Kung Fu Kampfkunst – auf dem Weg des Tao

Titelbild
Kung Fu hat längst seinen Siegeszug um die Welt angetreten, wie hier in Sao Paulo, Brasilien, im Jahr 2013 zu sehen ist.Foto: YASUYOSHI CHIBA/AFP/Getty Images
Von 10. März 2014

Wer denkt beim Thema Kampfkunst nicht sofort an die Idole Bruce Lee, Jet Lee und Van Damme, an Filme wie „Tiger & Dragon“, „Once upon a time in China“ oder „Bloodsport“?

Nicht wenige bewundern die Szenen, Hintergründe und das Können der Akteure. Das blieb nicht ohne Folgen auf den Freizeitmarkt. Kampfkunstschulen, Seminare und neuerdings sogar organisierte Reisen nach China boomen, ins sagenumwobene Shaolin-Kloster, das vielen als die Wiege der Kampfkunst gilt.

Zurück bis Laotse

Eine Frage sollte der zukünftige Kampfsport-Schüler immer an den Anfang seiner Ausbildung stellen: Was will ich erreichen? Faszinieren mich die Ausstrahlung und die körperlichen Leistungen der Kämpfenden – dann geht es mir um Gesundheit und Wohlbefinden. Faszinieren mich die entscheidenden Sekunden vor einem Angriff oder das parieren einer Angriffsaktion  –  dann muss ich die psychologischen Welten – das Innere eines Kampfkünstlers erforschen. Legen wir die Ernsthaftigkeit des Lernenden zugrunde, so wird dieser Weg früher oder später zu dem Begriff des „Tao“ führen, der in den chinesischen Schriften bis auf Laotse (ca.6. JH. v. C.) zurückreicht. Dessen Tao Te King ist das Buch vom TAO und dessen Wirken [VGL. z.B. Laotse (1950) Das Buch von der großen Weisheit, übersetzt von Prof. Dr. André Eckardt].

Ich habe die Shaolin-Mönche früher als die vollkommensten Kampfkünstler bewundert. Was befähigt sie, so schnell, beweglich und stark zu sein? Nachdem ich eine große Schauvorführung gesehen hatte, war ich davon überzeugt, dass sie ein Geheimnis besitzen, das westlichen Kampfkünstlern verborgen bleibt. Der Name Shaolin gibt das Geheimnis nicht preis, denn Shao bedeutet „wenig, klein“ und Lin bedeutet „Wald“. Also Fehlanzeige, es musste weitergeforscht werden.

Wahre Shaolin-Mönche?

Was treiben die Mönche im Tempel? Oh – richtig, Tempel. Chinesische Tempel sind mystisch, umwoben von Sagen und Legenden. Das trifft besonders auf den Shaolin-Tempel in der Provinz Henan im Herzen Chinas zu. Bodhidarma gründete den Tempel, und genau hier entstand der Zen-Buddhismus, womit wir der Wahrheit schon näher kommen. Zen bedeutet Meditation, Ruhe, und tatsächlich, wahre Shaolin-Mönche meditieren täglich in Ruhe. Sollten sie dabei nach dem Tao suchen?

Bodhidarma hat neun Jahre lang meditierend vor der Wand gesessen, er kam zur Erleuchtung und hat den Tao erblickt, den er an sechs Generationen weiter gab. Genau sechs Generationen lang gab es Inhalt und Kraft in der Zen-Lehre, dies sprach Bodhidarma deutlich aus: „Nach der sechsten Generation wird es meine Lehre nicht mehr geben.“

Das ist für unsere Ohren verwunderlich, aber jeder Chinese kennt die Geschichte über die Weitergabe der Lehre, in der sich Huineng (638-713) und Shenxiu (606 ?-706), zwei Mönche der Tang-Dynastie (618 -907), um die Überlieferung rangelten. Huineng gewann und entfloh mit dem geistigen Schatz (Tao) des Zen in Richtung Süd-China. Dort sicher angekommen, gab er sich in der Öffentlichkeit als wahrer letzter Schüler des Zen zu erkennen.

Training, Training, aber kein Zen

Wenn man der Vorhersage von Bodhidarma Glauben schenkt, so ist die Essenz der Lehre mit Huineng gegangen. Heutzutage wird man beim Zen vor die Wand gesetzt und hofft auf Erleuchtung. In meinen Augen kann man lange warten, nichts wird passieren.

Also schon wieder Sackgasse, die Lehre nicht mehr da, und doch können die Shaolin in der Show Stockschlägen und Steinplatten widerstehen, die einen normalen Menschen bestimmt ins Koma bringen würden. Gibt es einen anderen Faktor, der durch Körpertraining zu erreichen ist? Treffer. Hier geht es um Qi.

Unter der Anleitung ihrer Lehrer schaffen es die Mönche nach langen Trainingsjahren, ihr Qi, also die Substanz, die in jenen Kanälen im Körper fließt, die wir auf den Meridian-Tafeln der chinesischen Medizin sehen, bewusst zu kontrollieren und zu steuern. Mit Konzentration lenken sie ihr Qi, in meinen Augen so real wie unser Blut und nur zu fein, als dass es mit normalen Augen zu entdecken wäre, gezielt an einen Punkt des Körpers. Dieser fühlt sich dann geschwollen an. Schon prasseln die Bambusstücke auf Arme und Beine, auch Steinplatten zerschellen auf dem Kopf.

Der Mönch widersteht, denn er hat eine „Kleidung“ an, die wir Zuschauer nicht sehen können und deren Fäden aus Qi gestrickt sind. Dies ist also durch Körpertraining in langen Jahren und mit einem guten Meister zu erreichen. So sind die weltreisenden Shaolin-Mönche wohl eher als gut trainierte Sportler als als Meister des Zen zu sehen.

Bei meinem Besuch im Shaolin-Tempel in der Nähe der Millionenstadt Laoyang in China fragte ich einen der echten Mönche: „Wie viele gibt es noch von euch?“ Seine Antwort: „Etwa ein Dutzend.“ So fragte ich: „Und wer sind dann die vielen Mönche weltweit auf Tournee?“ Er sagte tiefsinnig: „Ja, die haben auch unsere Kleidung an.“

Vor dem Shaolin-Tempel steht ein Baum. In seinem Stamm sind fingergroße Löcher zu sehen; ein Schild daneben erklärt: „Diese Löcher wurden von Mönchen aus alter Zeit mit den bloßen Händen und ihrem Kongfu hineingestoßen.“ Ich glaube das. Ich glaube auch, dass das heute kein einziger der Tournee-Mönche mehr schaffen könnte. Denn bei den Tourneen geht es offensichtlich mehr um Kommerz als um die Darstellung von wirklicher Kultur.

Ist etwa die Lage, hochkarätige Kampfkunst zu lernen, aussichtslos? Nein! Sicher ist, dass es auch im Westen Meister mit guter Körper- und Bewegungstechnik gibt – doch wer lehrt die Philosophie, die dahinter steht? In meinen Jahren als Karateka im Deutschen Karate Verband gab es viele Prüfungen, jede bestandene Prüfung bescherte dem Schüler einen Gürtel in einer anderen Farbe. Doch alle diese Prüfungen sind Prüfungen der Technik. Hat man alle Bewegungsformen und Katas (Schattenkämpfe) gelernt, dann hat man bestanden, technisch.

Der Tao ist die wahre Quelle

Karate wird aber auf Chinesisch „Kong Shou Dao“ genannt, übersetzt „Der Tao der leeren Hand“. Was ist nun dieses mystische „Tao“? Zen war ein Teil des Tao, alle Philosophien, Religionen und Künste sind ein Teil des Tao, vor allem auf geistiger Ebene. Es ist wohl so, je mehr ein Mensch vom Tao weiß, desto höher kann er auf der Leiter der Kampfkunst steigen.

Körpertraining gehört dazu, doch werden sich übernatürliche Fähigkeiten und wahre Befriedigung in der Kampfkunst erst einstellen, wenn man über den Tao die Quelle und den Sinn des Lebens gefunden hat. Man schaut in sich hinein und entdeckt Stück für Stück das Wahre.

Mögen die Kampfkunst-Filme für gut oder für schlecht gehalten werden, sie enthalten doch alle ein bisschen Wahrheit des Tao. Wenn die Trickszenen und Inhalte auch von unserer jetzigen Realität abweichen, so öffnen sie doch ein neues Tor zum Nachdenken. Gleichzeitig hat man auch noch einen riesengroßen Spaß, all dies mit anzusehen. Nicht wenige machen sich dadurch auf den Weg des Tao, früher oder später finden sie ihn, hier oder dort – oder in einer Neuen Epoche.



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