Theresa May zwischen Anschlagshorror und Wahlkampf-Attacken – Labour-Chef Corbyn fordert Rücktritt

Als Innenministerin war May ab 2010 für drastische Stellenstreichungen bei der Polizei verantwortlich. Bei den Parlamentswahlen am Donnerstag könnte ihr nun genau dies auf die Füße fallen.
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Die britische Premierministerin Theresa May kommt zu einer Wahlkampfkampagne. Am 08. Juni wird in Großbritannien ein neues Parlament gewählt.Foto: Steve Parsons/dpa
Epoch Times5. Juni 2017

Auf den letzten Metern vor der britischen Parlamentswahl beißt Theresa May die Zähne zusammen: Sie halte an dem Wahltermin am Donnerstag fest, sagte die Premierministerin nach dem brutalen Anschlag in London mit sieben Toten. Doch nicht nur die jüngsten Attentate in London und Manchester setzen die 60-Jährige unter Druck. Der Vorsprung ihrer konservativen Tories ist laut Umfragen zusammengeschmolzen. Parteifreunde fürchten, dass die vorgezogene Wahl zum Bumerang wird. Eigentlich wollte sich May damit eine komfortable Mehrheit für die Brexit-Verhandlungen sichern.

May muss sich nun Fragen gefallen lassen, warum die britischen Sicherheitskräfte die Serie von Terroranschlägen nicht stoppen können. In den vergangenen drei Monaten wurden in London und Manchester 34 Menschen getötet und mehr als 200 verletzt.

Als Innenministerin war May ab 2010 für drastische Stellenstreichungen bei der Polizei verantwortlich. Ihre Erklärung, sie habe dafür sorgen müssen, dass Großbritannien „nicht über seine Verhältnisse lebt“, sorgt nun bei vielen Briten für Empörung.

Inzwischen hat der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy Corbyn, Regierungschefin Theresa May zum Rücktritt aufgefordert. May sei in ihrer Zeit als Innenministerin mitverantwortlich dafür gewesen, dass es heute 20 000 weniger Polizisten gebe als 2010. Nun aber stelle die Premierministerin die geringe Stärke der Sicherheitskräfte als Problem dar.

Corbyn sagte: „Ja, wir haben ein Problem: Wir hätten die Polizeistellen nie kürzen dürfen.“ Die Wahl an diesem Donnerstag sei «vielleicht die beste Möglichkeit», um May aus dem Amt zu treiben.

Mays Tories liegen laut einer Umfrage vom Sonntag nur noch einen Prozentpunkt vor der oppositionellen Labour-Partei, nachdem es kürzlich noch satte 20 Prozentpunkte waren. Damit erscheint die vorgezogene Wahl ebenso ein Vabanque-Spiel wie das Brexit-Referendum des früheren Premiers David Cameron, bei dem dieser auf einen Verbleib in der EU gewettet hatte.

Nach Camerons Rücktritt erschien Mays Lage komfortabel: Sie hätte noch bis 2020 regieren können, nachdem sie Mitte Juli in die Downing Street Number 10 eingezogen war. Zunächst schloss sie Neuwahlen aus; doch die hervorragenden Umfrageergebnisse verleiteten die Konservative zu dem Wunsch, sich ein starkes Mandat für die Mitte Juni formell beginnenden Verhandlungen über den EU-Austritt Großbritanniens zu holen.

Im Wahlkampf setzte May auf ihre Regierungserfahrung: Sie sei die einzige, die den Brexit erfolgreich verhandeln könne, wiederholte sie gebetsmühlenartig. Dabei war sie genauso wie ihr 68-jähriger Labour-Kontrahent Jeremy Corbyn vor dem Brexit-Referendum noch eine Gegnerin des EU-Austritts.

Aus der aufgeheizten Kampagne vor dem Referendum hatte sich May weitgehend herausgehalten. Nach dem knappen Sieg der Befürworter eines Austritts versprach die als zielstrebig geltende Politikerin, das Ergebnis des Volksentscheids umzusetzen und den Brexit zu einem „Erfolg“ für Großbritannien zu machen. Dabei setzt sie auch auf die Rückendeckung von US-Präsident Donald Trump.

Geboren wurde May am 1. Oktober 1956 in eine Pfarrersfamilie in Eastbourne, einer Stadt am Ärmelkanal. Dort verbrachte sie auch ihre Kindheit. Sie studierte an der Elite-Universität Oxford Geografie und arbeitete kurz bei der Bank of England.

Ihre politische Karriere startete May 1986 als Gemeinderätin im vornehmen Londoner Stadtbezirk Merton. Nach zwei gescheiterten Anläufen zog sie 1997 als Abgeordnete ins britische Unterhaus ein – für den wohlhabenden Wahlbezirk Maidenhead im südenglischen Berkshire.

Von 2002 bis 2003 war May die erste Generalsekretärin der Konservativen. Legendär wurde ihr Ausspruch auf einem Parteitag, dass die Tories das Image der „fiesen Partei“ loswerden müssten. Doch das scheint schwerer als gedacht: Die Konservativen machen ihrem Ruf als Partei der sozialen Kälte gerade wieder alle Ehre, weil sie ältere Menschen maßgeblich an den Kosten für ihre Pflege beteiligen wollen.

Ihr nüchterner Politikstil brachte May Vergleiche mit der „Eisernen Lady“ Margaret Thatcher ein, der einstigen britischen Premierministerin. Dabei hat sie mehr mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemein: Als konservative, pragmatische und kinderlose Pfarrerstochter. (afp/dpa)

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