Polizei-Einsatzleiter: „Wir haben nichts falsch gemacht“ – Stuttgarts Weg in die Normalität

Verstärkte Polizeipräsenz, Personenkontrollen und Durchsuchungen. Mit dieser Strategie will Stuttgart nach den Krawallen in der Nacht zum 21. Juni zurück zur Normalität.
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In einigen Bundesländern kam es zu Bombendrohungen auf Amtsgerichte und Staatsanwaltschaften. Die Polizei ist im Einsatz. (Symbolbild).Foto: THOMAS KIENZLE/AFP via Getty Images
Von 29. Juni 2020

Die Nacht zum vergangenen Sonntag blieb relativ ruhig, dank großer Polizeipräsenz und intensiven Personenkontrollen. Dabei verlangten die Beamten nicht nur die Ausweise, sondern kontrollierten auch die Taschen und durchsuchten die Anwesenden nach Messern und Drogen. „Einige Hundert Polizisten waren zusätzlich im Einsatz“, sagte Einsatzleiter Carsten Höfler – sowohl im Streifenwagen als auch zu Pferd.

Der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn betonte, dass man zur Normalität zurückkehren müsse. Solange die Polizei aber mit dieser Stärke auftrete, sei die Stadt weit davon entfernt.

Ein gesellschaftliches Problem

Alle Täter seien unter 25 Jahre alt, berichtete Thomas Berger, Vizepräsident der Stuttgarter Polizei, in einem „FAZ“-Interview. Er leitete den Polizeieinsatz in der Krawall-Nacht zum 21. Juni.

Seit Jahren würden sich im Stuttgarter Schlossgarten viele Flüchtlinge, Deutsche mit Migrationshintergrund, aber auch Deutsche, die sich die Clubs nicht leisten können, treffen. „Das ist ja nicht gerade die Prosecco-Zone Stuttgarts“, schilderte der Polizei-Vize. Auch wenige militante Linksextremisten hätten sich unter den Mob gemischt. Von einem politisch organisierten „Krawall“ geht er jedoch nicht aus.

Klar sei, der Umstand, dass sich „ein Mob aus jugendlichen Straftätern“ unkontrolliert durch die Stadt bewegt, dürfe sich nicht wiederholen. Wie sich überhaupt Hunderte Menschen so schnell bei den Ausschreitungen solidarisieren konnten, dafür hat die Polizei bislang keine Erklärung. Sicher sei, dass das Verhalten einiger „von einem hohen Maß von Enthemmung und Frustration“ geprägt sei.

Dass wegen der corona-bedingten Club-Schließungen auch Leute aus der Eventszene dabei waren, die die Ausschreitungen „aus Sensationsgier“ gefilmt haben, sein kein neues Phänomen. Aber die Analyse der gesellschaftlichen Probleme müsse die Politik leisten, das sei keine Polizeiaufgabe.

Zur Kritik am Vorgehen der Polizei, die Feiernden Flaschen aus der Hand geschlagen haben sollen und dem Vorwurf, dass ein Polizist in einem Video von „Kanaken“ spricht, sagte Berger: „Wir haben nichts falsch gemacht. Wir mussten uns unserer Haut erwehren.“

Einige Kollegen hätten sich in ihrem Leben bedroht gefühlt durch die Angriffe. Zwar dürfe der Begriff „Kanaken“ nicht zum Sprachgebrauch von Polizisten zählen, aber in einer solchen Situation seien Polizisten „auch nur Menschen und keine Übermenschen“.

Rückblick

Hunderte Menschen hatten in der Nacht zum Sonntag (21.6.) in der Stuttgarter Innenstadt randaliert und Polizeibeamte angegriffen. Bei den gewalttätigen Ausschreitungen wurden die Einsatzkräfte mit Flaschen und Steinen beworfen. Mindestens 19 Polizeibeamte wurden den Angaben zufolge verletzt, zahlreiche Geschäfte wurden geplündert.

Insgesamt wurden nach Polizeiangaben zwölf Einsatzwagen beschädigt, bis hin zum Totalschaden. Bei 40 Ladengeschäften wurden Schaufenster beschädigt oder zerstört. Neun Geschäfte wurden geplündert. Erst nach Stunden hat sich die Lage beruhigt. Insgesamt waren rund 280 Polizisten im Einsatz.

Stuttgarts Polizeipräsident Franz Lutz sprach insoweit von einer „nie dagewesenen Dimension offener Gewalt gegen Polizeibeamte“.

33 Tatverdächtige – 11 in Untersuchungshaft

Nach Polizeiangaben wurden 33 Tatverdächtige identifiziert. Elf davon befinden sich in Untersuchungshaft.

Bereits am 24. Juni ermittelten die Beamten einen 21-Jährigen, der Schaufenster beschädigt und Polizisten geschlagen haben soll. Zwei Tage später erkannten die Ermittler einen 19-Jährigen am Hauptbahnhof wieder. Ihm wird vorgeworfen, einen Streifenwagen und Schaufenster beschädigt zu haben. Zusätzlich stießen die Ordnungshüter auf einen 18-Jährigen, der sich an Plünderungen beteiligt haben soll. „Diese drei Tatverdächtigen wurden nach Abschluss der polizeilichen Maßnahmen auf freien Fuß gesetzt“, heißt es von der Polizei.

Zudem gab es eine Wohnungsdurchsuchung am Freitag (26.6.). Der 18-jährige Tatverdächtige, der nicht anwesend war, stellte sich im Laufe des Samstags der Kriminalpolizei. Weiterhin wurden drei Tatverdächtige im Alter von 17 bis 19 Jahren festgenommen. Im Laufe des heutigen Tages werden zwei Tatverdächtige dem Haftrichter vorgeführt. Die Ermittlungen dauern nach Auskunft der Stuttgarter Polizei an.

(Mit Teilen von dts/afp)



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