Virtuelle Realität hält Einzug in die Produktion

Der Einsatz von virtuellen Realitäten im Automobilbau ist nicht neu: In der Entwicklung werden Avatare und computergestützte Realitäten bereits seit Jahren eingesetzt.
Titelbild
Eine Volkswagen-Mitarbeiterin trägt eine Datenbrille, die ihr hilft in der Logistikabteilung das richtige Fach zu finden und die Teilenummer mittels QR-Code zu scannen.Foto: Philipp von Ditfurth/dpa
Epoch Times30. November 2015

Sindelfingen/Wolfsburg (dpa) – Mit einem futuristisch anmutenden Werkzeug beugt sich der Ingenieur auf einer Plattform vornüber, bis er fast umkippt. Wo sonst ein Schraub- oder Bohraufsatz säße, hat das Gerät in seinen Händen Stäbe mit grauen Kügelchen.

Die gleichen Knubbel kleben an der Brille des Daimler-Mitarbeiters, an Armen und Beinen sind ähnliche Vorrichtungen mit Sendern angebracht. Langsam beugt er sich vor. Erst auf dem Bildschirm an der Wand hinter dem Mann wird klar, was er vorhat. Der Entwickler simuliert Schraubarbeiten in einem Kofferraum.

Mit Hilfe von Bewegungssteuerung und Avataren (Grafikfiguren) probiert der Autohersteller in der Produktionsvorbereitung aus, wie die Autokonstruktion verbessert werden kann. Das hat Vorteile für die Montage-Planung, der Einbau bestimmter Teile kann zum Beispiel auf ergonomische Bedürfnisse der Mitarbeiter abgestimmt werden.

Der Einsatz von virtuellen Realitäten im Automobilbau ist nicht neu: In der Entwicklung werden Avatare und computergestützte Realitäten bereits seit Jahren eingesetzt. Doch im Zuge der Digitalisierung halten Bewegungssteuerung, Tablets und weitere Hilfen auch Einzug in andere Bereiche.

Volkswagen stattet Logistik-Mitarbeiter nun nach einem Pilotprojekt mit 3D-Datenbrillen aus. In der Werklogistik arbeiten 30 Beschäftigte mit den futuristischen Lesehilfen. Sie blenden im Lager Informationen wie die gerade benötigte Teilenummer ein.

Die Kamera der Brille dient beispielsweise als Barcode-Scanner. Greift der Mitarbeiter zum falschen Teil, leuchtet ein rotes Licht auf. Noch erfolgt der Einsatz bei Volkswagen auf freiwilliger Basis. Der Vorteil zu Datenscannern oder Tablets: Die Mitarbeiter haben beide Hände frei und können so unbeschwert arbeiten, wie eine Sprecherin betont.

Der Autobauer Daimler testet digitale Technik inzwischen auch für Arbeitsschritte in der Produktion. Head-up-Displays, die in Autos zum Beispiel die Geschwindigkeit an die Windschutzscheibe projizieren, werden mit Hilfe eines Tablets mit zwei Kameras ausgerichtet.

Der Autozulieferer Bosch will künftig computergestützte Wirklichkeiten in Autowerkstätten einsetzen. Auf Tablets oder Smartphones werden Erläuterungen über das reale Bild eingeblendet, sobald der Nutzer die Kamera des Geräts auf einen Bereich richtet, zu dem solche Informationen vorliegen. Auf diese Weise werden zum Beispiel verdeckte Bauteile oder Verkabelungen angezeigt – und notwendige Spezialwerkzeuge angezeigt.

Im Maschinenbau ist das Thema noch neu: „Pioniere setzen sie schon ein“, sagt Eric Maiser, Geschäftsführer der Fachabteilung Productronic beim Maschinenbauverband VDMA. Erprobt werden Szenarien, mit deren Hilfe Maschinen aus der Ferne gewartet werden. „Dazu braucht man heute keine teuren Datenbrillen. Attraktiv wird das Ganze als App auf einem handelsüblichen Tablet“, erklärt Maiser.

Ähnlich wie bei Boschs Werkstattanwendung werden Informationen mit Hilfe eines Tablets über ein reales Bild gelegt, das mit dem Gerät abgefilmt wird. Die Maschine funkt an die App auf dem mobilen Computer, welches Bauteil kaputt ist. Dieses wird auf dem Bildschirm angezeigt, Schritt für Schritt wird der Nutzer durch die Reparatur geführt, wie in einem Tutorial (Lehrfilm) auf Youtube.

„Der Preis hängt von der Zahl der Anwendungen und der Detailtiefe ab“, sagte Maiser. Computerbasierte Konstruktionsskizzen – sogenannte CAD-Dateien – existieren in der Regel ohnehin schon von den Maschinen. Auf der anderen Seite stehe die Ersparnis, so Maiser. Teure Wartungsarbeiten können die Kunden der Maschinenbauer in Zukunft selbst mit Hilfe der Tablets durchführen. „Wenn Sie zur Maschinenwartung keinen Ingenieur mehr nach China schicken müssen, hat sich die App schon gelohnt.“



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