Erdogan sieht „sehr viele Alternativen“ zu EU-Beitritt – Annäherung an China und Russland geplant

In einer Rede in Istanbul sagte der türkische Präsident Erdogan: "Wir haben das Buch der EU noch nicht geschlossen." Die derzeitige Lage erlaube aber "keine optimistischen Erwartungen". Vor mehr als einer Woche hatte Erdogan erklärt, die Türkei solle sich nicht auf einen EU-Beitritt "fixieren" und stattdessen über eine stärkere Annäherung an China und Russland nachdenken.
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Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan.Foto: STRINGER/AFP/Getty Images
Epoch Times30. November 2016

Im Streit mit der Europäischen Union hat die Türkei nach den Worten ihres Staatschefs Recep Tayyip Erdogan „sehr viele Alternativen“ zu einem EU-Beitritt.

In einer Rede in Istanbul sagte Erdogan am Dienstag: „Wir haben das Buch der EU noch nicht geschlossen.“ Die derzeitige Lage erlaube aber „keine optimistischen Erwartungen“. Zu den von ihm erwähnten „Alternativen“ machte Erdogan keine näheren Angaben.

Vor mehr als einer Woche hatte Erdogan erklärt, die Türkei solle sich nicht auf einen EU-Beitritt „fixieren“ und stattdessen über eine stärkere Annäherung an China und Russland nachdenken. Denkbar sei etwa ein Beitritt zur Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SCO). Davor hatte er einen  Volksentscheid in der Türkei über das EU-Beitrittsverfahren ins Gespräch gebracht.

Das Verhältnis zwischen Brüssel und Ankara ist seit Monaten angespannt. Erdogans islamisch-konservativer Regierung wird vorgeworfen, ohne Rücksicht auf rechtsstaatliche Grundsätze mit aller Härte gegen Regierungskritiker vorzugehen. Allein seit dem gescheiterten Putschversuch Mitte Juli wurden mehr als 100.000 vermeintliche Regierungsgegner festgenommen, entlassen oder vom Dienst suspendiert.

Unterdessen forderte die türkische Staatsanwaltschaft jeweils sechs Mal lebenslange Haft für 47 Putschverdächtige, unter ihnen 37 Militärangehörige, wegen 17 Anklagepunkten, darunter Verschwörung zur Ermordung Erdogans in dessen Sommerurlaubsort Marmaris in der südwestlichen Provinz Mugla. Wie türkische Medien am Dienstag berichteten, soll das Verfahren in der Provinzhauptstadt Mugla stattfinden. Ein Datum für den Prozessbeginn wurde zunächst nicht genannt.

Erdogan macht für den gescheiterten Umsturzversuch vom 15. Juli seinen ehemaligen Verbündeten und jetzigen Erzfeind verantwortlich, den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen. Dieser bestreitet sämtliche Vorwürfe.

Das Europäische Parlament hatte am Donnerstag wegen der „Unverhältnismäßigkeit“ der Repressionen in der Türkei in einer nicht bindenden Entschließung ein „vorläufiges Einfrieren“ der Beitrittsgespräche mit Ankara gefordert. Erdogan drohte daraufhin, wenn die EU noch weiter gehe, würden die Grenzen geöffnet, so dass wieder vermehrt Flüchtlinge in die EU gelangten.

Im März hatten Ankara und die EU vereinbart, dass die Türkei alle Flüchtlinge zurücknimmt, die auf den griechischen Ägäis-Inseln eintreffen und deren Asylanträge abgelehnt wurden. Im Gegenzug sagte die EU zu, für jeden abgeschobenen Syrer auf legalem Weg einen anderen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufzunehmen. Die Türkei soll außerdem Milliarden Euro als Hilfe für die Flüchtlinge auf seinem Territorium sowie Visafreiheit für seine Staatsbürger erhalten. Flüchtlings- und Menschenrechtsorganisationen kritisieren den Deal.

Der maltesische Premierminister Joseph Muscat sagte am Dienstag während einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin, die zwischen der EU und Ankara erzielte Einigung sollte auch „im zentralen Mittelmeer“ in die Praxis umgesetzt werden. Dazu müsse es Gespräche mit allen Ländern geben. Merkel ging erneut davon aus, dass das EU-Türkei-Flüchtlingsabkommen von beiden Seiten eingehalten werde.(afp)



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