„Es geht um mehr als um Integration“: Süssmuth warnt vor „Kulturkampf“ und fordert Einwanderungsgesetz

"Wir haben in Deutschland immer gesagt: Wir sind kein Einwanderungsland. Wir sind es aber bereits, seit Langem! Und je mehr das sichtbar wird, desto heftiger werden auch die Reaktionen". Deshalb müsse man die Menschen mitnehmen "in eine neue Zeit, wobei diese Veränderungen immer schneller gehen", sagt Rita Süssmuth (CDU).
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Ein Willkommensfest für Flüchtlinge in Hamburg. 19. September 2015. (Symbolbild)Foto: Adam Berry/Getty Images
Von 17. Februar 2017

Die frühere Bundestagspräsidentin und Familienministerin Rita Süssmuth hat die Notwendigkeit eines Einwanderungsgesetzes bekräftigt.

„Es müsste eigentlich unsere nüchterne Schlussfolgerung sein, zu fragen, ob wir die Menschen vorbereitet haben auf das, was wir ihnen heute nicht nur zumuten, sondern zutrauen“, sagt die einstige Bundestagspräsidentin im Gespräch mit „Mannheimer Morgen“ mit Blick auf die Flüchtlingskrise.

„Wir haben in Deutschland immer gesagt: Wir sind kein Einwanderungsland. Wir sind es aber bereits, seit Langem! Und je mehr das sichtbar wird, desto heftiger werden auch die Reaktionen“, so Süssmuth. Man müsse die Menschen mitnehmen „in eine neue Zeit, wobei diese Veränderungen immer schneller gehen“.

Bereits 1994 habe sie sich mit diesem Thema befasst, und gesagt, „wir sind ein Einwanderungsland und brauchen ein Einwanderungsgesetz“. Dies habe heftigsten Widerstand ausgelöst, „ausgehend von der These, dass alle Gastarbeiter zurückgehen. Integration spielte allenfalls am Arbeitsplatz eine Rolle, nicht in der Bildung, nicht bei der Frage der Beteiligung an der Gestaltung unserer Gesellschaft, schon gar nicht im Bereich Staatsbürgerrecht“, so die Politikerin.

Mit der Flüchtlingswelle nach dem Wegfall der Mauer habe sich das geändert und es wurde das Dublin-Abkommen als Regelung zur Verteilung von Zuwanderern geschaffen. In dieser Situation sei der Gedanke der Integration entstanden.

„Es geht um mehr als um Integration“

Derzeit sei diese „Aufgabe größer denn je“. Es gehe um mehr als um die Integration der Zu- und Einwanderungswilligen. „Wir müssen zugleich mit der Gesellschaft diskutieren, was anders wird, was nicht anders wird. Ich habe damals in meiner Veröffentlichung „Migration und Integration: Testfall für die Gesellschaft“ geschrieben: Wir müssen vermeiden, dass es zum Kulturkampf, zur gespaltenen Gesellschaft kommt“, betont die Ex-Ministerin.

Die wichtigste Frage dürfe nicht sein, was der Unterschied, die Verschiedenheit ist, sondern die Frage: „Was hält uns zusammen, was haben wir gemeinsam?“

Dabei gehe es vor allem um „Gastfreundschaft und den anderen miteinbeziehen“, sagt sie. Dies seien Dinge, die die Menschen verbindet. „Es geht jetzt nicht darum, Integration als Assimilation zu verstehen, sondern es ist ein wechselseitiges Lernen“, so Süssmuth.

Bereits im Jahr 2000 wäre klar gewesen: „Es gibt nachholende Bildung, Ausbildung und Integration in Arbeit für einen zu hohen Anteil in der eigenen Bevölkerung.“ 25 bis 30 Prozent eines Altersjahrgangs würden mit Hartz IV beziehungsweise den Leistungen aus den Landessozialgesetzbüchern über Wasser gehalten. Eine wichtige Aufgabe, um eine Spaltung in der Gesellschaft zu vermeiden, sei es, eine gesellschaftliche Einheit aller in Deutschland Lebenden sehr konsequent zu verfolgen. Neben Maßnahmen für Migranten müssten zugleich auch immer unsere Einheimischen, auch länger hier Lebenden, mit einbezogen werden. Süssmuth ist der Meinung: „Wir müssen Bildung – also Bildung, Ausbildung, Arbeit – neu verknüpfen.“

Das Allerwichtigste sei es gemeinsam an Aufgaben zu arbeiten. „Je mehr Aufgaben wir gemeinsam lösen, desto mehr wachsen wir zusammen. Ein guter Ort der Integration ist die Arbeitswelt. Da haben wir immer am wenigsten Probleme gehabt.“

Mit Textteilen von AFP



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