„Himmelsauge“ – traditionelle Lebensart und Weltsicht der Chinesen

Neuer Gedichtband der chinesischen Dichterin Xu Pei erschienen
Titelbild
Sie lebt in Deutschland und schreibt ihre Gedanken über die Welt, China und die Menschen: Dichterin Xu Pei. https://dr.xu-pei.de. (Foto: privat)
Epoch Times8. Januar 2008

Ein Himmelsauge
hat jeder
aber nur wenige kennen es
die meisten wissen nicht
einmal davon
Viele indische Frauen
malen sich an seiner Stelle
einen Punkt
Diejenigen, die dieses Auge erlangen
sehen Dinge, Menschen
und Ereignisse
aus anderen Zeiten und Räumen
Hellseher oder Propheten
werden sie genannt

Mit 50 ähnlichen Gedichten wie „Ein Himmelsauge“ möchte die chinesische Dichterin Xu Pei den westlichen Lesern die traditionelle chinesische Lebensart und Weltsicht zeigen. Im Interview mit Epoch Times Deutschland sprach sie über die Gedichte im alten und heutigen China. Von den gesellschaftlichen und politischen Aspekten erklärte Xu über die Hintergründe der Entwicklung der Gedichte. Kritisch gegenüber vielen Medienberichten aus China, sieht die Dichterin es als ihre „Aufgabe, die Menschen über die tatsächliche Lage in China zu informieren“.

ETD: Sie nennen Ihren neuen deutschen Gedichtband „Himmelsauge“. Das klingt geheimnisvoll. Eine chinesische Exildichterin schreibt auf Deutsch, das macht neugierig. Was wollen Sie Ihren Lesern vermitteln?

Xu: „Himmelsauge“ ist mein fünfter Gedichtband, mit dem ich den Lesern die traditionelle chinesische Lebensart und Weltsicht zeigen möchte. Das habe ich auch in den anderen Gedichtbänden wie „Schneefrau“ versucht.

Meine Vorbilder sind chinesische Dichter, die entweder Taoisten oder Buddhisten sind. Zum Beispiel, Li Bai ist Taoist und Du Fu ist Buddhist. Ihre Gedichte sind auch ins Deutsche übersetzt worden, nur durch die Auswahl und Übertragung der westlichen Sinologen geht der Sinn ihrer Gedichte halb verloren.

Seit Anfang des letzten Jahrhunderts haben die kommunistische Partei Chinas, bzw. die linken Intellektuellen mit Marxismus, Leninismus und Stalinismus die chinesische Kultur aus Buddhismus, Taoismus und Konfuzianismus diffamiert und zerstört. Als Chinesin, die erst in Maos Kulturrevolution auf die Welt kam, habe ich in Rotchina wenig von der eigenen Kultur mitbekommen. Erst durch mein Promotionsstudium in Deutschland kam ich dazu, die chinesische Kultur kennen zu lernen und das kommunistische Verbrechen zu erkennen.

So fühle ich mich berufen, die chinesische Kultur den Lesern zu präsentieren und damit dem kommunistischen Regime Widerstand zu leisten.

ETD: In „Himmelsauge“ ist von „Nächstenliebe“ die Rede. Das ist ja ein Begriff aus der christlichen Kultur.

Xu: „Nächstenliebe“ ist von der Sprache her aus der christlichen Kultur. Aber in der chinesischen Kultur existiert sie vom Sinn her auch, sie heißt nicht Bo Ai (Nächstenliebe), sondern Ren Ai.

Ren bedeutet Güte, Ai bedeutet Liebe. Ren ist das erste von den fünf konfuzianischen Prinzipien, Ren Yi Li Zhi Xin, sie bedeuten auf Deutsch Güte, Aufrichtigkeit, Anstand, Gelehrsamkeit und Ehrlichkeit, und man soll sich nach ihnen richten.

Ich benutze das Wort Nächstenliebe, um die gleiche Bedeutung auszudrücken. Ich lebe seit Ende 1988 im Westen. Die christliche Kultur hat mich auch beeinflusst und ich möchte auf die Gemeinsamkeiten, die gleichen Grundwerte, wie die Nächstenliebe, hinweisen.

ETD: Der deutsche Schriftsteller, Dichter und Sinologe Wolfgang Kubin hat kürzlich in einem Interview mit Epoch Times Deutschland gesagt, dass die Leserschaft in China hohe Erwartungen hat an die chinesischen Autoren; sie erwartet Antworten auf lebenswichtige Fragen, (die sie nicht bekommt). Wie erleben Sie die deutsche Gesellschaft: Gibt es da auch so eine Neugier auf das, was die Dichter sagen und schreiben?

Xu: In der chinesischen Tradition sind die Dichter wie die Prediger im Westen dazu berufen, den Menschen die lebenswichtigen Fragen zu erklären. Das kommunistische Regime aber hat diese Tradition zerstört, die Gegenwartsautoren in China sind kommunistisch ideologisiert und terrorisiert. Wie können sie diese Aufgabe erfüllen?

Ich bedaure, dass ich nicht in China veröffentlichen kann. Gott sei Dank gibt es jetzt das Internet, wo man mich von China aus lesen kann, auch wenn man dafür zuerst die kommunistischen Blockaden durchbrechen muss.

Ich fühle mich als Dichterin in Deutschland wohl, ich genieße die Freiheit, die man in Rotchina nicht hat. Dichten ist eine Berufung, und ich dichte, ohne darauf zu achten, ob es Leser gibt. Glücklicherweise gibt es Menschen in Deutschland, die nach dem Sinn des Lebens suchen, und meine Gedichte könnten ihnen einen Hinweis geben.

ETD: Wie W. Kubin sagt, taugt die Gegenwartsliteratur in China nichts; damit fällt er ein sehr negatives Urteil über die Schriftsteller der Gegenwart. In China darf man anscheinend frei heraus sagen, was man denkt, aber nicht schreiben.

Xu: Unter der kommunistischen Diktatur gibt es weder freie Informationen, noch Gedankenfreiheit, es fehlt die Voraussetzung für Kreativität. Die Schriftsteller der Gegenwart in China sind Opfer des kommunistischen Systems. Aber die chinesischen Exilschriftsteller haben durchaus hervorragende Werke zustande gebracht. Die Mao-Biographie von Chang Jung zum Beispiel. Auch der Nobelpreisträger Gao Xingjian hat das Leben und die Leiden der chinesischen Schriftsteller unter dem Regime zum Ausdruck gebracht. Es gibt auch andere gute Schriftsteller und Werke, die leider noch nicht ins Deutsche übersetzt worden sind.

ETD: Auf Ihrer Webseite ( http://dr.xu-pei.de/ ) findet sich eine eigene Rubrik „Olympia“ mit Texten zu dem Thema der Olympischen Spiele 2008 in Peking. Sie glauben nicht, dass durch die Spiele eine Öffnung in China stattfinden wird. Warum?

Ich kenne die Geschichte der deutschen Nazis und der chinesischen Kommunisten, deshalb muss ich Heinrich Mann als Beispiel nehmen und aufrufen, die Olympischen Spiele 2008 zu boykottieren.

Hitler hat damals die Olympischen Spiele missbraucht, um sein Verbrechen zu tarnen. Das gleiche versucht das kommunistische Regime auch. Nach Außen hin will das Regime ein Wirtschaftswunder vortäuschen, damit es weiter westliche Investitionen erhält, gleichzeitig will es als Veranstalter der Olympischen Spiele der Bevölkerung gegenüber seine Macht legitimieren. Nach dem Massaker 1989, mit dem die Kommunisten die Demokratiebewegung niedergeschlagen haben, versucht das Regime eben die Bevölkerung mit Nationalismus zu manipulieren.

Hitler hat damals mit Hilfe von Leni Riefenstahl die Welt betrogen. Jetzt versucht das Regime auch mit Hilfe von Zhang Yimou und seines Gleichen die Welt hinters Licht zu führen.

Wie soll man glauben, dass eine Öffnung in China stattfinden kann, wenn es weder Pressefreiheit, noch Glaubensfreiheit gibt?

ETD: Wie werden Sie sich persönlich im August 2008 verhalten? Wie können sich all die Menschen, die den Spielen aus den genannten Gründen kritisch gegenüber stehen überhaupt dazu verhalten?

Xu: Ich werde mich bis zum letzten Moment darum bemühen, die Menschen über die authentische Lage in China zu informieren.

Meine Aufgabe ist nur, die Menschen zu informieren. Jedem ist die Entscheidung überlassen, was er macht, wenn er erfährt, dass das Regime unschuldige Menschen wegen Ihres Glaubens an Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Duldsamkeit als Organspender in Konzentrationslagern hält.

Ich hoffe, daß niemand nach Peking fliegt, sonst würde er den olympischen Geist beleidigen und das kommunistische Verbrechen unterstützen.

ETD: Danke für dieses Gespräch.

Text erschienen in Epoch Times Deutschland Printausgabe Nr.1



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