, und Ségolène Royal, Kandidatin der französischen Sozialisten PS, wurde von allen größeren französischen Fernsehsendern ausgestrahlt und von mehr als 20 Millionen Zuschauern verfolgt. Um 21 Uhr, als die Debatte begann, waren die Straßen von Paris ungewöhnlich ruhig. Für Ségolène Royal war dies die letzte Chance, die unentschlossenen Wähler auf ihre Seite zu ziehen und ihren Abstand zu Sarkozy in der Wählerzustimmung zu verringern.

Für die politischen Analysten war der Fall schon vor Beginn der Fernseh-Debatte klar: Entweder würde Ségolène Royal an diesem Abend eine sehr gute Figur machen und Nikolas Sarkozy dies nicht gelingen, oder der Wahlkampf wäre für Royal gelaufen und Sarkozy mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit Frankreichs nächster Präsident. Tatsächlich lassen die Ergebnisse der meisten Umfragen darauf schließen, dass Sarkozy mit 53 Prozent der Stimmen klar gewinnen wird und die Situation von Royal alles andere als rosig ist.

Engagement braucht harte Fakten

Hat die TV-Debatte diesen Trend geändert? Eher nicht; Sarkozy, im blauen Anzug mit blauer Krawatte, wirkte ruhig und zeigte meistens Respekt gegenüber seiner Kontrahentin, während Royal, in schwarzem Tailleur und weißer Bluse, eher einen angespannten Eindruck machte und immer wieder nervös auf ihre Notizen schaute. Sarkozy trug seine Vorstellungen klar und präzise vor und verwies auch immer wieder auf international erfolgreiche Rezepte, die er auf einfache Art zu erklären wusste. Royal blieb in ihren Aussagen über die Mittel, die sie zur Anregung der lahmenden französischen Wirtschaft und zur Reduzierung der Arbeitslosigkeit einsetzen möchte, eher vage.

Wenn sie dazu konkrete Aussagen machte, zum Beispiel massive Unterstützung der Forschung, Reduzierung der Bürokratie, Verbesserung der öffentlichen Serviceleistungen, brachte sie gleich drei Bereiche in einem Satz unter und sprang von Thema zu Thema. Durch das Fehlen einer erkennbaren Argumentationslinie war es für die Zuschauer nicht immer leicht, ihren Denkansätzen zu folgen.

Nach weniger als 40 Minuten saß Royal nur noch mit verschränkten Armen da – in der Körpersprache eine Defensivhaltung – und beschränkte sich darauf, Sarkozys Aussagen zu kritisieren.

Der Unterschied zwischen den Kandidaten wurde noch deutlicher, als die politischen Moderatoren der Debatte die Kandidaten nach ihrer Ansicht zu Gesundheit, Renten und Sicherheit befragten. Anstatt auf diese Fragen einzugehen, verbrachte Royal mehr als zehn Minuten damit, sich recht defensiv mit den Aussagen Sarkozys, die dieser zuvor zum Thema Beschäftigungspolitik machte, auseinanderzusetzen. Sarkozy seinerseits blieb klar und außerordentlich konzentriert, ging von internationalen Beispielen zu den Tagesthemen über und beschäftigte sich auch mit kleineren Details wie Kostenerstattung für Zahnersatz oder Brillen. Als Kandidat des rechten Flügels rechnete er auch vor, was einzelne soziale Maßnahmen kosten würden und wie man damit umgehen kann. Wann immer er Royal aufforderte, die Kosten der von ihr vorgeschlagenen Maßnahmen zu beziffern, reagierte sie unwillig oder war nicht in der Lage darauf zu antworten.

Royal punktet bei sozialen Themen

Bei ökologischen Themen wie nachhaltige Entwicklungen und erneuerbare Energien zeigte Royal mehr aktives Engagement als Sarkozy und betonte auch die Unterstützung, die ihr Projekt durch die Mehrzahl der ökologischen Bewegungen hat. Der wahrscheinlich einzige Gegenstand der Debatte, bei dem sich Royal gegenüber Sarkozy in technischen Details überlegen zeigte, war die Frage nach dem Anteil, den Atomstrom an Frankreichs Energieversorgung hat. Sarkozy musste zugeben, dies nicht zu wissen,(er schätzte 50 Prozent gegenüber den wirklichen 17 Prozent). Als Kontra sagte er, er wolle eine Steuer auf alle Waren einführen, die aus Ländern eingeführt werden, in denen das Kyoto-Protokoll nicht respektiert wird.

Später hatte Royal die Nase vorn: Mit Tränen in den Augen stellte sie heftig die Ernsthaftigkeit von Sarkozys Aussagen in Frage, behinderte Kinder in Regelschulen zu integrieren; sie sagte: ”Politische Unmoral hat ihre Grenzen.“ Sarkozys Regierung, so Royal, hat diese Integration Jahre lang blockiert. Als der menschliche Aspekt in der Debatte überhand nahm über die politisch-technische Diskussion, die Sarkozy mehr als zwei Stunden lang unter Kontrolle hatte, ging Royal in Führung. Die Antwort von Sarkozy war zwar technisch perfekt wie immer, aber sie war kalt und konnte die Herzen nicht überzeugen.

Royals zeitweise Überlegenheit zeigte sich auch, als es um internationale Angelegenheiten ging. Sie wünscht sich eine Diskussion über den Boykott der Olympischen Spiele 2008 in Peking und erinnerte daran, dass sie sich um die Freilassung chinesischer Anwälte [wie Gao Zhisheng] aus dem Gefängnis bemüht hatte. Sarkozy seinerseits ist gegen jede Art von Druck auf die chinesische Führung.

Ausgang offen?

Analysten hatten vorausgesagt, Royal werde versuchen, ihren Kontrahenten Sarkozy aus der Ruhe zu bringen, aggressive Reaktionen bei ihm zu provozieren und damit die unausgeglichene und heftige Seite seiner Persönlichkeit vorzuführen. Es zeigte sich allerdings, dass Royal sehr schnell aus dem Gleichgewicht kam und häufig nicht in der Lage war, sich zu konzentrieren (eine Ausnahme bildeten die Ausführungen über ihre bevorzugten Themen Ausbildung und die Ökologie). Sarkozy seinerseits blieb ruhig und erreichte sein gestecktes Ziel, Royal vorzuführen als eine Kandidatin, der es an Erfahrung und politischer Vision mangelt. Wenn es nicht noch eine göttliche Fügung gibt, ist ein Sieg von Ségolène Royal bei den französischen Präsidentschaftswahlen 2007 kaum noch vorstellbar.

Die offiziellen Ergebnisse werden am Sonntag gegen 20 Uhr erwartet.



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