Gefahren der chinesischen Wirtschaft

Wie lange beherrscht die KPC das marode Finanzsystem?
Von 13. August 2005

China ist in aller Munde: die Financial Times brachte kürzlich eine Wochenendbeilage über den „China-Rummel“ heraus, das Time Magazin veröffentlichte eine Titelgeschichte über Mao Zedong.

Thomas S. Axworthy, Vorsitzender der Asia Pacific Foundation in Kanada zitierte jüngst Napoleon in einem Beitrag für den „Toronto Star“: „Lasst China schlafen“ soll der Korse 1816 erklärt haben, „denn wenn es sich erhebt, wird die Welt erzittern.“

China ist erwacht, und wenn die Welt zwar vielleicht nicht vor Angst erzittert, so ist sie doch wie hypnotisiert.

Die fortbestehende Allmacht der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) ist nach wie vor von zentraler Bedeutung. Nur wer das erkennt, kann die zukünftige Rolle des Landes in der Welt richtig einschätzen.

Dagegen argumentieren zum Beispiel Handelsvertreter bezüglich der beantragten Übernahme des kanadischen Großunternehmens „Noranda“ durch ein staatlich geführtes chinesisches Unternehmen, es handele sich nur um einen „privatwirtschaftlichen“ Vorgang, bei dem die üblichen westlichen Regeln angewendet würden.

Diese Sichtweise ist bestenfalls naiv, schlimmstenfalls eine Täuschung. Im heutigen China kontrolliert die KPC noch immer alles. Beliebt es ihr heute, ein staatseigenes Unternehmen international konkurrieren zu lassen, so kann diese Entscheidung morgen vergessen sein. Für die Partei ist Überleben alles und Kontrolle der Weg, ihre Macht zu erhalten. Die KPC ist nicht mehr marxistisch, aber immer noch leninistisch.

Bei einer Mitgliederzahl von 70 Millionen braucht die Partei dabei nicht mehr auf einer Kontrolle über jeden Aspekt des individuellen Lebens zu bestehen. Doch wenn auch nur andeutungsweise eine Organisation außerhalb ihres Einflussbereiches auftaucht ist Unterdrückung die unmittelbare Antwort. Es besteht kein Zweifel über die Widerstandsfähigkeit der Partei. Sie erholte sich von der Krise nach dem Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens. Ohne Blutvergießen in den eigenen Reihen gelang ihr die Machtübergabe von Deng zu Jiang Zemin und weiter zu Hu Jintao. Die Wirtschaft boomt.

Die Partei arbeitet hart daran, sich zu erneuern. Ihre Elite hat aber mit einem tiefen strukturellen Mangel zu kämpfen, der ihren Absturz herbeiführen könnte. Die Partei ist nämlich mit staatseigenen Unternehmen vermählt, die fast alle Verluste einfahren.

Chinas Banken wurden gezwungen, diesem maroden Sektor weiterhin Darlehen zu geben, was sie schließlich zahlungsunfähig macht.

Die Banken finanzieren sich dabei durch die Ersparnisse der einzelnen Chinesen. Wie in den 20er Jahren der Weimarer Republik sind die Rücklagen der neuen chinesischen Mittelklasse in höchster Gefahr.

Auch die inzwischen fortgeschrittene Sachkenntnis der Partei könnte vielleicht nicht ausreichen, die Lage zu beherrschen – wenn sich, die Krise im Bankwesen ausweitet.

Sich engagieren – aber mit weiser Vorsicht.

Die internen Bedürfnisse der KPC haben Folgen für die Außenpolitik. Einig ist man sich darüber, dass die Partei bestehen bleiben muss; wie dies am besten zu erreichen sei, trennt die Lager. Noch immer gibt es Linke in der Partei, die sich nach den glorreichen Zeiten Mao Zedongs sehnen. Und es gibt derzeit keine Anzeichen für eine Ent-Maoifizierung, so Thomas S. Axworthy.

Die Deng-Fraktion folgt dessen Axiom: „Reich sein ist großartig“. Von Maos düsterem China der Massen, die von Kopf bis Fuß einheitlich gekleidet waren, bis zur heutigen Disko-Welt: das ist der wirkliche große Sprung nach vorn. Aber beide Flügel der Partei müssen sich gegen die Volksbefreiungsarmee behaupten, die den größten Einfluss auf die Außenpolitik nimmt.

Der bestehende Pakt zwischen Armee und Partei beinhaltet, dass das Militär, was immer es auch für seine Modernisierung haben will, vom bestehenden Regime im Austausch für seine Unterstützung eben dieses Regimes erhält. Damit die Partei an der Macht bleiben kann, braucht sie die Armee.

Noch komplizierter wird die Außenpolitik dadurch, dass die Partei den Marxismus durch Nationalismus ersetzt hat.

Die Han-Chinesen machen 92 Prozent von Chinas Bevölkerung aus, regiert wird aber über einen Staat, dessen Territorium historisch gesehen zur Hälfte von Nicht-Chinesen bewohnt wird. Tibet wurde annektiert. Seit 1895 hat Beijing nicht über Taiwan regiert (das Jahr, in dem Japan es zu seiner Kolonie machte). Aber das Überleben des Regimes hängt jetzt mit von seiner Fähigkeit ab, die „Ein-China-Doktrin“ durchzusetzen. Taiwan ist auch deshalb ein elementares Problem, weil seine vitale Demokratie die Rechtmäßigkeit der KPC infrage stellt.

Um auf China zu reagieren, sollte sich der Westen nach Thomas S. Axworthy an der weitsichtigen Politik orientieren, die den Kalten Krieg gewann. Demnach muss zuerst ein militärisches Gleichgewicht in Asien aufrecht erhalten werden.

Zweitens muss China an mehreren Fronten gebunden werden: wirtschaftlich, kulturell und intellektuell. Je mehr die Bürger Chinas von der gesamten Welt erfahren können, umso mehr werden sie Veränderungen bei sich zu Hause fordern.

Drittens muss die freie Welt Menschenrechtskämpfer wie Wei Jingsheng unterstützen. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, pflegte Ronald Reagan gegenüber den Sowjets zu bekräftigen. Gegenüber dem heutigen China ist eine ähnliche Haltung des Westens gefragt: ein Engagement auf vielen Ebenen, doch mit weiser Vorsicht und ohne Kotau.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion