Trauerfeier für koptische Christen nach Anschlägen in Ägypten – Wut über Sicherheitsmängel

Voller Wut warfen die Gläubigen den Sicherheitskräften während der Beerdigung Nachlässigkeit vor und forderten den Rücktritt von Innenminister Abdel Ghaffar. Die Opfer der Anschläge wurden als "Märtyrer" gewürdigt.
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Ein Gottesdienst für verfolgte Kopten.Foto: Sean Gallup/Getty Images
Epoch Times10. April 2017

Am Tag nach den Anschlägen auf zwei koptische Kirchen in Ägypten sind in einem Kloster bei Alexandria die ersten Opfer zu Grabe getragen worden. Trauergäste skandierten am Montag  regierungskritische Parolen und warfen den Behörden vor, zu wenig für den Schutz der Kopten zu tun. Am Mittag trat der von Staatschef Abdel Fattah al-Sisi angekündigte dreimonatige Ausnahmezustand mit erweiterten Befugnissen für die Sicherheitsbehörden in Kraft.

Im Kloster Marmina in der Nähe von Alexandria erwiesen die Trauernden den Anschlagsopfern die letzte Ehre. Unter Applaus wurden sieben mit einem goldenen Kreuz geschmückten Holzsärge vor dem Altar aufgereiht. Voller Wut warfen die Gläubigen den Sicherheitskräften während der Beerdigung Nachlässigkeit vor und forderten den Rücktritt von Innenminister Abdel Ghaffar. Die Opfer der Anschläge wurden als „Märtyrer“ gewürdigt.

Drei Monate Ausnahmezustand

Das Kabinett in Kairo billigte den Ausnahmezustand, der am Montag um 13.00 Uhr in Kraft trat. Er soll drei Monate dauern. Laut Verfassung muss das Parlament dem Ausnahmezustand binnen einer Woche zustimmen. Da es von al-Sisis Gefolgsleuten dominiert wird, dürfte dies nur eine Formsache sein. Die Regierung kündigte zudem an, den Familien der Anschlagsopfer umgerechnet 5200 Euro Entschädigung sowie monatlich 78 Euro Rente zu zahlen.

Al-Sisi sagte in einer Rede, der Kampf gegen die Dschihadisten werde „lang und schmerzhaft“ sein. Der geplante Ausnahmezustand weitet die Befugnisse der Polizei bei Festnahmen und Überwachungen deutlich aus.

Dutzende Tote

Am Palmsonntag, eine Woche vor Ostern, hatten Attentäter zwei koptische Kirchen angegriffen und mindestens 45 Menschen getötet. Vor der St. Markus-Kathedrale in Alexandria sprengte sich ein Selbstmordattentäter in die Luft und tötete 17 Menschen.

Wenige Stunden zuvor tötete eine Bombe in der Mar-Girgis-Kirche in Tanta mindestens 28 Menschen. Es handelte sich um die blutigsten Anschläge auf die Kopten in Ägypten seit langem, insgesamt wurden rund 120 Menschen verletzt.

35 Menschen lagen am Montag noch im Krankenhaus. Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Taten für sich und drohte zugleich mit weiteren Anschlägen.

International wurden die Anschläge auf die Kirchen verurteilt. Die Bundesregierung erklärte, „das größtenteils friedliche Zusammenleben von Muslimen und Christen in Ägypten“ müsse „unbedingt bewahrt werden“.

Beileid von Trump

US-Präsident Donald Trump sprach al-Sisi in einem Telefonat sein Beileid aus und bekundete sein Vertrauen in al-Sisis Versprechen, „Christen und alle Ägypter zu schützen“.

Der ägyptische Abgeordnete Jehia Kedwani, Mitglied der Verteidigungs- und Sicherheitskommission, erklärte zum Ausnahmezustand, „die Situation erfordert ihn, um die vollkommene Sicherheit wiederherzustellen“. Die Polizei könne dann Verdächtige bis zu 45 Tage inhaftieren, auch wenn die Beweise für eine Anklage nicht ausreichten.

Risiken beim Ausnahmezustand

Kritiker warnen allerdings, dass die Sicherheitskräfte den Ausnahmezustand missbrauchen könnten. „Unter al-Sisi haben wir erlebt, dass Festnahmen und Urteile auch diejenigen treffen, die nichts mit terroristischen Taten zu tun haben“, sagte der Politologe Mustafa Kamel al-Saijid von der Universität in Kairo.

Unter dem langjährigen ägyptischen Staatschef Husni Mubarak hatte der Ausnahmezustand drei Jahrzehnte lang gegolten. Seine Aufhebung hatte zu den Hauptforderungen der Demonstranten gezählt, die Mubarak schließlich 2011 zu Fall brachten. (afp)

 



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