OHNMACHT – Leben ohne Bewusstsein

Von 24. September 2012

 

Wer machtlos ist, befindet sich nicht zwangsläufig im Zustand von Bewusstlosigkeit (engl.: unconsciousness). Die Menschen des 21. Jahrhunderts sind in der Tat mehr den je den Manipulationsmächten von geradezu gefährlichen Einflüssen ausgesetzt und sind herausgefordert, mit geistiger Kraft ein sehr bewusstes Leben zu führen.

Die Werbeindustrie beispielsweise proklamiert mit verführerischen Worthülsen Gesundheit durch gesteigertes Bewusstsein, erhofft sich aber mit Unterstützung vieler verantwortungsloser Politiker ein grenzenloses Konsumwachstum. Dieser Wahnsinn hat viele Menschen in eine ohnmächtige Abhängigkeit einer unkontrollierbaren Verwaltungsdiktatur getrieben. Wer unbewusst lebt, wird zu einer menschenunwürdigen Marionette degradiert – der Weg vom „homo sapiens“ zum „homo demens“ scheint kaum noch aufzuhalten zu sein.

Wissen & Weisheit (engl.: knowledge & wisdom) sind die Grundelemente für ein bewusstes Leben in Freude und Freiheit. Vor fast 50 Jahren schrieb Joseph Murphy (1898 – 1981) sein weltberühmtes Buch „Die Macht des Unterbewusstseins“, mehrere Millionen mal verkauft, allein die deutsche Ausgabe erschien in 70 Auflagen. Es geht aber darum, die Schichten des Unterbewusstseins zu durchdringen und mit Übung und Kraft (Sanskrit: Shakti) in den tiefsten Bereich des befreienden Bewusstseins vorzudringen, wozu man die Führung durch einen spirituellen Meister benötigt.

Der ZEN-Meister Hugo Makibi Enomiya-Lassalle S.J. (1898 – 1990), mit dem ich 1986 das Buch herausbrachte: „Leben im Neuen Bewusstsein“, sagte oft in seinen strengen Meditationskursen: „Jeder Gedanke, jedes Bild dringt mit einer Art Injektionsnadel, die einen Widerhaken hat, in uns ein. Überlegen Sie stets genau und sorgfältig, was Sie in sich hineinlassen, denn das Loswerden irreführender Bilder und Gedanken kann sehr schmerzvoll sein.“

Um von der Unwissenheit (Sanskrit: Avidya), aus der Ohnmacht und einer unnötigen Opferrolle in die innerste Ur-Kraft zu gelangen, benötigen wir Erkenntnisse, wie sie uns z.B. von dem Benediktinermönch und Mystiker Dom Bede Griffiths (1906 – 1993) vermittelt worden sind: „Das innerste Universum, wo alle Unterbewusstseinsschichten beseitigt sind, ist der Grund des persönlichen Seins. Im Denken kann man es nicht erreichen. Der Verstand, der eine seelische Kraft, ein Vermögen des Ich ist, muss sich selbst transzendieren. Solange er auf das Sinnenhafte gerichtet bleibt, auf die materielle Welt, bleibt er unzulänglich und unfähig, die Wahrheit zu entdecken. Aber in dem Augenblick, wo er sich nach innen wendet und ihren eigenen Grund durch reine Intuition wahrnimmt, erkennt er die Wahrheit ihres eigenen Seins und des Seins der Welt und dann wird er wirklich frei.

Der Sündenfall des Menschen ist der Abfall von seinem innersten Grund, der Mitte seiner Freiheit und Unsterblichkeit. Moderne Wissenschaft und Technologie sind die Früchte des Baumes der Erkenntnis von Gut und Böse. Die Naturwissenschaft ist die niedrigste Form menschlicher Erkenntnis, eine Erkenntnis der materiellen Welt mit Hilfe der diskursiven Vernunft. Die Methoden der Theologie sind die gleichen wie die der Naturwissenschaft und Philosophie.

Nur die Weisheit kann den Verstand transzendieren und die Wahrheit erkennen, nicht auf diskursivem, sondern auf intuitivem Weg, nicht durch ihre Reflexion in der sinnenhaften Welt, sondern durch die Schau ihres Grundes. Wenn die Menschheit überleben will – und ihr Überleben ist bedroht –, kann es nur durch eine völlige Veränderung in den Herzen geschehen. Die diskursive Vernunft, die den Menschen zu beherrschen sucht und ihn in der Welt des bewussten Verstandes gefangen hält, muss entthront werden.

Und bei Lao Tse lesen wir im 78. Kapitel des „Tao Te King“:

„Es gibt auf dieser Welt nichts Weicheres und Schwächeres als Wasser. Und doch vermag es, die härtesten und größten Felsbrocken zu bewegen und auszuhöhlen. Es gibt nichts Vergleichbares.

Das Schwache überwindet das Starke, und das Weiche überwindet das Harte. Das weiß jeder auf Erden, und doch verhält sich niemand danach. Darum sagt der Weise: Wer die Erniedrigung der Menschen auf sich nimmt, der ist fähig, sie zu leiten. Wer das Unglück der Menschen auf sich nimmt, hat es verdient, König der Welt genannt zu werden. Die Wahrheit klingt oft so, als wäre sie voller Widersprüche.“


{R:2}Der Religionsphilosoph Roland R. Ropers ist Autor und Herausgeber etlicher Bücher:

Was unsere Welt im Innersten zusammenhält: Hans-Peter Dürr im Gespräch mit bedeutenden Vordenkern, Philosophen und Wissenschaftlern von Roland R. Ropers und Thomas Arzt; 2012 im Scorpio Verlag

Eine Welt – Eine Menschheit – Eine Religion von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Gott, Mensch und Welt. Die Drei-Einheit der Wirklichkeit von Raimon Panikkar und Roland R. Ropers

Die Hochzeit von Ost und West: Hoffnung für die Menschheit von Bede Griffiths und Roland R. Ropers

Geburtsstunde des neuen Menschen. Hugo Makibi Enomiya-Lassalle zum 100. Geburtstag von Roland R. Ropers

 

 



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