Frau im Hochzug vor zahlreichen Fahrgästen vergewaltigt – Tipps zur Zivilcourage

Während der Vergewaltigung einer Frau in einer Hochbahn in Philadelphia, schauten mehrere Fahrgäste zu oder weg. Der Fall wirft Fragen zur Lage der Gesellschaft auf. Doch was hätten die anderen Reisenden tun können? Antworten geben entsprechende Programme für aktive Zivilcourage.
Titelbild
Ein Polizist auf einem Bahnsteig in Pennsylvania.Foto: Mark Makela/Getty Images
Von 18. Oktober 2021

„Es zeigt, wo wir in der Gesellschaft stehen und wer so etwas zulassen würde. Es ist also beunruhigend“, sagte Timothy Bernhardt, Polizeipräsident von Upper Darby (Delaware County) nach einem Vorfall, der sich am Mittwochnacht, 13. Oktober, gegen 22 Uhr, in einer Hochbahn der Southeastern Pennsylvania Transportation Authority (SEPTA) auf der Linie Market-Frankford (MFL) in der Nähe der 69th Street in Richtung Upper Darby ereignet hatte. Eine Frau wurde vergewaltigt. Doch die näheren Begleitumstände des Verbrechens sind genauso schlimm.

Fehlende Zivilcourage

Während sich der Täter an seinem – laut Polizeiermittlungen ihm unbekannten – Opfer verging, griff keiner der anderen Fahrgäste ein, um der Frau zu helfen, keiner tätigte den Notruf 911. Stattdessen filmten Leute sogar noch, wie sich der Mann über die Frau hermachte, wie der „Philadelphia Inquirer“ berichtet. Bisher ist unklar, mit welchem Hintergrund das geschah – möglicherweise auch zu Dokumentationszwecken. Polizeichef Bernhardt kann die Gleichgültigkeit der anderen anwesenden Menschen nicht verstehen: „Meiner Meinung nach hätten viele Leute eingreifen müssen, jemand hätte etwas tun müssen“, sagte er in einem Statement.

Erst als ein Mitarbeiter der MFL bemerkte, was sich da im U-Bahn-Abteil abspielte und einen Notruf absetzte, wurde der Täter beim Halt am nächsten Bahnhof noch auf frischer Tat von Beamten der SEPTA überwältigt, wie SEPTA-Sprecher Andrew Busch in einer Erklärung angab. Das Opfer wurde zur Behandlung in ein nahegelegenes Krankenhaus gebracht. Der Angreifer war der Frau völlig unbekannt. Busch machte auch bekannt, dass es im Zug zur Zeit des Verbrechens noch andere Passagiere gab, „die Zeugen dieser schrecklichen Tat waren“. Laut dem Sprecher hätte die Tat „möglicherweise früher gestoppt werden können“, wenn jemand sofort den Notruf 911 angerufen hätte.

Der Vorfall wurde von den Überwachungssystemen der Bahn aufgezeichnet. Laut „NBC Philadelphia“ war Superintendent Bernhardt geschockt, nachdem er das Filmmaterial gesichtet hatte und die Untätigkeit der anderen Fahrgäste gesehen hatte. Er gab bekannt, dass man daran arbeite, „jeden zu identifizieren, den wir zu dieser Zeit auf dem El ein- und ausgehen sahen“.

Was könnten Beobachter tun?

Nach Angaben von „Philadelphia Inquierer“ veranstalte Quabbin Mediation in Massachusetts, ein Programm namens „Training Active Bystanders“. Sharon Tracy, Direktorin der Organisation, erklärte, dass ein Eingreifen davon abhänge, wer man sei, wie die Situation aussehe und wie groß die Gefahr sei. Tracy nennt mehrere Möglichkeiten, aktiv einzugreifen:

„Sprechen Sie die Situation direkt an, indem Sie dem Belästiger sagen, dass er aufhören soll.“ „Rufen Sie um Hilfe.“ Man könne den Notruf anrufen, „wie es laut Polizei die Fahrgäste im Zug hätten tun sollen“. Man könne auch andere Personen rufen, die Autorität in der Situation hätten oder sich „Verbündete rekrutieren“, andere Zeugen etwa, so Tracy, die auch rät, andere anwesende Personen zu Aktionen zu delegieren.

Andere Programme, wie sie auch von Universitäten für ihre Studenten angeboten würden, um sexuelle Gewalt, Mobbing und andere Belästigungen zu bekämpfen, wie „Green Dot“ oder „Hollaback!“, rieten, von der Situation abzulenken. Man solle versuchen, die Situation zu unterbrechen, ein Gespräch anzufangen, nach einer Wegbeschreibung fragen oder sich körperlich in den Weg zu stellen, einen Aufruhr verursachen, in dem man etwas fallen lasse oder laut werde.

Wichtig sei auch, das Geschehen mit dem Handy für Dokumentationszwecke aufzuzeichnen, für spätere Identifikationen durch die Polizei. Dies könne vor allen dann eingesetzt werden, wenn es zu unsicher sei, auf andere Weise einzugreifen, rät „Hollaback!“ und weist darauf hin, niemals derartige Videos ohne Erlaubnis der verletzten Person online zu stellen.

Laut Sharon Tracy von Quabbin Mediation könne man auch in einer Gruppe Schaulustiger rufen: „Hey, was ist hier los?“ – was andere auch ermutige und die Hemmschwelle zum Handeln in der Gruppe senken könne. Wenn man sonst nichts tun könne, könne man auch im Nachhinein die betroffene Person unterstützen, mit ihr sprechen, erklärte Tracy, sie fragen, ob man irgendetwas tun könne oder sie zu ihrem Zielort begleiten könne. Auch „Hollaback!“ rät dazu, sich anschließend um die attackierte Person zu kümmern, sich zu ihr zu setzen und ihr zu helfen, einen Bericht des Geschehens zu verfassen.

Was über den Verdächtigen bekannt ist

Wie unter anderem „CBS Philadelphia“ berichtet, handelt es sich bei dem festgenommenen Mann um den 35 Jahre alten Fiston Ngoy, laut Bernhardt vermutlich ein Obdachloser. Der Mann ist derzeit im Delaware County Gefängnis untergebracht und wird, den Gerichtsakten von Delaware County nach, wegen Vergewaltigung, schwerer Körperverletzung und weiterer damit zusammenhängender Anklagepunkte angeklagt. Die Kaution wurde auf zehn Prozent von 180.000 US-Dollar festgelegt.

Den Unterlagen der Justiz nach soll Ngoy bereits 2015 im Delaware County wegen Drogenbesitz verurteilt worden sein. Zwei weitere polizeiliche Eintragungen existieren von 2020 und Anfang 2021, wo es zu erneuten Verhaftungen des Mannes gekommen war, unter anderem wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, Schwarzverkauf von Fahrkarten und Trunkenheit in der Öffentlichkeit. Außerdem ist in den Unterlagen ein Aliasname von Fiston Ngoy aufgeführt: Fiston Mukombola.



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