Tschernobyl vor 30 Jahren und heute: Protokoll des Super-GAUs

Die Reaktorexplosion am 26. April 1986 löste den bislang schwersten Unfall in der Geschichte der Nutzung der Kernenergie aus. Weite Teile Europas wurden verstrahlt - die Folgen wirken mancherorts bis heute nach.
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Vor 30 Jahren explodierte das Atomkraftwerk Tschernobyl.Foto: epa/tass/Archiv/dpa
Epoch Times26. April 2016
Die Explosion im ukrainischen Atomkraftwerk Tschernobyl vor 30 Jahren gilt neben Fukushima als bisher schwerster Unfall bei der friedlichen Nutzung der Kernenergie. Der Verlauf des Unglücks:

25. April 1986, 23.10 Uhr: Die Mannschaft beginnt, Reaktor Nr. 4 testweise herunterzufahren. Das Experiment war kurz unterbrochen worden, weil aus der Hauptstadt Kiew mehr Strom verlangt worden war.

26. April, 00.28 Uhr: Die Leistung sackt auf unter 30 Megawatt (MW, ein Prozent der Nennleistung) ab. Der Reaktor wird schnell instabil.

01.23.30 Uhr: Die Leistung erhöht sich plötzlich auf über 300 000 MW. Die Temperatur steigt, das Kühlmittel verdampft.

01.23.40 Uhr: Das Personal drückt vergeblich Notfallknopf A3, um die fatale Kettenreaktion zu unterbrechen.

01.23.43 Uhr: Die Brennelemente reißen und reagieren mit dem Wasser. Der Reaktor ist außer Kontrolle.

01.23.47 Uhr: Es kommt zum „Größten Anzunehmenden Unfall“ (GAU). Zwei Explosionen zerstören den Meiler, vermutlich ausgelöst durch riesige Mengen Wasserstoff. Durch die Detonationen reißt das Dach auf. Radioaktive Partikel steigen auf und verbreiten sich über Europa.

01.28 Uhr: Erste Feuerwehrleute treffen ein. Sie tragen keine Schutzkleidung. Viele überleben die Katastrophe nur um wenige Wochen.

Gedenken heute

Mit Kranzniederlegungen, Konzerten und Ausstellungen gedenkt die Ukraine heute der Atomkatastrophe von Tschernobyl vor 30 Jahren. Präsident Petro Poroschenko wird zu einer Trauerstunde an der Ruine des havarierten Atomkraftwerks im Norden der Ex-Sowjetrepublik erwartet.

In der Hauptstadt Kiew soll es weitere Aktionen zu Ehren der Opfer des Super-GAUs geben. Auch in Russland und Weißrussland wird der Katastrophe gedacht.

Die Reaktorexplosion am 26. April 1986 löste den bislang schwersten Unfall in der Geschichte der Nutzung der Kernenergie aus. Weite Teile Europas wurden verstrahlt – die Folgen wirken mancherorts bis heute nach. Experten schätzen, dass Zehntausende Menschen an den Spätfolgen des Super-GAUs gestorben sind. Viele mussten das verstrahlte Gebiet rund um das Atomkraftwerk verlassen.

Die Umweltschutzorganisation Greenpeace ehrte die Opfer mit einer bewegenden Inszenierung. Die Umweltschützer projizierten am späten Montagabend rund 40 Fotos auf die Außenwand des massiven Beton-Sarkophags über dem Reaktor, darunter Bilder von Opfern. Der Schutzmantel soll einen weiteren Strahlenaustritt aus dem havarierten Kraftwerk verhindern.

„Tschernobyl war und ist die bisher schlimmste Katastrophe, seit es die Atomkraft gibt“, sagte Tobias Münchmeyer, politischer Sprecher von Greenpeace Deutschland. „Auch 30 Jahre nach Tschernobyl ist die Lage keineswegs unter Kontrolle“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. „Niemand weiß, wie mit den hoch radioaktiven Abfällen unter dem Sarkophag umgegangen werden soll.“

Nach Meinung der Grünen im Bundestag sollte sich die Bundesregierung dafür stark machen, dass ganz Europa aus der Atomenergie aussteigt. „Ich halte das für erfolgversprechend, wenn man deutlich machen kann, dass es erfolgreiche und ökonomisch sinnvolle Alternativen gibt“, sagte Fraktionschef Anton Hofreiter der dpa.

(dpa)


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