„Walküre“ in der Berliner Staatoper im Schillertheater

Titelbild
René Pape als Wotan.Foto: Monika Rittershaus / Berliner Staatoper im Schillertheater
Von 6. Oktober 2012

Mit Peter Seiffert und Waltraud Meier als sehr wildem Wälsungenpaar kehrte Richard Wagners Walküre am Donnerstag in der Inszenierung von Guy Cassier in die Berliner Staatsoper im Schillertheater zurück.

Die Reihenfolge des „Ring des Nibelungen“ wurde bei dieser Wiederaufnahme vom Spielplan gegen den Strich gebürstet: Nur einen Tag davor hatte „Siegfried“ Premiere gefeiert. Doch das schien fast nichts auszumachen – obwohl es der berüchtigte „Tag danach“ war musizierte die Staatskapelle unter Daniel Barenboim exzellent und mit so manchen spannungsgeladenen Höhepunkten.

Ein Wermutstropfen war, dass René Pape als Wotan leicht angeschlagen war und sich dementsprechend kräftesparend durch seinen riesigen Part schlug, den er zwar souverän beherrschte, aber nicht völlig sorgenfrei gestalten konnte. Seine Brünnhilde war die für die erkrankte Iréne Theorin eingesprungene Catherin Foster. Die hatte zwar an Kraft und Stimmvolumen alles, was eine Brünnhilde braucht, scheint aber darstellerisch noch nicht in dieser Partie angekommen. Sie wirkte in ihrer Darstellung sehr anständig, aber etwas flach.

Was schon von vielen Zuschauern des Cassier-Rings bemängelt wurde ist, das Guy Cassier seine Figuren praktisch nur herumstehen lässt und sie deshalb etwas beziehungslos und einsam wirken. Wirkliche dramatische Spannung kann hier nur von den Sängern und ihren Stimmen selbst kommen, erschwerend kommt hinzu, dass die Protagonisten dauernd ziemlich nichtssagende Videoprojektionen im Gesicht hatten …

Ekaterina Gubanova als dramatische und stimmlich leuchtende Fricka hatte einen souveränen Auftritt, doch zwischen ihr und Wotan entstand keine Spannung. Mikhail Petrenko verlieh dem Hunding mit seinem imposanten Bass ein kaltblütiges und unterschwelliges Aggressionspotential, agierte jedoch eher statuarisch.

Peter Seiffert als Siegmund und Waltraud Meier als Sieglinde indes schienen sich an ihre Parts völlig selbst zu verschwenden und wurden zu den dominanten Figuren des Abends. Als zwei Wagner-Schlachtrösser, die schon seit 1988 zusammen singen, zeigten sie, was passiert, wenn Erfahrung einem Sänger die totale Hingabe an die Rolle ermöglicht und sich zwei Kollegen auf der Bühne schon sehr lang kennen. Der erste Akt gelang ihnen so mitreißend intensiv, dass man sich fragte, wo und wann man das zum letzten Mal so etwas gesehen und gehört hatte.

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Waltraud Meiers Sieglinde war eine Frau, die es kaum wagt, über die gesellschaftlichen Grenzen zu treten, die ihr mit Gewalt aufgezwungen worden waren. Das Aufblühen ihrer Liebe fand zwischen Rebellion und Zerbrechlichkeit statt. Das Beeindruckende war, wie sie trotz aller sie umtosender musikalischer Dramatik auf Zartheit setzte. Als sie ganz am Ende das „hehrste Wunder“ besang, begann sie sogar im Piano.

Peter Seifferts Siegmund begann verhalten und über einer rauchigen Tiefe, aber immer hochintensiv und erzählerisch in der Wortbehandlung. Ab der Szene „Ein Schwert verhieß mir der Vater“ überwältigte er wieder und wieder durch schiere Energie und Kraft seiner immer noch jungendlich- feurigen Stimme, mit der er bewusste Höhepunkte setzte, die er nicht nur lautstark, sondern auch ausdrucksstark hervorbrechen ließ. Wie er dadurch die emotionale Fieberkurve seiner Figur dramaturgisch modellierte, zeigte große sängerische Klasse.

Am Ende hatten die Szenen mit Seiffert und Meier alles, was danach kam, in den Schatten gestellt.

Trotzdem gab es einhelligen Jubel für das ganze Ensemble. René Pape bekam einen Extra-Applaus, ebenso Daniel Barenboim und die Staatskapelle, die gemeinsam auf die Bühne kamen.

 



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