«Papa» poltert, Ultras randalieren: HSV-Aufbruchstimmung weg

Der erste HSV-Abstieg rückt immer näher. Durch die 1:2-Heimpleite gegen Hertha BSC ist die mühsam geschaffene Aufbruchstimmung schon wieder weg. Die Fans randalieren. Und der nicht berücksichtigte Abwehrchef Papadopoulos attackiert den neuen Trainer.
Titelbild
Matti Steinmann vom Hamburger SV reagiert auf den Führungstreffer durch die im Hintergrund jubelden Hertha-Spieler.Foto: Daniel Reinhardt/dpa
Epoch Times18. März 2018

Die zarte Aufbruchstimmung beim Krisen-Club Hamburger SV um Neu-Trainer Christian Titz ist schon wieder dahin. Nach dem bitteren 1:2 (1:0) gegen Hertha BSC und dem gefühlt unvermeidbaren ersten Abstieg der Vereinsgeschichte gab es erste Misstöne im Team.

Der in der Ehre gekränkte Kyriakos Papadopoulos polterte wegen seiner Verbannung auf die Auswechselbank gegen Hoffnungsträger Titz. Offen zutage traten erneut die Risse zwischen Mannschaft und einst treuen Fans, die vom anhaltenden Abstiegskampf ermüdet sind. Einige Ultras verlieren immer häufiger die Nerven.

So kam es nach Spielende zu Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und Randalierern. Ein Platzsturm und ein Eindringen in die Stadionkatakomben wurde verhindert. Die Polizei musste Schlagstöcke und Pfefferspray einsetzen. Neun Menschen wurden verletzt. Nach rund einer Stunde war der Spuk vorbei.

Nicht abregen konnte sich hingegen Papadopoulos. Dem erstmals in seiner HSV-Zeit zum Reservisten degradierten Abwehrchef platzte der Kragen. „Dass man die Erfahrenen, die letzte Saison den Klassenerhalt geschafft haben, nicht in die Mannschaft nimmt, kann ich nicht verstehen“, grollte Papadopoulos und legte nach: „Diese Aktion, immer etwas Neues zu versuchen, ist nicht das Beste.“

Das ging klar gegen Titz, der am Sonntag Rückendeckung von Vorstandschef Frank Wettstein erhielt. „Ich stehe voll hinter den Maßnahmen vom Trainer“, betonte Wettstein. Quertreiber Papadopoulos muss dagegen mit Konsequenzen rechnen. „Er hat sich und uns keinen Gefallen getan. Er hat nicht das Recht, die sportliche Situation zu ignorieren. Wir werden das nicht tolerieren“, meinte Wettstein.

Titz will mit dem zur griechischen Nationalmannschaft abgereisten „Papa“ möglichst bald reden. „Wenn wir mit ihm gesprochen haben, werden wir verkünden, was wir machen“, sagte der Coach. Ein ähnliches Gespräch wird es mit Walace geben. Der Brasilianer war am Samstag nicht ins Stadion gekommen, weil er nicht zum Spieltagskader gehörte. Während seine Teamkollegen um den Klassenverbleib kämpften, postete Walace Privatfotos. Titz: „Das Verhalten akzeptieren wir nicht.“

Der dritte HSV-Chefcoach nach Markus Gisdol und Bernd Hollerbach hatte in seiner ersten Trainingswoche alles probiert: Ein Casting mit 33 Spielern, die alle Bewährungschancen erhielten, das Einüben neuer Spielvarianten und eine andere taktische Ausrichtung. Bei Titz‘ neuem System blieben etablierte Profis auf der Strecke, die Tempodefizite haben wie Papadopoulos und Mergim Mavraj.

Bei der Nominierung des 18er-Kaders strich er die etablierten Profis Walace, André Hahn, Dennis Diekmeier und Mavraj komplett, am Samstag nahm er zudem fünf Umstellungen in der Startelf vor – „Papa“ musste auf die Bank. „Ein ganz normaler Vorgang“, meinte Titz. Für seinen Abwehrchef war es indes eine Ungeheuerlichkeit. Indirekt deutete er an, dass mit ihm die Partie nicht verloren gegangen wäre. „Es hat die Erfahrung gefehlt, das 1:0 über die Runden zu bringen“, meinte er. In den 13 Spielen zuvor war der Grieche jedoch immer dabei. Gewonnen hat das Team nicht eines.

Zu Papadopoulos‘ Vorwürfen sagte der Trainer nichts. „Ich will erst mit dem Spieler sprechen“, betonte Titz. Legt man nur die erste Halbzeit zugrunde, hat er mit seinen Umwälzungen alles richtig gemacht. Titz baute das Team tiefgreifend wie keiner seiner Vorgänger um: Keeper Julian Pollersbeck, Außenspieler Tatsuya Ito und Sechser Matti Steinmann waren gleich die Besten.

Doch 45 gute Minuten und die verdiente Führung durch Douglas Santos (25. Minute) reichten nicht, weil der HSV mit Wiederanpfiff wie gelähmt wirkte. „Ich habe in der Halbzeit gesagt: Männer, der Gegner hat die Angst“, berichtete Hertha-Trainer Pal Dardai über seinen Motivationskniff. Er war sich sicher, die Hamburger würden aus Angst vor der eigenen Courage zusammenbrechen, weil sie eine ungewohnte Führung nicht über die Zeit bringen könnten. Er sollte recht behalten.

Die Berliner beendeten im Volksparkstadion eine 448-minütige Torflaute und drehten das Match durch Valentino Lazaro (56.) und den drei Minuten zuvor eingewechselten Salomon Kalou (63.). „Die Halbzeitpause war der Knackpunkt im Spiel. In den 20 Minuten nach dem Wechsel hat uns der Mut verlassen“, haderte Titz.

Durch den neuerlichen Rückschlag hat der seit 14 Spielen sieglose HSV wohl die letzte Chance auf die Rettung verspielt. Bei weiter sieben Punkten Rückstand und nur noch sieben ausstehenden Partien kann ihm nur ein gewaltiges Wunder zum Verbleib in der Bundesliga verhelfen. Die Verantwortlichen flüchten sich in Durchhalteparolen. „Wir glauben weiterhin ans uns“, betonte Titz. „Es ist nicht der Moment zu sagen, dass es nicht mehr möglich ist. Es wird aber immer schwerer“, sagte Vorstandschef Frank Wettstein. So richtig glücklich waren die Hertha-Fans. „Endlich 2. Liga – HSV!“, sangen sie. (dpa)

Polizisten mit Hunden stehen im Volksparkstadion nach dem Spiel bereit um einen Platzsturm zu verhindern. Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Polizisten mit Hunden stehen im Volksparkstadion nach dem Spiel bereit um einen Platzsturm zu verhindern. Foto: Daniel Reinhardt



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