Jeder gegen jeden: Balkanländer streiten um Führungsrolle

Streit zwischen den Balkan-Ländern: "Wir sind EU-Mitglieder und ihr nur Balkanesen!" Die Flüchtlinge geben einen Anlass, um über die Führungsrolle auf dem Balkan zu kämpfen.
Titelbild
Migranten an der kroatischen Grenze. Foto:Foto: David Ramos/Getty Images
Epoch Times26. September 2015

Kroatien – Serbien

Es fliegen die Fetzen zwischen den dem jüngsten EU-Mitglied Kroatien und dem Beitrittskandidaten Serbien. Streitpunkt sind Zehntausende Flüchtlinge, die in den vergangenen Tagen von Serbien an die Grenze zu Kroatien transportiert wurden.

Das will Zagreb unterbinden und schloss die Grenzen zum ungeliebten Nachbarn, mit dem in der ersten Hälfte der 90er Jahre ein bitterer Bürgerkrieg geführt worden war. Belgrad antwortete mit einem Einfuhrverbot für kroatische Waren, Kroatien mit einem Einreisestopp für serbische Autos.

„Der kroatische Premier ist ein Idiot“, prangte in dieser Woche auf dem Titel der Belgrader Zeitung „Kurir“ und: „Was bist Du doch für ein Dummkopf“. Besonders bitter ist in Serbien aufgestoßen, dass in den Attacken von Milanovic, die wiederholt unter der Gürtellinie landeten, sprachlich eine gehörige Portion zivilisatorischer Überheblichkeit mitschwang.

Die Botschaft: Wir sind EU-Mitglieder und ihr nur Balkanesen! Da passt die Reaktion von Milanovic auf die Angriffe in den Zeitungen des Nachbarn gut ins Bild: „Unsere Medien sind nicht so, sie sind schlauer“, behauptete er.

Der prominente serbische Politiker Dragan Markovic „Palma“ verstieg sich in die Aufforderung: „Die kroatischen Bürger sollten einen Putsch machen, um Milanovic loszuwerden“.

Selbst besonnene Zeitungen wie das Belgrader Blatt „Danas“ sprechen inzwischen vom „Handelskrieg“ zwischen den Nachbarn. Serbiens Regierungschef Aleksandar Vucic belegte die kroatische Politik mit dem Begriff „Irrsinn“.

Ungarn – Serbien

Die beiden Staaten im Clinch sind aber bei weitem nicht allein. Ungarn lieferte sich in diesem Monat einen bitteren Schlagabtausch mit Serbien.

Der Grund war derselbe: Serbien ließ – zum Teil mit aktiver Hilfe – Zehntausende Flüchtlinge nach Ungarn laufen.

Bis die Grenze mit einem 175 Kilometer langen Zaun dicht gemacht wurde und Syrer, Afghanen und Pakistani mit Wasserwerfern, Tränengas und massivem Polizeieinsatz vom ungarischen Grenzübergang Röszke ferngehalten wurden.

Ungarn – Griechenland

Ungarn wiederum ist auch sauer auf Griechenland. Nach Darstellung seines Ministerpräsidenten Viktor Orban ist Athen nicht in der Lage oder willens, seine Ostgrenze zur Türkei zu sichern. Auch Kroatien beschuldigt Griechenland, vor dem Flüchtlingsansturm seine „Augen zuzudrücken“.

Ungarn verlangt, die EU müsse Schiffe schicken, um die EU-Außengrenze zwischen den ostgriechischen Ägäisinseln wirksam gegen neue Flüchtlinge zu schützen. Auch Kroatien behauptet, es habe wegen seiner weit mehr als 1000 Kilometer langen Adriaküste Erfahrung beim Grenzschutz auf See und könne in der Ägäis helfen.

Ungarn – Kroatien – Österreich

Budapest schimpft aber auch auf seinen Nachbarn und EU-Partner Kroatien, weil das Land ohne Absprache in den letzten zehn Tagen schätzungsweise 50 000 Flüchtlinge an die ungarische Grenze transportiert hat. Und von dort werden sie gleich weiter nach Österreich verfrachtet.

Das kann Wien überhaupt nicht gefallen. Am Freitag versuchten die Regierungschefs beider Länder, Orban und Werner Faymann, doch eine Lösung für die Probleme zu finden. Schließlich hatte Faymann den Amtskollegen wegen seiner Abschottung durch Zäune, Polizei und zuletzt sogar durch die Armee in die Nähe des Nationalsozialismus gerückt.

Slowenien – Serbien – Kroatien

Die wichtigste Zeitung des Eurolandes Slowenien ist „Delo“. Die völlig zerstrittenen Nachbarn Serbien und Kroatien „lassen die Muskeln spielen, um zu zeigen, wer der regionale Führer auf dem Westbalkan ist“, war dort am Freitag zu lesen.

Und: Nur die EU könne die beiden Länder aus ihren selbst gegrabenen Schützengräben wieder herausholen.

Den ersten Versuch startete am Freitag EU-Nachbarschaftskommissar Johannes Hahn mit seinem Besuch Serbiens. Ob das gelingt, ist keinesfalls sicher. Denn die Belgrader Zeitung „Blic“ sieht die beiden wichtigsten Politiker der Nachbarländer in einem Cartoon als schwer bewaffnete Cowboys. Und die Uhr hinter ihnen zeigt „High noon“. (dpa/ks)



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion