Schwerin: Angriff auf Maskottchen „Jimmy“ – Vandale oder politkorrekter Fanatiker am Werk?

Mit deutlichem Unmut, aber auch großer Hilfsbereitschaft reagierten Bürger auf einen Fall von Vandalismus in der Schweriner Werderstraße. Ein Unbekannter hatte am Donnerstagmorgen das schwarze Maskottchen „Jimmy“ zerstört, das seit 1993 ein Café zierte.
Jimmy von Schwerin. Screenshot FB
Der Schweriner "Jimmy" wurde zu Weihnachten offenbar ein Opfer von Vandalismus.Foto: screenshot/Facebook
Von 27. Dezember 2019

Seit 1993 werden Gäste der „Pension Café Karina“ in der Werderstraße, die vom Schloss in Richtung Norden verläuft, von Maskottchen „Jimmy“ begrüßt. Die Kunststofffigur stellt einen dunkelhäutigen jüngeren Mann, möglicherweise einen Touristen, dar, der – adrett in Anzug mit Krawatte, Hut und Stecktuch gekleidet – Zeitung lesend auf einem Stuhl vor dem Eingang sitzt. Manchmal war an diesen Stuhl auch ein Informationsschild gelehnt, das darüber Auskunft gab, ob in der Pension in innenstadtnaher Lage noch Zimmer frei wären.

Am Donnerstagmorgen (26.12.) erlebten die Betreiber des Beherbergungsbetriebes eine böse Überraschung: Wie sie auf Facebook dokumentierten, hatte eine noch nicht identifizierte Person kurz nach zwei Uhr am 2. Weihnachtsfeiertag die Figur stark beschädigt – insbesondere wurde der obere Teil des Schädels mit Hut abgetrennt.

Große Hilfsbereitschaft bei Schweriner Bürgern

In der Täterbeschreibung ist die Rede von einer Person von etwa 1,85 Meter Größe mit kräftiger Statur. Der mutmaßliche Täter habe dunkle Jeans, Jacke und Basecap sowie ein helles Shirt sowie „wahrscheinlich blaue Turnschuhe mit heller Applikation“ getragen, außerdem eine Brille, teilt Geschäftsführerin Antje Peters mit. Eine Anzeige wurde erstattet.

Der Vandalenakt hat nicht nur bei der Betreiberin der Gaststätte selbst Ärger hervorgerufen. Die Figur gehörte für viele Schweriner, insbesondere aus der Werdervorstadt, zum Straßenbild und diente auch als Orientierungshilfe für Besucher. Erst vor kurzem war das Maskottchen neu bemalt worden. Eine Neubeschaffung wäre nach Angaben der Pensionsbetreiber nicht machbar gewesen, da Figuren dieser Art in lebensnaher Größe nicht mehr produziert würden.

Bürger der Stadt boten den Geschädigten Hilfe bei der Suche nach einem möglichen Restaurator an. Am Ende gelang es, nachdem ein junger Passant nachts die Scherben eingesammelt und die Figur provisorisch wieder aufgestellt hatte, „Jimmy“ wieder weitgehend zusammenzusetzen. „Allerdings wird er einen weiteren Sturz wohl nicht mehr so einfach überstehen“, schreibt Antje Peters auf Facebook.

 
Warum erfolgt gerade jetzt ein Übergriff – nach 26 Jahren?

Das Motiv des Übergriffs auf die Figur nach 26 Jahren, in denen sie unbehelligt geblieben war, ist noch völlig unklar. Neben alkoholgestützter Zerstörungswut als möglichem Beweggrund wäre auch politischer Fanatismus ein mögliches Motiv. So könnte die einen Afro-Europäer darstellende Figur ein rotes Tuch für einen rassistisch gesinnten Vandalen dargestellt haben. Auf der anderen Seite könnte sich aber auch ein politisch korrekter Fanatiker provoziert gefühlt haben.

In jüngster Zeit häuften sich nicht zuletzt in sozialen Medien Shitstorms gegen Unternehmen und Veranstalter, die seit Jahr und Tag den „Mohren“ in ihrer Firmenbezeichnung oder in ihrem Logo führen. Zum Ziel entsprechender Anfeindungen wurden beispielsweise die Unternehmen Sarotti, Julius Meinl, die „Mohren-Apotheke“ oder das „Eisenberger Mohrenfest“.

In den meisten Fällen reichen die Bezeichnungen in die Kolonialzeit zurück – oder wie im Fall der „Mohren-Apotheken“, die den Beitrag der Mauren zur Pharmazie würdigen sollen, in die frühe Neuzeit. Während die von Überlegungen der „politischen Korrektheit“ geleiteten Kritiker dieser Namen oder Symbolfiguren dahinter eine Pflege „rassistischer Klischees“ oder eine Verharmlosung des Kolonialismus wähnen, weisen die Nutzer auf die Tradition hin und darauf, dass die dunkelhäutigen Maskottchen von den Kunden einhellig als Sympathieträger wahrgenommen würden.

Dies scheint auch im Fall von „Jimmy“ eindeutig der Fall gewesen zu sein. Zudem wendet sich die Pension in der Schweriner Werderstraße an ein internationales Publikum – wie auch die zweisprachige Webseite zeigt.



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