Die Olympia-Akte zur Erfassung Andersdenkender

Um bei den olympischen Spielen unliebsamen Störungen vorzubeugen, wurden in Shanghai Polizeieinheiten gebildet, die potentielle Demonstranten in ihren Wohnungen aufsuchen, Videoaufzeichnungen machen und sie einschüchtern, in dem sie eine Unterlassungsverpflichtung unterschreiben müssen.
Titelbild
Da viele Chinesen bei den Behörden kein Gehör finden, beteiligen sie sich vermehrt an "unnormalen Petitionsaktivitäten", um auf erlittenes Unrecht aufmerksam zu machen. (Epoch Times)
Von 16. Mai 2008

Die Polizei kam zu mir nach Hause“, so Frau Wang aus Shanghai gegenüber dem amerikanischen Radiosender Radio Free Asia (RFA). „Sie sagten mir, dass wir uns nicht rechtswidrig versammeln und keine Parolen rufen dürften. Ich wies sie darauf hin, dass diese Mitteilung verfassungswidrig sei. ‚Was bedeutet „rechtswidrige“ Versammlung? Jeder Bürger verfügt laut Gesetz über Demonstrations- und Versammlungsfreiheit!‘ Doch ohne meine Fragen zu erwidern, zwangen sie mich, die Mitteilung zu unterschreiben“

Der regierungskritischen chinesischsprachigen Zeitung „Secret China“ wurde ein Dokument zugespielt: Eine offizielle Mitteilung des Amts für öffentliche Sicherheit der Stadt Shanghai und ein Begleitbrief. In der Mitteilung wird von den Empfängern verlangt, sich während des Olympischen-Fackellaufs in Shanghai und der Olympischen Spiele nicht zu versammeln, keine Parolen zu rufen und keine Transparente oder Klageschriften zu zeigen. Ansonsten würden sie von der Behörde für öffentliche Sicherheit strafrechtlich verfolgt.

Eine Petition einzureichen ist für viele Chinesen die einzige Hoffnung, für das ihnen widerfahrene Unrecht Beistand zu erhalten. Oft sind es die Verlierer und vom System Ausgegrenzten wie Falun Gong-Anhänger, Tibeter und Uiguren oder Personen, die an der Politik des kommunistischen Regimes Kritik üben. „Für alle ehemaligen Bittsteller wird eine Personalakte, eine so genannte „Olympia-Akte“, angelegt“, zitiert der Begleitbrief die interne Aussage eines Regierungsmitglieds. „Sie müssen die ihnen vorgelegte Mitteilung unterschreiben und diese wird dann in ihre Olympia-Akte aufgenommen. Außerdem sollen noch weitere „Schwarze Materialien“ (belastende Beweismittel) für die Personalakten gesammelt werden. Das ist eine von oben angewiesene politische Aufgabe.“

Laut diesem Brief wurden ab 1. Mai auf Anweisung des Sekretärs der Kommission für Politik und Recht der Kommunistischen Partei in Shanghai und der Regierung von Shanghai Arbeitseinheiten eingerichtet, die aus jeweils sechs bis 12 Polizisten bestehen und mit einer Videokamera ausgestattet sind. Entweder besuchen diese Einheiten die betroffenen Personen zu Hause oder sie laden sie zur Polizeistation vor, um sie über die Mitteilung aufzuklären und sie zur Unterschrift zu nötigen. Der gesamte Vorgang wird mit Videokamera aufgezeichnet.

Der amerikanische Radiosender Radio Free Asia (RFA) bestätigt in seinem Bericht vom 7. Mai diese Maßnahmen: „Viele haben eine Mitteilung bekommen, dass diejenigen, die während des Fackellaufes Parolen rufen oder auf andere Weise stören, festgenommen werden“, sagte Cheng Sen, einer der Betroffenen, dem Radiosender. „Das ist eine einheitliche Maßnahme der Stadtregierung. Alle, die in der Vergangenheit Petitionen eingereicht hatten, haben diese Mitteilung erhalten und ebenso Falun Gong-Anhänger. Viele haben unterschrieben, denn wer nicht unterschreibt, wird eingesperrt.“

Übersetzung der Mitteilung:

Mitteilung

Diese Mitteilung muss in Schanghai von allen potentiellen Demonstranten und denjenigen, die sich an "unnormalen Petitionsaktivitäten" beteiligt haben, unterschrieben werden. (Secret China)Diese Mitteilung muss in Schanghai von allen potentiellen Demonstranten und denjenigen, die sich an "unnormalen Petitionsaktivitäten" beteiligt haben, unterschrieben werden. (Secret China)

Bald werden in Peking die Olympischen Spiele stattfinden. Es ist das ehrenvolle Versprechen des chinesischen Volks gegenüber der Welt besonders charakteristische Olympische Spiele von hoher Qualität zu veranstalten. Es liegt in der Verantwortung der Regierung, die reibungslose Durchführung aller Wettbewerbe und Aktivitäten der Olympischen Spiele zu gewährleisten und es ist auch eine gesellschaftliche Pflicht, die jeder Bürger zu erfüllen hat. Die Behörde für öffentliche Sicherheit unserer Stadt wird dem Gesetz folgend ihre Aufgabe erfüllen und mit aller Kraft die Sicherheit und die gesellschaftliche Ordnung bewahren. Sie wird die sichere und erfolgreiche Durchführung des olympischen Fackellaufs durch Shanghai am 20. und 21. Mai und alle in Shanghai stattfindenden olympischen Wettbewerbe garantieren.

Unseren Informationen zufolge haben Sie schon einmal in Ihrem eigenen Interesse ein Anliegen bei der Petitionsbehörde eingereicht und auch schon an unnormalen Petitionsaktivitäten teilgenommen. Wir wünschen, dass Sie Ihre Anliegen während der Olympischen Spiele korrekt und gesetzmäßig zum Ausdruck bringen und die Olympischen Spiele nicht stören. Wir wünschen, dass sie auf der Strecke des Olympischen Fackellaufes, sowie während der Olympischen Spiele in der Umgebung des Olympia-Stadions, des Olympischen Dorfs und anderen Veranstaltungsorten der Olympischen Spiele keine der folgenden gesetzeswidrigen Handlungen tätigen:

1) Das Versammeln oder Laufen in Gruppen, das laute Rufen von Parolen, das Hochhalten von Transparenten, Klagebriefen oder anderen Gegenständen, die die Olympischen Wettbewerbe und -Aktivitäten stören könnten;

2) den Verkehr zu behindern oder zu blockieren sowie Verkehrsmittel rechtswidrig aufzuhalten, wodurch die reibungslose Durchführung der Olympischen Wettbewerbe und -Aktivitäten behindert wird;

3) jegliche Verbreitung von Gerüchten mit der Absicht, die öffentliche Ordnung zu stören;

4) alle sonstigen Handlungen, die die öffentliche Ordnung stören und die durch das Gesetz ausdrücklich verboten sind.

Diejenigen, die eine der oben genannten Taten begehen, werden nach der Verordnung für öffentliche Sicherheit bestraft oder nach dem Strafgesetz verfolgt.

Dies wurde Ihnen hiermit ausdrücklich mitgeteilt.

Datum:

Überbringer der Mitteilung:

Empfänger der Mitteilung:

Zeuge:



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