Prozess um „Cyberbunker“ in Rheinland-Pfalz beginnt

Die Angeklagten sollen über ein Datenzentrum in einem alten Bundeswehr-Bunker Kriminellen Schutz gewährt haben, damit diese ihre Webseiten ohne Zugriff vom Staat betreiben konnten.
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Polizeibeamte sichern das Gelände eines ehemaligen Bundeswehr-Bunkers. Dort wurde ein Rechenzentrum für illegale Geschäfte im Darknet ausgehoben. Foto: Thomas Frey.Foto: THOMAS FREY/AFP/Getty Images
Epoch Times17. Oktober 2020

Vor dem Landgericht im rheinland-pfälzischen Trier beginnt am Montag der Prozess gegen acht mutmaßliche Cyberkriminelle, die in einem ehemaligen Bunker in Traben-Trarbach ein Rechenzentrum für illegale Webseiten im Internet und im Darknet betrieben haben sollen. Die Anklage wirft ihnen unter anderem Beihilfe zu mehr als 249.000 Straftaten sowie Beihilfe zur versuchten Computersabotage vor.

Im Prozess wird es vor allem um die Frage gehen, ob die Angeklagten von dem illegalen Verhalten ihrer Kunden wussten und ob sie es durch den Betrieb des Cyberbunkers förderten. Denn der Betrieb eines Rechenzentrums, das illegale Seiten hostet, sei grundsätzlich nicht strafbar, erklärten die Ermittler kurz nach einer Razzia im Bunker im September 2019.

Datenzentrum soll Kriminellen Schutz vor staatlichen Zugriffen gewährt haben

Die Angeklagten im Alter zwischen 25 und 60 Jahren sollen sich zu einer kriminellen Vereinigung zusammengeschlossen haben. In wechselnder Beteiligung sollen sie zwischen Juni 2013 und September 2019 in ihrem Datenzentrum kriminellen Kunden gegen Geld Schutz vor staatlichen Zugriffen gewährt haben. Der überwiegende Teil der angeklagten Beihilfen dreht sich um Drogenhandel.

Hauptangeklagter ist der Niederländer Herman X., der laut Anklage als Kopf der Gruppe gilt. Er soll den ehemaligen Bundeswehrbunker in Traben-Trarbach 2013 über eine Stiftung gekauft und dort mit drei weiteren Angeklagten das Rechenzentrum aufgebaut haben. Die weiteren Angeklagten seien später hinzugekommen.

Plattform verkauften Drogen im Wert von mehreren Millionen Euro

Zu den Kunden des sogenannten Cyberbunkers sollen bis zu ihrer Abschaltung große Darknetmarktplätze wie „Cannabis Road“ oder „Wall Street Market“ gehört haben. Auf letzterer Plattform seien im Tatzeitraum Drogen im Wert von über 36 Millionen Euro verkauft worden. „Wall Street Market“ galt als weltweit zweitgrößter Marktplatz für Drogen und gefälschte Dokumente. Dort seien mindestens 2,6 Tonnen Marihuana, 160 Kilogramm Kokain sowie zahlreiche weitere Drogen verkauft worden.

Auch das Onlineforum „Fraudsters“ soll zu den Kunden gehört haben. Die Gruppe um X. soll für dieses Forum Beihilfe zu über tausend Straftaten geleistet haben, darunter unter anderem Datenhehlerei und Drogenhandel. Weitere Kunden seien beispielsweise der Darknetmarktplatz „Flugsvamp“ sowie das Internetportal „Orange Chemicals“ gewesen.

Angriff auf Telekom-Router 2016

Im November 2016 soll ein groß angelegter Angriff auf Router der Deutschen Telekom über Server aus dem Rechenzentrum in Traben-Trarbach gesteuert worden sein. Auf den Servern des Cyberbunkers entdeckten die Ermittler eine Liste mit fast 6.600 Darknetwebseiten.

Dabei habe es sich um Bitcoinlotterien sowie Darknetmarktplätze für Drogen, Waffen, Falschgeld, Mordaufträge und Kinderpornografie gehandelt. Einem Medienbericht zufolge sollen die mutmaßlichen Täter einen Server an die rechtsextreme Identitäre Bewegung vermietet haben.

Sieben der acht Angeklagten sitzen seit der Razzia in Untersuchungshaft. In dem Prozess vor der ersten großen Jugendkammer sind Verhandlungstage bis Ende 2021 angesetzt. Zwei der Angeklagten galten zum Tatzeitpunkt noch als Heranwachsende. (afp)



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