KATASTROPHE & KRISE – Umwandlung, die zur Entscheidung drängt

Von 26. Juni 2012

 

Die Etymosophie-Kolumne von Roland R. Ropers erscheint wöchentlich exklusiv in der EPOCH TIMES Deutschland.

Zu allen Zeiten gab es große Katastrophen, die eine enorme kreative Krisenbewältigung erforderten. Zur Zeit befinden wir uns in einer tsunamiartigen Epoche. Die täglichen Schreckensmeldungen überschlagen sich. Die Natur wehrt sich ständig mit Gewaltaktionen gegen die Unvernunft des Menschen, der den Planeten Erde zum Objekt der Ausbeutung degradiert hat. Politiker und Wirtschaftsbosse hetzen rund um den Erdball von einem Meeting zum nächsten und sprechen von Gipfel (englisch: summit, das Höchste). Die Gipfelerfahrungen (englisch: peak experience) sind nur dann fruchtbringend, wenn sie nicht nur den äußeren, sondern auch den inneren Horizont erweitern.

Das Wort „Katastrophe“ wird landläufig mit Zerstörung, Zusammenbruch in Verbindung gebracht; das griechische Verb katástréphein bedeutet nicht nur niedergehen, sondern auch umwenden, umwandeln. Jeder Niedergang birgt stets in sich die Chance zum Wiederaufstieg. Die Krise (griechisch: krísis) ist der Zustand, der Zustand, der zu einer Entscheidung drängt. Eine Entscheidung (englisch: decision) verlangt stets Abtrennung von Altem, Belastenden u.v.m. Das lat. Verb decidere bedeutet: abschneiden.

Das so oft gebrauchte Wort Desaster (engl.: disaster) wird im Allgemeinen als Unglück und Katastrophe verstanden. Etymosophisch exakt ist Desaster die Entfernung, die Trennung vom Himmel; lateinisch: astrum = Gestirn, Sternbild; der Plural: astra = Himmel, Unsterblichkeit. Das Präfix „dis“ bedeutet stets: von etwas entfernt sein. Ein Desaster ist demzufolge – und das ist ein Unglück, eine Katastrophe – die Trennung von Himmel und Unsterblichkeit.

Wer das Wesen aller Dinge erkannt, wer den Wesensgrund berührt hat, lebt im Paradies, ungetrennt von der Gegenwart des immerwährenden Ur-Geistes. Dies ist die eigentliche, die wesentliche Konstellation (lat.: con stella = mit dem Gestirn eins sein) des Lebens.

Der anmaßende Herrschaftswahn der vermeintlich Wissenden unserer Zeit hat die göttliche Wesens-Natur des Menschen aus dem Blickfeld verloren. Der vom Wissen durchdrungene Weise ist demütig, viele Wissenschaftler tendieren zum Übermut und glauben, die Gesetzmäßigkeiten der Natur überlisten zu können.

In bewegten Zeiten der Unsicherheit braucht der Mensch ein geistiges Refugium, einen Zufluchtsort in seinem innersten Zuhause. An keinem Ort der Welt ist man so sicher wie bei sich selbst. Wer außer sich ist, muss zu sich selbst zurückkehren – „habitare secum“ = bei sich selbst wohnen.

Im 15. Kapitel des „TAO TE KING“ von Lao Tse lesen wir:

„Die wegkundigen Meister der Antike waren feinfühlig,
geheimnisvoll verstehend und zu tiefgründig,
um verstanden zu werden.
Weil sie nicht verstanden wurden,
kann nur ihr Verhalten beschrieben werden:
Zögernd und vorsichtig wie Leute,
die im Winter über das gefrorene Wasser gehen.
Wachsam wie Menschen, die ihre Nachbarn fürchten.
Zurückhaltend wie ein Gast.
Nachgiebig wie schmelzendes Eis.
Schlicht und einfach wie ein unbehauener Holzklotz.
Weit und leer wie ein Tal.
Undurchsichtig wie schlammiges Gewässer.
Wer kann schon ruhig warten, bis sich der Schlamm gesetzt hat?
Wer kann das Ruhende bewegen, bis es sich allmählich belebt?
Wer dem uralten Weg folgt, strebt nicht nach Fülle.
Weil er ohne Fülle bleibt,
kann er zwar wie abgetragen
und doch erneuert sein.“

 

{R:2} Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag herausgegeben von Roland R. Ropers

 



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