Biologische Kampftruppen: Firma züchtet natürliche Schädlingsbekämpfer

Katz frisst Maus hieß bei den alten Ägyptern der Plan gegen ungebetene Mitesser. Nützlinge gegen Schädlinge ist das Programm von Katz Biotech in Welzheim in der Nähe von Stuttgart
Titelbild
Peter Katz, Chef der Katz Biotech Ag in BaruthFoto: dpa – Deutsche Presse-Agentur GmbH
Von 20. Juli 2006

Der Laus geht es schonungslos an den grünen Kragen. Sie zappelt und windet sich, doch ihr Gegenüber ist stärker: Bei lebendigem Leib zieht der Marienkäfer der Blattlaus die Gedärme aus dem Körper und frisst sie genüsslich auf. «So ist nun mal die Natur, gnadenlos brutal», sagt Dr. Peter Katz. Der 45 Jahre alte Agraringenieur macht sich zu Nutze, dass der niedliche Glückskäfer auch noch eine andere Seite hat. Er setzt den Coccinella septempunctata, wie der Siebenpunkt-Marienkäfer auf lateinisch heißt, als Nützling gegen Schädlinge ein.

In den Betrieben der Katz Biotech AG in Welzheim, etwa 45 Kilometer von Stuttgart entfernt, und in Baruth, 30 Kilometer südlich von Berlin, tobt das große Fressen. In den Regalen stehen Pflanzenschalen mit Ackerbohnen. Darauf krabbelt das Futter für die biologischen Kampftruppen, Blatt-, Schmier- und Wollläuse. «Am Tag verfüttern wir mehr als 200 000 Läuse an unsere Marienkäfer und Schlupfwespen», berichtet Katz.

Eine gut funktionierende Schädlingszucht sei die Grundlage jeder Nützlingzucht. Wobei Katz penibel auf Sicherheit achtet. Er geht immer zuerst zu den Schädlingen und dann zu den Nützlingen. «Sonst bricht die Zucht zusammen.» Wie viel Getier er besitzt, weiß Katz selbst nicht. Zwischen 250 Millionen und einer halben Milliarde Nützlinge vermutet er; die Zahl der gezüchteten Schädlinge schätzt er auf mehr als 250 Millionen.

Blattläuse, erklärt der Experte, haben eine der größten Vermehrungsraten. Da sie sich im Winter nur – zeitaufwendig – zweigeschlechtlich vermehren, im Sommer aber massenhaft durch Jungfernzeugung, spielt der Züchter den Tierchen mit 16 Stunden Stunden Licht und gleich bleibenden, angenehmen Temperaturen stets die warme Jahreszeit vor.

Hinter den Türen gegenüber lauern die Nützlinge auf Beute. Die Marienkäfer sitzen in Frischhalteboxen, die Schweb- und Florfliegen flattern im hohen Käfig. Wie die Schlupfwespe Leptomastix dactylopii, die am liebsten gegen Wollläuse oder weiße Fliegen eingesetzt wird.

Eier sind die Versandform, in der Katz seine Schwebfliegen an Privatleute und Großindustrie bringt. Marienkäfer verkauft er ausgewachsen, aber auch als Eier – 150 Stück für 10 Euro. Ein Käfer vertilgt rund 500 Läuse. Zu Katz Kunden zählt auch das Bundeskanzleramt. «Auch politische Grünpflanzen sind vor Läusen nicht gefeit», sagt der Schwabe schmunzelnd. In Berlin setzt er den australischen Marienkäfer erfolgreich ein.

Schlupfwespen gehen als Maxibrief raus. 10 Millionen Tiere, die in eine Box von der Größe einer Zigarettenschachtel passen, sind für eine Gärtnerei zur Bekämpfung von Dickmaulrüsselkäfern bestimmt. Auch die Schlupfwespen bekämpfen die Schädlinge auf brutalste Art: Als mikroskopisch kleine Fadenwürmer bohren sich die Nematoden in die Larven des Käfers und fressen ihn von innen heraus auf. «Diese Verfahren ist das einzige, das im Freiland funktioniert», sagt Katz (geb. 5.2.1961).

Obwohl in Belgien und den Niederlanden viel größere Zuchtfirmen von Nützlingen sitzen, läuft das Geschäft bei der Biotech AG sehr gut. Mit seinen 17 Mitarbeitern erwirtschaftet Katz inzwischen einen Umsatz von über einer Million Euro. «Wir haben eine Spezialzucht, die sich für die Großen nicht lohnt», erklärt der Agraringenieur. Von den 60 verschiedenen Nützling-Arten züchtet er zwölf, den Rest kauft Katz zu. Der Erwerbsgartenbau unter Glas komme ohne die biologische Schädlingsbekämpfung nicht mehr aus. «Dort hatte man große Probleme mit Resistenzbildungen der Schädlinge gegen chemische Pflanzenschutzmittel», berichtet er.



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