Spaniens Sozialisten wollen konservative Regierung unter Rajoy dulden

Mariano Rajoy, der seit zehn Monaten geschäftsführend im Amt ist, dürfte Ende kommender Woche für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden.
Titelbild
Mariano RajoyFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times23. Oktober 2016

Die monatelange Lähmung der spanischen Politik scheint beendet: Die Sozialisten haben ihren Widerstand gegen eine konservative Minderheitsregierung unter Führung des bisherigen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy aufgegeben und damit Neuwahlen vermutlich abgewendet. Bei einer Abstimmung des PSOE-Bundeskomitees sprachen sich am Sonntag 139 Delegierte für eine Enthaltung bei der Vertrauensabstimmung für Rajoy im Parlament aus. 95 Delegierte lehnten dies ab.

Rajoy, der seit zehn Monaten geschäftsführend im Amt ist, dürfte somit Ende kommender Woche für eine zweite Amtszeit wiedergewählt werden. Seit der Parlamentswahl im Dezember vergangenen Jahres war in Spanien keine Regierungsmehrheit zustande gekommen. Auch Neuwahlen im Juni änderten an der politischen Lähmung des Landes nichts.

Zwar wurde Rajoys konservative Volkspartei (PP) jeweils stärkste Kraft, sie verfehlte aber eine absolute Mehrheit. Den Konservativen gelang es in den vergangenen Monaten ebenso wenig wie den Sozialisten, ein Regierungsbündnis zu schmieden.

Bei dem Parteitreffen in Madrid mussten die Delegierten am Sonntag zwischen zwei Anträgen wählen. In dem Text, der schließlich mit deutlicher Mehrheit angenommen wurde, wurde vor den „negativen Auswirkungen“ von Neuwahlen für die PSOE gewarnt. Es bestehe die Gefahr, dass die Partei für eine anhaltende Blockade verantwortlich gemacht werde. Auch das spanische Volk habe kein Interesse an Neuwahlen, hieß es.

Unter ihrem früheren Parteichef Pedro Sánchez hatte die PSOE die Tolerierung einer konservativen Minderheitsregierung noch strikt abgelehnt. Die innerparteilichen Gegner dieser Blockadepolitik zwangen Sánchez Anfang Oktober aber zum Rücktritt und leiteten damit den Kurswechsel der Sozialisten ein, der kurz vor Ablauf der Frist zur Regierungsbildung am 31. Oktober erfolgte. Wäre bis Monatsende keine Lösung gefunden worden, hätte König Felipe VI. die dritte Parlamentswahl binnen eines Jahres in Spanien ansetzen müssen.

Anfang kommender Woche will der König Gespräche mit den Chefs der im Parlament vertretenen Parteien führen. Nach einem Treffen mit Rajoy am Dienstag könnte er den PP-Vorsitzenden erneut mit der Regierungsbildung beauftragen.

Nach einer gescheiterten Vertrauensabstimmung im September kann Rajoy, dessen Amtszeit von Korruptionsskandalen überschattet wurde, aufgrund der angekündigten Enthaltungen der PSOE-Abgeordneten nun mit einem Erfolg rechnen. Die entscheidende Abstimmung im Parlament, bei der eine einfache Mehrheit reichen würde, findet voraussichtlich am Samstag oder Sonntag statt.

Eine Minderheitsregierung unter Führung der Konservativen würde aber auf schwachen Füßen stehen. Die Volkspartei verfügt über 137 der 350 Parlamentssitze. Sie sieht sich nicht nur den 85 Sozialisten gegenüber, sondern auch den 71 Abgeordneten eines Linksbündnisses um Podemos und Izquierda Unida. Die Zentrumspartei Ciudadanos mit ihren 32 Sitzen neigt Rajoy zu.

Podemos-Chef Pablo Iglesias kritisierte die Entscheidung der Sozialisten. Die PSOE und die Konservativen bildeten nun eine „Große Koalition“, der seine eigene Partei als Alternative gegenüberstehe, schrieb Iglesias im Online-Dienst Twitter. (AFP)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion