Doch kein „Nazi-Anschlag“: Wendung bei Brandstiftung im Flüchtlingshotel

Als im Oktober ein Flüchtlingshotel nahe Wismar brannte, wurden rasch Vermutungen laut, es habe sich wohl um einen rechtsradikalen Anschlag gehandelt. Mittlerweile ist man schlauer. Ein Fall mit unerwarteter Wendung und Vielschichtigkeit.
Das abgebrannte Hotelgebäude in Groß Strömkendorf.
Das abgebrannte Hotelgebäude in Groß Strömkendorf.Foto: Jens Büttner/dpa
Von 19. November 2022

Mitte Oktober ging ein Aufschrei durch die linke Community. Es war wieder passiert – glaubte man. Alles schien perfekt ins Muster zu passen. Brandstiftung gegen Flüchtlinge. Rechtsradikale am Werk? Nazis des Nachts unterwegs? Doch Tatsachen und Vermutungen sind nicht dasselbe, was die polizeilichen Ermittlungen nach rund vier Wochen schließlich auch in diesem Fall bestätigten.

Feuerwehrmann in Untersuchungshaft

Auf Antrag der Staatsanwaltschaft Schwerin habe das Amtsgericht Schwerin gegen einen 32 Jahre alten Mann Haftbefehl wegen des Verdachts der „schweren Brandstiftung in einem Fall sowie der Brandstiftung in drei weiteren Fällen“ erlassen, teilte jüngst das Polizeipräsidium Rostock in einer Pressemitteilung mit. Gegen den Mann wurde Untersuchungshaft verhängt.

Der Beschuldigte, bei dem es sich um einen Feuerwehrmann handelt, ist nach dem Ergebnis der bisherigen Ermittlungen dringend verdächtig, in den Abendstunden des 19.10.2022 das aus Reet bestehende Dach des ehemaligen Hotels ‚Schäfereck‘ in Groß Strömkendorf, welches zur Tatzeit als Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine diente, unter Verwendung eines Brandlegungsmittels in Brand gesetzt zu haben.“ (PP Rostock)

In der Folge sei das Gebäude bis auf die Grundmauern niedergebrannt – ein Sachschaden in Millionenhöhe.

Polizei: Hakenkreuz nicht mit Brand in Verbindung

Bezüglich eines zunächst vermuteten Zusammenhangs des Feuers mit einem am Hotel angeschmierten Hakenkreuz fand die Polizei heraus:

Soweit vor der Tat auf einem Eingangsschild der Unterkunft durch bislang unbekannte Täter ein Hakenkreuz angebracht worden war, haben die bisherigen Ermittlungen keine Anhaltspunkte für einen Zusammenhang mit dem Brandgeschehen und damit für eine politisch motivierte Tat ergeben.“ (PP Rostock)

Die mit den Untersuchungen beauftragte Ermittlungsgruppe sieht zum aktuellen Zeitpunkt das „Brandgeschehen in Groß Strömkendorf (als) … Teil einer Brandserie von 19 Taten im Bereich des Amtes Neuburg-Steinhausen“. Daraus ergibt sich gegen den beschuldigten Feuerwehrmann ein dringender Tatverdacht, am 30. Juni ein Waldfeuer gelegt und am 12. August einen Carport angezündet zu haben. Zudem soll der Mann am 12. September mutmaßlich bis zu 500 Strohballen auf einer Ackerfläche niedergebrannt haben. Zeugenaussagen und Spuren würden diesen dringenden Tatverdacht stützen, heißt es vonseiten der Polizei. Weitere 15 Brände seien Gegenstand der laufenden Ermittlungen. Der Feuerwehrmann sei bisher noch nicht wegen Brandstiftungen aufgefallen. Es wird zudem betont: „Die Staatsanwaltschaft weist auf die Unschuldsvermutung hin.“

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Schwesig: „Hetze und Gewalt dulden wir nicht!“

Groß Strömkendorf, zehn Kilometer nördlich von Wismar, später Mittwochabend, 19. Oktober. Das Feuer in dem Flüchtlingshotel, nur wenige Hundert Meter von der Brücke zur Ostseeinsel Poel entfernt, ergriff das reetgedeckte Dach des „Phoenix Hotel Schäfereck“. Das Haus brannte fast vollständig aus. Glück im Unglück. Niemand wurde verletzt, alle Bewohner und Mitarbeiter konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen.

Schnell vermutete man politisch motivierte Brandstiftung. Der Ansatz: Am Tag des Feuers war die Polizei im Hotel und ermittelte aufgrund einer „Hakenkreuz-Schmiererei auf dem Eingangsschild“, wie der NDR berichtete. Der private TV-Sender „MV1“ bestätigte in einem Videobeitrag das große politische Interesse an dem Feuer: „Einen Tag nach dem Brand erschienen zahlreiche Politiker von der kommunalen bis zur Bundesebene vor Ort, um sich ein Bild zu machen.“

Polit-Prominenz vor Ort

Nancy Faeser, Bundesinnenministerin und SPD-Politikerin, twitterte bereits am nächsten Nachmittag ihr Statement ins World Wide Web: „Das ist eine furchtbare Nachricht. Menschen, die vor Putins Krieg bei uns Schutz gefunden haben, mussten aus den Flammen gerettet werden. Wenn sich Brandstiftung bestätigt, ist das ein menschenverachtendes Verbrechen, das mit aller Härte verfolgt wird.“

Nach Angaben von „t-online“ kündigte Faeser an, noch am Donnerstagabend den Ort des Geschehens zu besuchen. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) reist zum Geschehen, ebenso ihr Landesinnenminister Christian Pegel (ebenfalls SPD). Schwesig hatte zuvor getwittert: „Eins muss für alle klar sein: Menschen, die vor Krieg flüchten, brauchen unseren Schutz und unsere Unterstützung. Hetze und Gewalt dulden wir nicht!“

Und eine Mahnwache

Zudem wurde von einer Mahnwache am 21. Oktober auf dem Marktplatz von Wismar berichtet, zu der die Parteien Linke und Grüne/Bündnis 90 aufgerufen hatten. Vorsorglich.

„Wir sind deshalb hier, weil dieser Vorfall in Groß Strömkendorf – von dem wir noch nicht wissen, was die eigentliche Ursache des Brandes ist –, der hat uns dazu veranlasst, zusammen mit den Grünen heute zu sagen: Wir machen eine Mahnwache, weil wir das Gefühl haben, dass die gesellschaftliche Stimmung in dieser Stadt ein wenig kippt“, erklärte Mitorganisator Horst Krumpen, Wahlkreiskandidat (2021) und Kreisvorsitzender der Linken Nordwestmecklenburg. Einem Beitrag der Partei auf ihrer Website zufolge kamen auch Landtagspräsidentin Birgit Hesse (SPD) und die Grünen-Landtagsabgeordnete Anne Shepley zu der Mahnwache. Sie „brachten ihre Solidarität mit den Geflüchteten zum Ausdruck und verurteilten Tendenzen in der Bevölkerung zu Rassismus und Hetze“, hieß es.

In dem TV-Beitrag wurde zudem berichtet, dass am 23. Oktober auch die Einwohner von Groß Strömkendorf demonstriert hatten – offenbar aus Angst, als Nazi-Nest gebrandmarkt zu werden. Mit einer langen Reihe aufgehängter Transparente nahe dem Brandort versicherten sie ihre Treue zu „bunt“ und „offen“.

Einseitigkeit der Politik kritisiert

Der Fall löste aber noch eine andere gesellschaftliche Debatte aus, zumindest unter der Bevölkerung im Internet. Einen Tag vor dem Brand im Flüchtlingshotel tötete ein mit einem Messer bewaffneter Täter in Ludwigshafen zwei Menschen und verletzte eine weitere Person schwer. Bei den getöteten Opfern des 25-jährigen Somaliers soll es sich Medieninformationen nach um einen Malermeister (37) und seinen Gesellen (20) gehandelt haben. Zudem wird von einem „Allahu Akbar“-Ausruf berichtet. Anschließend griff der Täter einen 27-Jährigen im Rossmann-Drogeriemarkt an und verletzte ihn schwer, bevor ihn Polizisten erschießen konnten. Alle drei Opfer des Messerschwingers waren Deutsche.

Wie die Epoch Times bereits berichtete, wurde in den sozialen Medien die Einseitigkeit der Bundesinnenministerin Nancy Faeser kritisiert. Während Faeser beim Feuer in Groß Strömkendorf am Tag nach Ludwigshafen prompt auf Twitter reagiert hatte, warf man ihr Schweigen bei der Bluttat von Ludwigshafen vor.

Die Internetuser kommentierten entsprechend Faesers Feuer-Tweet: „Brandstiftung wäre schlimm, ja. Was sagen Sie zu Ludwigshafen? Da sind Täter und das verübte Verbrechen bereits bekannt! No comment?“ Ein anderer User wunderte sich: „Ja, das ist ganz sicher eine furchtbare Nachricht. Aber warum hört man nichts von Ihnen zu Ludwigshafen? Ist das weniger furchtbar? Leider vermitteln Sie durch Ihr Schweigen genau das.“

Eine Frau meinte ärgerlich: „Was ist mit den Opfern von Ludwigshafen? Sind diese Menschen keine Erwähnung wert? Eine Schande.“ Und eine weitere erklärte ihre Ängste: „Imagine, du lebst im besten Deutschland aller Zeiten, und traust dich nicht mehr in die Stadt oder nachts durch die Feiermeilen einer deutschen Stadt, da dich plötzlich eine Machete tödlich treffen kann, oder du fährst dein Kind jeden Meter, um [es] nicht dem Risiko auszusetzen!“

Auch der deutschen Journalistin und Politikstudentin Anabel Schunke war das Schweigen der SPD-Ministerin aufgefallen. Schunke kommentierte einen Faeser-Tweet zum Feuer in Groß Strömkendorf und fand es interessant, dass sich Faeser bereits derart zum Feuer in der Flüchtlingsunterkunft geäußert habe, „ohne den Hintergrund zu wissen“. Währenddessen warte man aber auf ein Statement von ihr zu Ludwigshafen „immer noch vergeblich“. Schunke meinte, das sei genau das Verhalten, das der AfD Stimmen beschere: „Man hat den Eindruck, Einheimische sind nichts mehr wert.“ Dergleichen und ähnliche Kommentare gab es sehr, sehr viele.



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