Chinas KP diffamiert den Deutschen Richterbund

Menschenrechtspreis für Zheng Enchong sei „eine reine Erfindung“
Von 19. Juli 2006

12. Juli 2006 Shanghai – um 23 Uhr kam der 56-jährige Shanghaier Rechtsanwalt Zheng Enchong nach zweistündiger Anhörung durch die Polizei nach Hause. Seine Ehefrau Jiang Meili musste noch zwei Stunden länger in der Polizeistation bleiben. Ihre Wohnung wurde inzwischen von der Polizei durchsucht und verwüstet. Akten, Manuskripte, Computer und etwa 170 Visitenkarten wurden beschlagnahmt. Das ist schon die dritte „Anhörung“ innerhalb der ersten Wochen nach der Freilassung von Zheng Enchong im Juni dieses Jahres. Diesmal wurde seine Frau auch nicht verschont. „Sie möchten Enchongs Mund zuhalten“ so die Ehefrau Jiang Meili.

Das drei Jahre währende schwere Leben im Gefängnis konnte den Mut und den Willen des Rechtsanwalts, sich für Menschenrechte in China einzusetzen, nicht brechen. Zwar wurden ihm nach der Freilassung weiterhin für ein Jahr die politischen Rechte entzogen, schweigen möchte er jedoch nicht. „Ich habe vieles zu sagen“ so der mutige Rechtsanwalt beim Interview mit der Zeitung The Epoch Times gleich nach seiner Freilassung.

Vor drei Jahren wurde Enchong kurz nach dem Haftantritt des Immobilienhändlers Zhou Zhengyi festgenommen und anschließend wegen „Preisgabe von Staatsgeheimnissen an ausländische Stellen“ zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Immobilienhändler Zhou Zhengyi, der reichste Mann in Shanghai, wurde im Juni 2003 von Zheng Enchong im Namen der Familien verklagt, die wegen Neubauten zu Umsiedlungen gezwungen waren. Dieser Fall war politisch sehr heikel, weil mehrere „sensible“ Personen und hohe Funktionäre betroffen waren, wie der ehemalige Shanghaier KP-Vorsitzende Huang Ju (seit 2002 ist er Mitglied des Politbüros) und der gegenwärtige KP-Vorsitzende von Shanghai Chen Liangyu. Gegenüber den Medien entlarvte Enchong viele Details über Korruption im Umfeld des Falles Zhou Zhengyi.

Am 10. Juli forderte er in einem offenen Brief an Chinas Präsidenten Hu Jingtao und Ministerpräsident Wen Jiabao die chinesische Regierung auf, Zhou Zhengyi nach Hongkong auszuliefern, weil er dort vor Gericht gestellt werden sollte. Zhou Zhengyis Ehefrau wurde schon vom Gericht in Hongkong zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt. Zhou wird von der Hongkonger Polizei per Fahndung gesucht.

„Die Polizisten waren oberflächlich sehr nett, in der Tat versuchten sie uns zu bedrohen und zu verlocken. Wir wurden besonders davor gewarnt, den jetzigen KP-Vorsitzenden von Shanghai, Chen Liangyu, zu kritisieren. Kritik an Huang Ju wurde aber geduldet.“ erklärte Jiang Meili, Enchongs Ehefrau, letzte Woche gegenüber der Zeitung The Epoch Times. Laut Informationen hat das Politbüromitglied Huang Ju in dem Machtkampf inzwischen verloren. Huang ist einer der Vertrauten des ehemaligen Präsidenten Jiang Zemin.

Der Deutsche Richterbund – eine Anti-China-Organisation

Als Rechtsanwalt hatte Enchong innerhalb von zehn Jahren über 500 Familien vertreten, die im Zuge des Aufbaus des modernen Shanghai zur Umsiedlung genötigt wurden. Sein Mut und berufliches Ethos stehen bei seinen Kollegen in Deutschland in hohem Ansehen. Er erhielt im Dezember 2005 den Menschenrechtspreis des Deutschen Richterbundes. In China verlor er aber wegen seines Einsatzes für die Gerechtigkeit seinen Anwaltstitel und schließlich auch drei Jahre seiner Freiheit. Im Vorfeld des Urteilsspruches wurde auch noch öffentlich ein schlechtes Image aufgebaut. In der Propaganda wurde er als ein „gefälschter Anwalt“ und „Betrüger“ gebrandmarkt.

Die Verleihung des Menschenrechtspreises des Deutschen Richterbundes im Dezember 2005 an Zhen Enchong hat Chinas Regime offensichtlich sehr verärgert. Die chinesische Botschaft in Berlin hatte auch versucht, in Berlin auf den Deutschen Richterbund Druck auszuüben. Der Ehefrau des Anwalts wurde außerdem die Ausreise aus China zur Entgegennahme des Preises verweigert. Diese Aufgabe übernahm Frau Shen Ting aus Hongkong, die Angehörige einer Familie, die Zheng Enchong als Anwalt vertreten hatte. Frau Shen Ting wurde im Vorfeld der Preisverleihung in Berlin vom deutschen Bundespräsidenten Horst Köhler empfangen.

„Ich erfuhr von der Ehre des Menschenrechtspreises erst am 15. April 2006 durch einen Brief meiner Frau. Eine Woche vor meiner Freilassung wurde ich mehrmals von Regierungsfunktionären unter Drohungen aufgefordert, auf diesen Preis zu verzichten. Als ich sie fragte, ob dieser Preis gegen die Charta der Vereinten Nationen oder die chinesische Verfassung verstoße, konnten sie mir keine Antwort geben“ schrieb Zheng Enchong am 16. Juni 2006 an den Bundespräsidenten Köhler, die Bundeskanzlerin Merkel sowie den Deutschen Richterbund.

In einer neuen Runde von Propaganda gegen den Rechtsanwalt wurde der Menschenrechtspreis als „eine reine Erfindung“ bezeichnet. Der Empfang von Enchongs Mandantin Frau Sheng Ting sei auch erdichtet und der „sogenannte“ Deutsche Richterbund nur eine kleine Nichtregierungsorganisation, sie sei gegen China gerichtet. Das wurde in der Parteisitzung zur „Bewahrung der Fortschrittlichkeit der Partei“ in Shanghai im Video gezeigt, so bestätigte die Ehefrau Jiang Meili.

„Es ist so unerfassbar, dass das KP-Regime den Deutschen Richterbund als „Anti-China-Organisation“ bezeichnet. Als letztes Jahr im November der KP-Vorsitzende Chinas Hu Jintao dem deutschen Bundespräsidenten Köhler die Hand schüttelte, da war Deutschland noch ein Freund Chinas. Einen Monat später ist man schon gegen China, nur weil man den Preis an Enchong verliehen hat? Ich fürchte, das gibt sogar einen diplomatischen Konflikt.“ äußerte sich Sheng Ting gegenüber der Zeitung The Epoch Times.

„Die neue Verleumdungsflut zeigt die Angst des Regimes vor seiner herausragenden Persönlichkeit und seinem dadurch entstehenden Einfluss. Sie haben Angst, dass Enchong ein zweiter ‚Gao Zhisheng’ werden könnte.“ so Frau Sheng Ting.  

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