Spontinis Oper „La vestale“ zum Wagner-Jahr in der Semperoper Dresden

Titelbild
Das Ensemble der Semperoper Dresden bei der konzertanten Aufführung der "Vestalin" von Spontini.Foto: Matthias Creutziger
Von 11. Juli 2013

Das Wagner-Jahr 2013 nahm die Semperoper Dresden im Juni zum Anlass, den Erneuerer des Musikdramas mit einer etwas anderen Aufführungsserie zu feiern: Im Mittelpunkt standen Werke, die Richard Wagner in seiner Dresdener Zeit beschäftigt hatten. Dazu zählte auch „La Vestale“, die 1807 uraufgeführte Oper des Italieners Gaspare Spontini, auf Deutsch „Die Vestalin“. Sie war neben der phänomenalen Aufführung von Halévys „Jüdin“ die zweite Wiederentdeckung zum Wagner-Jahr in Dresden und fand konzertant statt.

Im Gegensatz zu der dramatischen Grand Opera Halévys schimmerte die Seelenverwandtschaft mit Wagner in der formal strengen Belcanto- und Nummernoper Spontinis nur sehr zart durch. Man musste etwas um die Ecke denken und hören, um die Verbindungen festzustellen.

Spontinis Geschichte spielt im alten Rom, wo auserwählte Jungfrauen das heilige Feuer der Göttin Vesta hüten. Die junge Vestalin Julia gerät mit ihrem Keuschheitsgelübde in Konflikt, als ihr einstiger Verlobter Licinius, der in den Krieg ziehen musste, nunmehr als gefeierter Held nach Rom zurückkehrt. Licinius beschließt, seine Geliebte aus dem Orden zu entführen. Als er bei Nacht in den Tempel einbricht, erlischt während der Unterredung der Liebenden das heilige Feuer und Julia soll für diesen Fehltritt lebendig begraben werden. Durch einen Blitz, der den Altar plötzlich wieder entzündet, wird ihre Unschuld offenbar und das Liebespaar gerettet.

In der Darstellung der edlen Jungfrau Julia steckt natürlich ein Vorbild für Elsa – und erst recht in dem Moment, als die Unschuldige zum Opfer einer kollektiven, scheinbar unentrinnbaren Anklage wird, die vom Oberpriester donnernd ausgesprochen und vom Chor im Pianissimo kommentiert wird. „Seht, sie naht, die hart Beklagte“ / bzw. „die untreue Vestalin“.

Heute vergessen, einst hochrelevant

Die Handlung barg einst eine unmissverständliche politische Aussage, die das Lebensgefühl des beginnenden 19.Jahrhunderts voll traf. In der dogmatischen Herrschaft der Priester erkannte man die katholische Kirche wieder, die in der französischen Revolution weitgehend entmachtet worden war. Im Happy End triumphierte im Sinne der Aufklärung der freie Wille des Einzelnen.

Napoleon verlieh der Oper 1810 den Prix décenal, den „Preis für die beste Oper des Jahrzehnts“,

und die Vestalin wurde europaweit ein Erfolg. Vor dem Hintergrund seiner Zeit waren Spontinis durchkomponierte Szenen aus Arien, Rezitativen und Ensembles neuartig, seine Affekt- und Naturdarstellungen realistisch und wegweisend. In der Partitur finden sich viele verschiedene Tendenzen wie Saatkörner angelegt, was sie zum spannenden Zeitzeugnis der musikalischen Entwicklungen zu Beginn des 19. Jahrhunderts macht.

Eine Heldin, der die Herzen zuflogen

Bei der Premiere von „La vestale“ am 30. Juni 2013 in der Semperoper Dresden dominierte Maria Agresta als Julia. Sie präsentierte Belcanto-Kultur der Extraklasse mit ihrem fließenden und leuchtenden Sopran. Da Julia sich in Selbstanklagen ergeht, schon bevor das Problem auftaucht, hatte sie viele Gelegenheiten für zarte Wehmut und Kantilenen im Pianissimo, mit denen sie das Publikum im Sturm eroberte.

Flankiert wurde sie vom kraftvollen Bariton Christopher Magiera, einem Licinius mit jugendlichem Esprit, dem ein fulminanter Francisco Araiza in der tiefgelegten Tenorpartie des Cinna ebenso entschlossen zur Seite stand. Tichina Vaughan als Oberpriesterin nutzte ihren vollen und klangschönen Mezzosopran mit dramatischen Altfarben, um erst Strenge und dann Milde walten zu lassen. Eindrucksvollste Autorität gab Andreas Bauer dem Oberpriester mit seinem Bass von gewaltiger Tragweite – elegant, perfekt artikuliert und mit Natürlichkeit gesungen.

Gabriele Ferro am Pult hatte eine sehr emotionales Dirigat im Sinn, das von der leicht widerstrebenden Sächsischen Staatskapelle mit noch mehr Reaktionsschnelligkeit bei dynamischen Wechseln und Akzenten hätte umgesetzt werden können. Trotzdem gelangen ihm einige sehr poetische Momente bei den ungewöhnlichen Klangfindungen Spontinis, jenen Momenten, die Wagner hörbar inspirierten. Das Publikum in der Semperoper Dresden – ein kleiner Kreis von Kennern – war von Gaspare Spontinis „La vestale“ begeistert.

 

 



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