EU-Parlament fordert Einfrieren der Beitrittsgespräche mit der Türkei – Ende des Flüchtlingsdeals noch vor Weihnachten?

Das Europaparlament hat ein "vorläufiges Einfrieren" der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Ein Einfrieren der Beitrittsgespräche könnte die Entscheidung des türkischen Präsidenten "noch einmal beschleunigen, diesen Deal nicht mehr fortzusetzen. Konsequenzen noch vor Weihnachten sind denkbar", meint ein Türkei-Experte.
Titelbild
EU und Türkei Fahnen.Foto: AFP/Getty Images
Epoch Times24. November 2016

Das Europaparlament hat ein „vorläufiges Einfrieren“ der Beitrittsgespräche mit der Türkei gefordert. Die Europäische Kommission und die EU-Staaten müssten eine entsprechende Initiative ergreifen, verlangte das Parlament am Donnerstag in einer Entschließung, die von Christ- und Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen gemeinsam erarbeitet wurde.

Für den Text stimmten 479 Abgeordnete, 37 votierten dagegen und 107 enthielten sich. Begründet wird die Forderung nach einem Einfrieren der seit Dezember 2005 laufenden Beitrittsgespräche mit den „unverhältnismäßigen Repressionen“, die seit dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli in der Türkei ergriffen worden seien.

Das Parlament verlangt damit eine Maßnahme, die formal in den Leitlinien zu Beitrittsgesprächen nicht vorgesehen ist. Darin heißt es, die EU-Kommission könne die Suspendierung der Verhandlungen bei einem „schwerwiegenden und anhaltenden Verstoß“ der Türkei gegen die Grundwerte der EU beschließen. In diesem Fall müssten die EU-Staaten der Wiederaufnahme der Gespräche einstimmig zustimmen. Bei einem bloßen „Einfrieren“ ist dies nicht nötig.

Die Entschließung nennt allerdings Bedingungen für eine Wiederaufnahme der Beitrittsgespräche: Dazu gehören die Aufhebung des nach dem Staatsstreich verhängten Ausnahmezustands, die Wiederherstellung des Rechtsstaats und die Einhaltung von Menschenrechten.

Der Text unterstreicht zwar, dass die Türkei ein „wichtiger Partner der EU“ ist. Er unterstreicht aber zugleich, in einer Partnerschaft müsse es auf beiden Seiten Willen zur Zusammenarbeit geben. Derzeit stelle die Türkei diesen Willen nicht unter Beweis, da das Handeln der Regierung das Land weiter „vom europäischen Pfad“ abbringe. Kommission und EU-Staaten sind nicht verpflichtet, der Forderung des Parlaments nachzukommen.

Seit dem Putschversuch geht die Regierung unter Präsident Erdogan mit großer Härte gegen Kritiker und Gegner in allen Bereichen der Gesellschaft vor. Die Repressionen richten sich besonders gegen mutmaßliche Unterstützer der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Erdogan für den Umsturzversuch verantwortlich macht, sowie gegen Sympathisanten der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK).

„Konsequenzen noch vor Weihnachten denkbar“

Die EU müsse nun mit Konsequenzen rechnen, sagt der Türkei-Experte Udo Steinbach zu „Focus-Online“. „Dass diese Erklärung Folgen für die Flüchtlingspolitik haben wird, ist wahrscheinlich“.

Der türkische Präsident Erdogan drohte bereits damit das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei platzen zu lassen, sollten türkische Bürger nicht bald eine Visafreiheit bekommen.

Deshalb meint Steinbach: „Ein Einfrieren der Beitrittsgespräche könnte Erdogans Entscheidung noch einmal beschleunigen, diesen Deal nicht mehr fortzusetzen. Konsequenzen noch vor Weihnachten sind denkbar“. (so/afp)

 



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