Türkei entsendet Truppen nach Katar – „Diese Krise ist äußerst ungünstig für die Türkei“

"Diese Krise ist äußerst ungünstig für die Türkei, da sie ebenso enge Beziehungen zu Katar wie zu Saudi-Arabien unterhält", sagt Sinan Ülgen vom Center for Economics and Foreign Policy in Istanbul.
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Türkische SoldatenFoto: Getty Images
Epoch Times9. Juni 2017

Die Türkei betrachtet die diplomatische Krise zwischen Katar und mehreren arabischen Staaten mit Sorge – nicht zuletzt, weil in Ankara die Befürchtung besteht, selbst wegen ihrer Außenpolitik in Konflikt mit Saudi-Arabien und seinen Verbündeten zu geraten.

Schließlich zählt die Türkei ähnlich wie Katar zu den treuen Unterstützern der Muslimbruderschaft, und sie unterhält höfliche Beziehungen zum Iran. Präsident Recep Tayyip Erdogan bemüht sich daher, die Krise zu entschärfen.

„Diese Krise ist äußerst ungünstig für die Türkei, da sie ebenso enge Beziehungen zu Katar wie zu Saudi-Arabien unterhält“, sagt Sinan Ülgen vom Center for Economics and Foreign Policy in Istanbul. Sollte Katar durch die jüngsten Sanktionen gezwungen werden, seine Außenpolitik auf die Linie Riads und dessen Verbündeter zu bringen, würde dies die Beziehungen Ankaras zu Katar deutlich schwächen.

Türkei gilt als enger Verbündeter Katars

„Diese neue Situation auf der Arabischen Halbinsel könnte der Türkei indirekt Nachteile bereiten, da sie am Golf als enger politischer Verbündeter Katars gilt“, sagt Marc Pierini vom Politikinstitut Carnegie Europe. Nicht nur unterstützen beide Länder in Syrien die Rebellen, sondern sie gehören auch zu den wenigen verbliebenen Unterstützern der Muslimbruderschaft.

Die Unterstützung Katars für die islamistische Bewegung verärgert vor allem Saudi-Arabien und Ägypten, dessen Präsident Abdel Fattah al-Sisi seit dem Sturz des islamistischen Staatschefs Mohammed Mursi 2013 die Bruderschaft als Terrororganisation verfolgt. Aus dem selben Grund sind auch al-Sisis Beziehungen zu Erdogan angespannt.

Der türkische Präsident entstammt einer politischen Strömung, die historisch eng mit der Muslimbruderschaft verbunden ist. Ihren Sturz hat Erdogan seinem ägyptischen Kollegen al-Sisi nicht verziehen. In der Folge hat er den Rabia-Gruß, der an die blutige Niederschlagung der Proteste der Muslimbrüder in Kairo 2013 erinnert, zu seinem Markenzeichen gemacht.

Nicht nur unterhält die Türkei enge politische Beziehungen zu Katar, sondern der gasreiche Kleinstaat ist auch ein wichtiger Investor in der Türkei. Türkische Unternehmen haben außerdem Aufträge im Wert von 13 Milliarden Dollar bei den Bauprojekten für die Fußballweltmeisterschaft erhalten, die 2022 in dem Golfemirat ausgetragen werden soll.

Katars Emir Tamim bin Hamad al-Thani war einer der ersten Staatsführer, der sich nach dem gescheiterten Militärputsch vom 15. Juli hinter Erdogan stellte. Dieser revanchierte sich am Dienstag, indem er Doha seine Solidarität aussprach. Erdogan kritisierte die gegen Katar verhängten Sanktionen und kündigte an, die Beziehungen zu dem Golfstaat auszubauen.

Ankara schickt zusätzliche Soldaten

Am Mittwochabend stimmte das Parlament in Ankara dafür, zusätzliche Soldaten auf einen türkischen Stützpunkt in Katar zu entsenden. Zwar blieb offen, wann und wie viele Soldaten entsandt werden, doch die symbolische Botschaft war klar. Erdogan empfing zudem Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif zu Gesprächen über die Krise.

Zugleich scheut Erdogan aber einen klaren Schulterschluss mit Doha und beeilte sich, in Telefongesprächen mit den Staatsführern Saudi-Arabiens, Kuwaits und Russlands nach einer Einigung zu suchen. Für Didier Billion vom Institut für internationale und strategische Beziehungen (Iris) besteht das wichtigste Ziel der Türkei darin, die Spannungen zu reduzieren.

Die Sorge mancher türkischer Kommentatoren, dass Saudi-Arabien und seine Verbündeten nach Katar auch die Türkei ins Visier nehmen könnten, hält der französische Politikexperte für übertrieben. „Die Saudis wissen sehr gut, dass sie es bei der Türkei mit einer wichtigen Regionalmacht zu tun haben, die sie nicht einfach auf Linie bringen können.“ (afp)



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