Verzögerten Zweifel den Angriff in Waziristan?

Es dauerte vier Monate, bis die pakistanische Armee eine Operation in der instabilen Stammesregion Süd-Waziristan startete. Was hielt die Armee zuvor davon ab und was erwartet die Sicherheitskräfte jetzt?
Titelbild
Bereit für Waziristan. (AP Photo/Ijaz Muhammad)
Von 20. Oktober 2009

Der Befehl einer Bodenoffensive wurde im Juni zum ersten mal angekündigt und die Truppen sammeln sich seitdem an der Grenze. Durch die viermonatige Verzögerung des Einsatzes der pakistanischen Armee konnten die Aufständischen ihre Rückschläge überwinden, die sie während des Sommers in der Malakand-Region erlitten hatten – und später mit zusätzlichen Kräften gegen die Regierung zurückschlagen.

Hunderte von Menschen wurden in zahlreichen Angriffen von Aufständischen in dieser Zeit getötet. Die Aufständischen erlitten auch Niederlagen. Der frühere Talibanführer Baitullah Mehsud wurde im August vermutlich bei einem US-Luftschlag durch eine Drohne getötet.

Sein Tod ließ einige Analysten vermuten, dass jetzt keine großräumige Operation notwendig wäre, und dass kleine, örtlich begrenzte Aktionen die Bedrohung ausschalten könnten. Aber obwohl die Armee keinen zeitlichen Rahmen für den Angriff in Süd-Waziristan nennen wollte, haben die Behörden entschieden, dass jetzt der richtige Zeitpunkt für den Angriff auf die Hochburg der Aufständischen wäre.

Durch Verzögerungen benachteiligt

Genau eine Woche nach Ankündigung der Operation wurde ein regierungsfreundlicher Führer der Aufständischen – der offensichtlich von der Armee darauf vorbereitet worden war, den Befehlshaber der Aufständischen, Baitullah Mehsud, zu besiegen und zu ersetzen – ermordet. Das ließ den Gouverneur der nordwestlichen Grenzprovinz an einem guten Ausgang der Operation zweifeln.

Während informeller Einweisungen von Medienvertretern durch hohe Armeeoffiziere führten die Behörden später einige weitere Gründe aus, warum die Operation in Waziristan nicht rechtzeitig stattfinden konnte. Es wurde der Eindruck vermittelt, dass die Zivilregierung des Landes nicht schnell genug gewesen war, das Verwaltungswesen in anderen von den Aufständischen befreiten Teilen des Landes wieder herzustellen. Diese Behörden führten die Operation im Swat-Tal und anderen Teilen der Malakand-Region an. Sie sagten, dass es die Regierung trotz des Erfolgs dieser Anfang Juni gestarteten Operation nicht geschafft habe, die örtlichen Polizeikräfte zu stärken oder das Justizvakuum zu füllen. Deshalb habe die Armee auch keine Truppen für Operationen in anderen Gegenden freistellen können.

Die Armee dort ist weiterhin damit beschäftigt restliche Gruppen Aufständischer zu besiegen, aus Angst, diese könnten während ihrer Abwesenheit wieder an Macht gewinnen. Außerdem wurde die Armee in Malakand von der „logistischen Last“, 8.000 verhaftete Aufständische zu versorgen, beeinträchtigt.

Die Behörden sagten auch, die Armee würde sich weiterhin um die Aufständischen kümmern, weil die Polizei eine solch große Anzahl nicht bewältigen könnte. Des weiteren sind die Gerichte und Anti-Terror-Gesetze nicht dafür geeignet Gerichtsverfahren durchzuführen oder Verurteilungen auszusprechen. Durch diese Verzögerung kann die Operation in Süd-Waziristan erst jetzt im Winter durchgeführt werden, der gerade einsetzt und den die Behörden in ihren Mitteilungen als günstigen Zeitpunkt für eine Operation einkalkuliert haben.

Leichteres Gelände

Aber es gab auch Gegenargumente, die die von der Armee erklärten Gründe in Frage stellten.

Erstens ist das Gelände in den nordöstlichen Landesteilen von Süd-Waziristan, das als Hauptbedrohung des Krieges angesehen wird, nicht so schwierig wie das in Malakand. Dichte Wälder und viele Gewässer machen fast die ganze Malakand-Region zu einem geeigneten Gebiet für die Aufständischen, um Schlupfwinkel anzulegen und sich dort für lange Zeit versteckt zu halten. Aber Süd-Waziristan ist eine trockene Zone, ohne Wälder und mit nur wenig Gewässern. Zweitens ist das wahrscheinliche Kriegsgebiet in Süd-Waziristan dünn besiedelt und der größte Teil der Bevölkerung hat diese Gegend schon verlassen, so dass es kaum zu Opfern unter den Zivilisten kommen kann. Drittens werden in der Süd-Waziristan-Region mehr als doppelt so viele Truppen eingesetzt als während der Malakand-Operation, obwohl die Fläche des Einsatzgebiets kleiner ist.

Das Hornissennest

Viertens hat die Armee Erfahrungen für eine Operation in Waziristan seit 2002 gesammelt, wobei ihr die Malakand-Region völlig unbekannt war. Fünftens sind die Winter in der Mehsud-Gegend von Süd-Waziristan nicht so hart wie in anderen Gegenden und haben die Armee in der jüngsten Zeit auch nicht davon abgehalten, dort Operationen durchzuführen.

Aufgrund dieser Tatsachen glauben Sicherheitsanalysten, dass es vor allem zwei Gründe geben könnte, warum die Armee den Einsatz gegen dieses für Al-Kaida und die Taliban in Pakistan vernichtende Ground-Zero verschoben hat. Jeder Einsatz gegen die Gruppe von Baitullah Mehsud in Süd-Waziristan könnte zu einem Konflikt mit aufständischen Gruppen führen, deren Stützpunkte in den Stammesgebieten von Wazir in Süd- und Nord-Waziristan liegen. Diese Gruppen sind Teile des Al-Kaida angegliederten Haqqani-Netzwerks und haben Friedensvereinbarungen mit der Armee.

Sie haben sich bis jetzt darauf konzentriert ausschließlich in Afghanistan zu kämpfen und viele Analysten glauben, dass deren Aktivitäten von der Armee für sehr wichtig für ihre Sicherheitsinteressen in Südasien gehalten werden. Sie meinen, dass jegliche Feindseligkeiten mit ihnen diesen Interessen schaden könnte.

Ein weiterer Grund könnte das sogenannte Kerry-Lugar-Gesetz der US-Regierung sein, das Pakistan für die nächsten fünf Jahre 1,5 Milliarden Dollar (950 Millionen Pfund) an jährlicher Hilfe verspricht. Das Gesetz bietet der Zivilregierung des Landes die noch nie da gewesene Möglichkeit, ihren Einfluss auf Kosten des Militärs, das bisher alleine politische Entscheidungen durchsetzen konnte, auf die staatlichen Institutionen auszudehnen. In der vergangenen Woche hat die Armee das Gesetz öffentlich kritisiert, gerade zu dem Zeitpunkt, als die Regierung es verteidigte, womit sie ein Zerwürfnis im politischen Establishment verursachte. Aber die schwindelerregende Geschwindigkeit, mit der die Aufständischen in den letzten paar Wochen gegen Ziele im ganzen Land losgeschlagen haben, hat den öffentlichen Druck auf die Armee verstärkt gegen ihre ehemaligen Schützlinge vorzugehen..



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