Insektizidbelastungen von Gewässern: unterschätzt, aber lösbar

Von 17. Januar 2013

Die schädliche Wirkung von Insektiziden auf Gewässer wird laut einer Studie des Instituts für Umweltwissenschaften Landau unterschätzt. Das liege an der Praxis, dass Wasserproben meist zu festen Terminen entnommen werden. Insektizide werden jedoch unregelmäßig bei Bedarf versprüht.

Da der Einsatz der Insektizide kurzfristig ist und Insektizide in der Umwelt auch nur eine kurze Halbwertzeit haben, ist die Überschreitung der Grenzwerte dann auch nur kurz. Oft werden die Insektizide bei den regelmäßigen Probeentnahmen nicht mehr registriert. Aber Insektizide werden in hoher Dosierung aufgebracht. Entsprechend hoch ist auch die Schädigung der Wasserorganismen, die empfindlich auf Insektizide reagieren.

„In einem großen Gewässer wie dem Rhein oder der Elbe ist die jetzige Probenentnahme vermutlich gar nicht so falsch. Da werden Sie die hohen Insektizideinträge sowieso nicht finden. Die finden Sie eher in den ganz kleinen Gewässern. Am ehesten zu empfehlen wäre, dass man in bestimmten Regionen ab und an mal in den kleinen Gewässern eine Art Zusatz-Messprogramm macht“, sagt Prof. Dr. Ralf Schulz vom Institut für Umweltwissenschaften Landau an der Universität Koblenz-Landau in einem Gespräch mit der Epoch Times

Zusatzmessprogramme ähnlich ineffektiv

Manche Behörden machen zwar Zusatzmessprogramme in Gebieten mit intensiver Landwirtschaft – wie in Niedersachen die Hildesheimer Börde – und messen dort besonders intensiv. „Wenn Sie diese Zusatzmessprogramme trotzdem in der typischen regelmäßigen Weise machen, bringt das für die Ermittlung der Insektizidbelastung nichts. Dann unterschätzt man die Insektizidbelastung systematisch“, sagt Schulz. Die Landesämter für Umwelt müssten besonders dann Proben nehmen, wenn Insektizide ausgebracht werden oder Starkregen diese in Gewässer einschwemmt. Das würde sogar preiswerter sein.

Einfache und kostengünstige Alternative

Eine effektive Zusatzmessung kann erstaunlich simpel und kostengünstig erfolgen, wie Schulz im Gespräch mit der Epoch Times erklärt: „Sie nehmen eine Eisenstange, hauen diese in den Grund des Gewässers rein und hängen dort eine offene Flasche dran. Oben schaut die Flasche zwei, drei Zentimeter heraus.“ Wenn es ein paar Tage nach der Applikation von Insektiziden stark regnet, wäscht dies die Insektizide von den Pflanzen auf den Boden und von dort aus ins nächste Gewässer hinein.

Kurzfristig steigt in den kleinen Gewässern dann auch der Wasserspiegel. „Dann genau müsste man Proben entnehmen. Das können Sie aber nicht und schon gar nicht an 50 Stellen gleichzeitig. Sie können aber diese sehr einfachen Probeentnahme-Systeme nehmen und die Arbeit für sich machen lassen. Wenn Sie wieder hinkommen und die Falsche ist voll, gab es Hochwasser. Sie nehmen die Flasche mit und analysieren, was da drin ist, auf Pflanzenschutzmittel. In dieser Probe finden Sie die Insektizide. Da werden Sie sehr viel mehr Nachweise haben.“

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Ämter sollten wissen, was machbar ist

Wie bringt man aber die Ämter dazu, dass sie das tun? Sie müssten natürlich informiert werden, dass es so eine einfache und kostengünstige Methode gibt, meint Schulz. Er bietet auch Gespräche an. Aber wollen alle zuständigen Behörden wirklich wissen, wie es um die Insektizidbelastung steht? Wenn sie es wissen, müssen sie ja auch Lösungen finden und handeln, was in Zeiten knapper Kassen abschrecken könnte.

Doch eine Vogel-Strauß-Politik ist nicht nötig, denn es gibt auch effiziente aber kostengünstige Lösungen, um die Belastung der Gewässer zu reduzieren. Das Institut für Umweltwissenschaften Landau empfiehlt zum Beispiel, die Randstreifen zwischen landwirtschaftlich genutzter Fläche und Gewässer zu verbreitern und effektiv zu gestalten.

Wirksame Gegenmaßnahmen

Was denn eine effektive Gestaltung wäre, wollen wir von Schulz wissen. „Der Randstreifen zwischen Acker und Gewässer ist ja eine ungenutzte Fläche – im Idealfall. Da sind dann nur ein paar Büsche oder Bäume. Dieser Streifen ist zehn – besser wäre zwanzig – Meter breit. Die Theorie geht davon aus, dass bei starkem Regen die von den Ackerpflanzen abgewaschenen Pestizide im Randstreifen hängenbleiben. Aber wir haben viele Studien darüber gemacht: „Wenn sich an einer Stelle das Wasser sammelt und dann in einer Rille durch diesen Randstreifen durchsickert, landet es dummerweise doch im Gewässer – als konzentrierte, toxische Brühe. Man müsste die Randstreifen so gestalten, dass sie wirklich filtern.“ Man muss es also schaffen, dass der Austritt des Wassers vom Acker in den Randstreifen flächenhaft ist.

Pflanzliche Kläranlagen

Wo man nicht verhindern kann, dass Insektizide ins Gewässer kommen, kann man zumindest vermeiden, dass sie von dort in die nächstgrößeren Gewässer hineinfließen. Die Methode, die Schulz uns erläutert, klingt überraschend einfach: „Am Ende des Grabens, bevor das Wasser ins nächst größere Gewässer fließt, kann man die Seiten etwas aufbaggern, sodass der Graben statt einem Meter dort sechs Meter breit ist. Durch diese Breite fließt das Wasser dort langsamer, sodass sich fast ein kleiner Teich bildet. Dort pflanzt man Pflanzen wie Schilf ein. Solche Pflanzen reinigen das Wasser von den Pestiziden.“

Laut vorangegangener Studien des Instituts für Umweltwissenschaften Landau für Pestizide besitzen solche Pflanzen eine Gewässerreinigungsleistung von mehr als 70 Prozent. Das sei das alte Konzept der Schilf-Kläranlagen, das in den 70er-Jahren für Abwässer entwickelt wurde, erklärt Schulz: „Das funktioniert aber auch sehr gut für landwirtschaftliche Abwässer.“

Das sind nachhaltig machbare Beiträge zum Natur- und Artenschutz – wenn man die Landwirtschaft noch nicht so gestalten will, dass auf Insektizide verzichtet werden kann.

 



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