Katalonien: Parlament wählt Unabhängigkeitsbefürworter zum Präsidenten

Das katalanische Regionalparlament hat den Unabhängigkeitsbefürworter Roger Torrent zum Parlamentspräsidenten gewählt. Während der konstituierenden Sitzung in Barcelona stimmten 65 der 135 Abgeordneten für den Politiker der linksnationalistischen ERC.
Titelbild
Der neue Parlamentspräsident Kataloniens, Roger Torrent. 17. Januar 2017, Barcelona.Foto: David Ramos/Getty Images
Epoch Times17. Januar 2018

Das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter im neuen katalanischen Regionalparlament hat am Mittwoch erste Siege errungen. Mit dem Politikwissenschaftler Roger Torrent von der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) wählte es einen der ihren zum Parlamentspräsidenten. Außerdem kontrollieren die Unabhängigkeitsbefürworter das Parlamentspräsidium.

Als nächsten Schritt wollen sie den von Madrid abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont wieder in sein Amt wählen. Damit ist der Konflikt mit der spanischen Zentralregierung vorprogrammiert.

In der konstituierenden Sitzung in Barcelona stimmten 65 der 135 Abgeordneten für Torrent, den 38-jährigen Bürgermeister des Dorfs Sarrià de Ter nahe der Stadt Girona. 56 Abgeordnete stimmten gegen Torrent, acht Abgeordnete der ursprünglichen Bewegungspartei Catalunya en Comú-Podem enthielten sich der Stimme.

Pakt zwischen Linksnationalisten und dem Mitte-rechts-Bündnis

Die Unabhängigkeitsbefürworter verfügen im Parlament in Barcelona über 70 Abgeordnete. Acht von ihnen konnten nicht an der Abstimmung teilnehmen, weil sie sich entweder im Gefängnis oder im Exil befinden. Für die drei in spanischer Untersuchungshaft sitzenden Abgeordneten durften allerdings nach einer entsprechenden Gerichtsentscheidung deren Nachrücker abstimmen.

Die Wahl Torrents ist das Ergebnis eines Pakts zwischen den Linksnationalisten der Esquerra Republicana de Catalunya (ERC) und dem Mitte-rechts-Bündnis des von Madrid abgesetzten katalanischen Regionalpräsidenten Carles Puigdemont, Junts per Catalunya (JxCat, Gemeinsam für Katalonien). Teil des Pakts ist zudem die Wahl Puigdemonts zum Regionalpräsidenten.

Die Unabhängigkeitsbefürworter errangen zudem vier der sieben Sitze im Parlamentspräsidium. Dieses Gremium entscheidet darüber, ob der im belgischen Exil lebende Puigdemont per Videoschaltung in sein Amt eingeführt werden kann.

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Rajoy gegen Puigdemonts Wiedereinführung als Kataloniens Präsident

Der rechtskonservative spanische Regierungschef Mariano Rajoy erklärte wiederholt, dass er die Wiedereinführung Puigdemonts in sein Amt von Brüssel aus auf keinen Fall dulden werde.

Die spanischen Behörden werden in diesem Fall das Verfassungsgericht anrufen, das Puigdemonts Amtseinführung aller Wahrscheinlichkeit nach blockieren wird. In diesem Fall wird die spanische Zentralregierung weiter die direkte Kontrolle über Katalonien ausüben.

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Opposition gegen Kurs der Linksnationalen

Der ERC-Abgeordnete Ernest Maragall eröffnete die Parlamentssitzung mit einer Brandrede gegen den spanischen Staat. Er warf ihm vor, die Katalanen „zu erniedrigen und zu bestrafen“.

Die Oppositionsführerin Inès Arrimadas, Chefin des katalanischen Ablegers von Spaniens wirtschaftsliberaler Partei Ciudadanos (Bürger), entgegnete, die feierliche Konstituierung des Parlaments sei keine ERC-Veranstaltung.

Bei der von Madrid angeordneten vorgezogenen Regionalwahl am 21. Dezember hatte das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter seine absolute Mehrheit im Parlament verteidigt. Stärkste Fraktion wurde allerdings Arrimadas‘ Bürgerpartei.

Wahlen in Katalonien

Die Zentralregierung hatte am 27. Oktober die direkte Kontrolle über Katalonien übernommen und die von Puigdemont geführte Regionalregierung ihres Amtes enthoben, nachdem das Parlament in Barcelona Kataloniens Unabhängigkeit erklärt hatte.

Puigdemont und vier seiner Minister waren nach ihrer Absetzung ins belgische Exil geflohen. Sie werden in Spanien wegen „Rebellion, Aufruhr und Unterschlagung öffentlicher Mittel“ mit Haftbefehl gesucht. Rebellion kann in Spanien mit bis zu 30 Jahren Gefängnis bestraft werden, Aufruhr mit bis zu 15 Jahren.

Bei einem von Madrid verbotenen und mit massiver Polizeigewalt behinderten Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober hatten 90 Prozent der Teilnehmer für eine Unabhängigkeit von Spanien gestimmt. Allerdings nahmen nur 43 Prozent der Wahlberechtigten an dem vom spanischen Verfassungsgericht für illegal erklärten Referendum teil. (afp)



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