Frust-Bayern müssen Double-Lust entwickeln

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Bayern-Star Thomas Müller nach dem Champions-League-Aus.Foto: Andreas Gebert/dpa
Epoch Times5. Mai 2016
Die schmerzhafte Fußballnacht gegen Atlético wirkt nach beim FC Bayern. Und doch müssen sich die Münchner Starkicker und ihr dreimal am bedeutendsten sportlichen Ziel gescheiterter Trainer spätestens nach dem trainingsfreien Vatertag wieder aufraffen und nach vorne schauen.

„Wir können immer noch mit dem Double rausgehen aus der Saison“, sagte Kapitän Philipp Lahm. In der Champions League ist trotz eines dramatischen 2:1-Sieges gegen Atlético Madrid alles vorbei; wieder im Halbfinale, wieder gegen einen Verein aus Spanien, abermals nach einem denkwürdigen Rückspiel im eigenen Stadion.

Die Saison aber dauert für die Bayern noch zwei Wochen. Abpfeifen geht nicht. Schon am Samstag können Lahm und Co. auf der kleinen Bühne in Ingolstadt Historisches schaffen. „Wir werden hoffentlich den Rekord aufstellen, viermal hintereinander Meister zu werden. Es wird dann wieder eine gute Saison werden“, sagte Lahm: „Und dann haben wir noch das Pokalfinale.“ Das brisante Kräftemessen mit Borussia Dortmund am 21. Mai im Berliner Olympiastadion dient als emotionaler Rettungsanker und mögliches Ersatz-Happy-End für das entgangene Traumfinale am 28. Mai in Mailand gegen Real Madrid. Ein Trost, der erst mit abnehmendem Atlético-Schmerz wirken wird. „Das Gute ist, das Pokalfinale ist noch ein bisschen hin“, sagte Lahm.

Nach seinem bittersten Sieg mit dem FC Bayern litt auch Guardiola erst einmal mit seinen traurigen Spielern. Aber noch am Abend des mitreißenden Spiels präsentierte sich der Katalane bei allem Frust über den dritten Halbfinal-K.o. in Europa nicht als ein in München gescheiterter Trainer, sondern vielmehr als stolzer Verlierer.

Meisterschaft hin, Pokalfinale her – Guardiola hielt schon in der Nacht zum Mittwoch seine Bilanz-Pressekonferenz. „Ich habe mein Bestes getan. Ich habe mein Leben gegeben für diese Spieler. Es war eine Ehre, mit diesen Spielern zu arbeiten. Diese Spieler sind wow“, rief Guardiola in den großen Pressesaal der Arena.

Sein Münchner Dreijahresplan bleibt ohne Königsklassen-Triumph unvollendet. Aber seine Arbeit beim FC Bayern war für ihn nicht sinnlos. „Bayern München hat eine große Zukunft mit diesen Spielern“, sagte er voraus. Die Ernte soll nun eben sein Nachfolger einfahren: „Ich hoffe, Carlo (Ancelotti) kann das Finale erreichen.“

Der Italiener könnte tatsächlich ein Nutznießer sein. Ancelotti übernimmt eine Mannschaft, die hungrig ist, die nicht ruhen wird, um in Europa noch mal die Nummer 1 zu werden. Nach dem Finaldrama gegen Manchester United 1999 trieben Stefan Effenberg und Oliver Kahn zusammen mit Coach Ottmar Hitzfeld ihre Truppe bis zum Triumph 2001 in Mailand. Und nach dem verlorenen Finale dahoam 2012 gewannen Lahm und Kollegen zwölf Monate später in Wembley das Endspiel gegen Borussia Dortmund. „Man hat die Klasse des FC Bayern gesehen“, sagte Torwart Manuel Neuer nach dem starken Auftritt gegen Atlético.

Die 90 Rückspiel-Minuten förderten mit ihrem ständigen Auf und Ab, ihrer Intensität, drei Toren und zwei vergebenen Elfmetern die gesamte Faszination des Fußballs zutage. „Es ist schwer zu akzeptieren, dass wir nicht im Finale spielen“, sagte Robert Lewandowski, dessen Siegtor nach dem 0:1 in Madrid wegen der verflixten Auswärtstorregel nicht fürs Endspiel reichte. „Der Fußball ist manchmal extrem gemein“, klagte Thomas Müller, der mit seinem Elfmeter-Fehlschuss eine 2:0-Führung vergeben hatte.

Atlético jubelte nach hochemotionalen 95 Minuten und 23 Sekunden, weil Antoine Griezmann „ein Geschenk“ (Lewandowski) der Bayern zum 1:1-Ausgleich annahm. „Ich habe in der ersten Hälfte gegen den besten Gegner in meiner Karriere gespielt“, sagte Atlético-Trainer Diego Simeone. „Was soll man der Mannschaft vorwerfen?“, fragte Lahm.

Karl-Heinz Rummenigge entlud seinen Frust in einer übertriebenen Kritik an Schiedsrichter Cüneyt Çakir. Das entscheidende Tor von Griezmann fiel aus abseitsverdächtiger Position, beim Elfer, den Manuel Neuer hielt, foulte Javi Martínez Schütze Fernando Torres vor der Strafraumlinie. „Wir fühlen uns auch ein bisschen betrogen“, beschwerte sich Bayern-Chef Rummenigge. Er stand damit allein.

2014 Real Madrid, 2015 FC Barcelona, 2016 Atlético Madrid. Diese Reihung des Halbfinalfluches bleibt nach dem letzten internationalen Bayern-Spiel mit Guardiola. Denn im Fußball zählen am Ende Titel. „Für die Welt, für die Leute, für die Journalisten ja“, sagte Guardiola dazu. Er selbst nennt Titelgewinne nur „Nummern“.

Dreimal wird er noch als Trainer auf der Bayern-Bank sitzen. Mit großer Sicherheit wird Pep den dritten Meistertitel im dritten Jahr feiern dürfen. Es geht jetzt noch um seine Abschlussnote, auch wenn ihm das schnuppe ist: „Meine Meinung hängt nicht von einem Finale und einem Pokal ab. Ich habe hier eine fantastische Zeit erlebt.“

(dpa)


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