Eismantel gegen Erfrieren – Erstaunliche Methode zum Schutz blühender Obstbäume

In den 90-er Jahren hatte Obstbauer Peter-Werner Decker bei seinen Äpfeln gleich in zwei Jahren hintereinander einen kompletten Ernteausfall zu verzeichnen. Nachtfrost hatte nahezu alle Blüten erfrieren lassen und für einen immensen finanziellen Schaden gesorgt. Mit der Berieselung der Blüten wurde eine effektive Schutzmaßnahme gefunden.
Titelbild
Eismantel gegen Erfrieren.Foto: Matthias Kehrein
Von 25. April 2017
Mitternacht. Obstbauer Peter-Werner Decker und seine Frau Ilona schwingen sich auf ihrem Hof in Bornheim-Uedorf auf den großen Schlepper, und ab geht es zu ihren 10 Hektar Ackerland, bebaut mit rund 25.000 Apfelbäumen, die gerade in der Blüte stehen.

1990 und 1991 hatten die Deckers bei ihren Äpfeln gleich in zwei Jahren hintereinander einen kompletten Ernteausfall zu verzeichnen. Nachtfrost hatte nahezu alle Blüten erfrieren lassen und für einen immensen finanziellen Schaden gesorgt. Eine effektive Schutzmaßnahme wurde gesucht und gefunden: Die Berieselung der Blüten.

Mit Frostberegnung die Apfelblüten schützen. Foto: Matthias Kehrein

Mit Frostberegnung die Apfelblüten schützen. Foto: Matthias Kehrein

Decker hat auch an diesem Abend des 19. April, wie immer in der Zeit der Obstblüte, die Wettervorhersage verfolgt. Gewissheit bringt dann eine SMS, die ein in der Plantage platziertes Thermometer automatisch an ihn abschickt – es ist knapp über Null Grad.

Auf der Plantage angekommen, setzt Peter-Werner Decker die Berieselungsanlage in Gang; ein feiner Wasserschleier legt sich über die Pflanzen – und das Wasser gefriert sofort. Um die Blüten herum bildet sich ein zarter Eismantel, der dafür sorgt, dass die Temperatur innerhalb nicht unter minus 0,5 Grad absinkt. Das können die Pflanzen aushalten. Der dahinter stehende physikalische Effekt ist, dass durch den Übergang des Wassers vom flüssigen in den festen Zustand „Erstarrungswärme“ entsteht, eine Wärme-Schutzschicht um die Blüten herum, die dafür sorgt, dass die Blüten heil bleiben, obwohl sie unter einer Eisschicht liegen! Dieser Effekt ist aber nicht einmalig, während des Frosts muss andauernd weiterberieselt werden, damit die Temperatur nicht weiter absinkt.

Foto: Matthias Kehrein

Der Schlepper treibt die Grundwasserpumpe an. Foto: Matthias Kehrein

Die Deckers kontrollieren den Hergang bis circa drei Uhr in der Nacht, fahren nach Hause, schlafen kurz, er kommt gegen sechs Uhr wieder – zur abermaligen Kontrolle der Berieselungsanlage, deren spezielle Sprenkler gerne mal festfrieren.

Als Anwohner des Rheingebiets können die Deckers das Grundwasser aus ihren vier Brunnen nutzen, denn der Zugang zu eigenem Wasser ist aus Kostengründen nötig. Für diese Methode gilt: Wirksamkeit ist gegeben bei nächtlichen Temperaturen von maximal minus sieben Grad. Berieselt wird durchgehend, bis zum Auftauen durch das Sonnenlicht meistens am folgenden Morgen. Eine längere Berieselung ist auch möglich.

Auch im größten Obstanbaugebiet Deutschlands, im Alten Land in Niedersachsen wird viel auf die Beregnung gesetzt. Noch in dieser Woche könnten dort die Sprenkler wieder zum Einsatz kommen, denn für den 27. und 28. April ist Frost gemeldet. Andernorts werden die Obstbaumblüten bei Frost durch Verwirbelung der Luft mit wärmerer Luft aus höheren Schichten geschützt, oder auch durch Feuer in großen Kübeln. Der gleichzeitige Einsatz beider Methoden würde allerdings kontraproduktiv wirken.

Die feine Berieselung kann auch der Fotograf bestätigen. Nach zwei Stunden musste er, trotz schützender Kleidung, total durchnässt das Feld räumen.

Obstbauer Peter-Werner Decker und seine "Eisblüten". Foto: Matthias Kehrein

Obstbauer Peter-Werner Decker und seine „Eisblüten“. Foto: Matthias Kehrein

(mw/mk)



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