Trump setzt auf Volkszorn, Clinton auf Politerfahrung: US-Medien analysieren TV-Duell

Nach dem Schlagabtausch zwischen Hillary Clinton und Donald Trump kommentieren US-Medien das Duell der ungleichen Präsidentschaftskandidaten. Die Einschätzungen zeigen stark deren politische Präferenz.
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Wer war überzeugender? Kommt auf den Standpunkt an. US-Medien bewerteten das Duell sehr unterschiedlich.Foto: Drew Angerer / Getty Images
Von 27. September 2016

ABCNews“ analysierte:

„Nach der ersten außerordentlichen Begegnung der zwei außerordentlich unbeliebten Kandidaten, ist klar, wie das Spiel läuft: Clinton setzt dem Volkszorn, welchen Trump kanalisiert, ihre Erfahrung entgegen – und dieser Zorn ist ein zweischneidiger. Beide haben gezeigt, dass sie einander unter die Haut gehen können. Aber keiner der Kandidaten konnte eine Siegesbotschaft vorweisen, zumindest nicht bei diesem ersten Duell.“

Clintons Angriffe gegen Trump hätten gezogen, er sei darauf eingegangen, so der Sender.

Die erste Debatte zeigte einen unvorbereiteten Mann, der einer sehr gut vorbereiteten Frau ins Wort fiel“, schreibt Vox.com und fügte hinzu: Die Stimmigkeits-Lücke zwischen Clinton und Trump sei „verheerend“ gewesen. Dennoch habe Trump sein Bestes versucht, fair zu bleiben.

Vox.com analysierte, wer wen wie oft unterbrochen hat: Clinton wurde insgesamt 70 mal ins Wort gefallen, davon 51 mal von Trump, 19 mal von Moderator Holt. Trump wurde von Clinton 17 mal unterbrochen und 30 mal vom Moderator.

Foxnews, eher konservativ und damit republikanisch ausgerichtet, schrieb:

Clinton bestimmte das Tempo der Debatte und Trump verbrachte einen Großteil seiner Zeit damit, zu reagieren. Er punktete, aber oft als Konter.

Über den Moderator gab es kritische Worte: „Holt verlor mehrmals die Kontrolle über das Gespräch. Und er war aggressiver gegenüber Donald Trump. Er hakte bei Trump hart nach, warum er seine Steuererklärung nicht veröffentliche, tat aber nichts dergleichen in Bezug auf Clintons E-Mail-Chaos, sondern bat sie nur um ein Statement. Er machte bei Trump dreimal Druck wegen des ‚Birther‘-Themas [Anm. d. Obamas mutmaßlicher Geburt außerhalb der USA], ohne vergleichbare Versuche, Clinton festzunageln.“ Holts Rolle während der Debatte könnte sich „als ebenso kontrovers wie die Aussagen der Kandidaten herausstellen“, so der Kommentator von Foxnews, der darauf hinwies, dass sich Holts „Tatsachen-Überprüfungen“ alle gegen Trump richteten.

CNN schreibt: „Hillary Clinton zwang Donald Trump in die Defensive bezüglich seines Temperaments, seiner Weigerung, seine Steuererklärung offenzulegen und hinsichtlich seiner Kommentare zum Thema Rasse und Frauen“. Die erste Präsidentschafts-Debatte sei „feurig“ gewesen, so der Sender.

Trump sagte gegenüber einer CNN-Reporterin, er sei happy mit seiner Performance gewesen: „Das lief besser, als ich jemals gedacht hätte.“

Laut einer Blitzumfrage des Fernsehsenders CNN wurde Clinton mit 62 Prozent als Siegerin des Duells gesehen, Trump sahen nur 27 Prozent der Befragten als Gewinner.

Die Washington Post titelte: „Trump sagt, Clinton fehlt das Durchhaltevermögen, sie zitiert seine Angriffe auf Frauen als ‚Schweine, Schlumper und Hunde‘.“

Das Blatt schreibt, die Kontrahenten seien „in ungewöhnlich persönlicher Ausdrucksweise aneinander geraten“ in einem Fernseh-Duell, das Tabus gebrochen habe. Clinton warf Trump vor, „rassistische Lügen“ über Präsident Obama verbreitet zu haben. Trump habe Clinton vorgeworfen, nicht das Durchhaltevermögen für das Präsidentenamt zu besitzen.

Die „New York Times“, die seit einigen Tagen offen Clinton unterstützt und Trump den „schlimmsten Kandidaten aller Zeiten“ nannte, versammelte Antworten von Clinton unter dem einleitenden Satz: „Dies waren einige ihrer Highlights.“ Das Blatt schrieb: „Hillary Clinton dominierte eine Reihe von Debatten mit Donald J. Trump über die Themen nationale Sicherheit und Gender, in dem sie Wählern sagte, man könne ihrem Gegner keine Atomwaffen anvertrauen, auch warnte sie davor, dass er Frauen nicht respektiert.“

Das Trump-Sprachrohr „Breitbart“ (dessen Chefredaktuer Trumps Wahlkampf-Berater ist) bemängelte am TV-Duell: „Keine Diskussion über Clinton Foundation, keine Diskussion zur Einwanderung, keine Fragen zum Privat-Server, ‚Birther‘-Thema wird zum Hauptpunkt“.

Stimmen aus Deutschland

Die „FAZ“ kommentierte:

„Hillary Clinton und Donald Trump haben sich im Rennen um das Weiße Haus ein höchst engagiertes und teils hart geführtes TV-Duell geliefert. Trump wirkte teils aggressiv und oft atemlos, Clinton gab sich meist gelassen und versuchte, mit Argumenten zu überzeugen. Beide gerieten unter anderem bei Themen wie internationaler Handel und bei der Integration der afroamerikanischen Minderheit aneinander.“

Ein US-Korrespondent der „Süddeutschen“ kommentierte:

In den ersten 25 Minuten sei Trump diszipliniert gewesen und konnte bei den Themen Freihandel und fehlende Industriejobs punkten. „Hier ist er als Anti-Establishment-Kandidat glaubwürdig.“ Danach sei es für ihn bergab gegangen, weil er sich von Clinton provozieren ließ:

Donald Trump kann nicht zeigen, dass er sich in Details über Außenpolitik eingearbeitet hat.

Donald Trump kann nicht überzeugend erklären, wieso er seine Steuererklärungen nicht veröffentlicht.

Donald Trump kann auf die Vorwürfe des Sexismus und Rassismus nicht kontern, sondern verstärkt diese eher.

„Der Republikaner hat diese Debatte verloren – und ist selbst schuld“, so der SZ-Korrespondent.

Ein Sturm auf Twitter

Der „Guardian“ wertete aus, an welchen Stellen der Debatte die meisten Tweets abgesetzt wurden. Die Top 3 waren: 1. Trumps Aussage, er habe „ein gutes Temperament“.

2. Trump über die Polizeimaßnahme „stop and frisk“, bei der ein Verdächtiger angehalten und durchsucht wird.

3. Diskussion über Terrormiliz IS.

New Yorks früherer Bürgermeister Rudy Giuliani, ein Trump-Unterstützer, twitterte: „Ich versichere Euch, dass Donald Trump bei der nächsten Debatte besser vorbereitet sein wird.“

Der gegen Clinton unterlegene Demokrat Bernie Sanders twitterte, er werde alles daran setzen, dass Trump nicht gewählt werde: Nachdem Trump versucht habe, Obamas Legitimität zu demontieren, behaupte er, dem Land einen Dienst erwiesen zu haben. „Das ist verrückt“, so Sanders.



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