Ethnischer Kampf der Uiguren in China weitet sich global aus

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(Peter Parks/AFP/Getty Images)
Von 23. Juli 2009

Die Nachrichten vom Angriff auf muslimische Wanderarbeiter in einer Spielzeugfabrik in Südchina, bei dem es wenigstens zwei Tote gab, brauchten nur wenige Minuten, um die 3.000 Meilen in ihr Heimatland, die autonome uigurische Region, bekannt als Xinjiang, zurückzulegen. Zehn Tage später führte der darauf folgende Aufstand in Urumqi, der Hauptstadt von Xinjiang und größten Stadt in ganz Zentralasien, zu 156 Toten und 1.500 Verhafteten.

Die chinesische Regierung reagierte nicht nur schnell und brutal auf die Demonstration, sondern versuchte auch, die gesamte Region abzusperren und unterbrach alle internationalen Verbindungen und den Zugang zu globalen Medien. Sie berichteten jedoch viel über den Aufstand in ihren eigenen staatlichen Fernsehsendern und ließen ausländische Journalisten im betroffenen Gebiet zu.

Sympathieproteste flammten nicht nur in den traditionell für Unruhen bekannten Städten Kashgar und Khotan auf, sondern auch im weit entfernten Holland, in München und Istanbul, wo eine große Anzahl von Uiguren vor den chinesischen Botschaften demonstrierte.

Die chinesische Regierung hat Rebiya Kadeer, einer muslimischen amerikanischen Immigrantin, wie auch internationalen Organisationen mit Sitz in Washington DC, München und London vorgeworfen, den Aufstand von dort aus zu lenken. Gleichzeitig bereitet die US-Regierung die Entlassung der 17 verbliebenen Uiguren aus Guantamo, Cuba auf die winzige Insel Palau vor (nachdem bereits mehrere andere nach Bermuda und Albanien verbracht worden sind).

Vom Südpazifik bis zur Karibik, bis nach Südchina und bis ins Herz Zentralasiens, bis in die Großstädte im Westen hat eine vorher unbekannte Gruppe von Muslimen in einem abgelegenen Teil Chinas die Aufmerksamkeit der Welt auf sich gezogen. Die neuen Medien wie Twitter, Skype, YouTube und Video und Text-Messages haben diese disparaten Völker und Orte wie noch nie zuvor verbunden und so vielleicht zu der ersten weltweiten „ethnischen Pandemie“ beigetragen. Die Ereignisse in Urumqi sind in ganz China und auf dem gesamten Globus bekannt geworden und haben so die Aufmerksamkeit auf ein kleines muslimisches Volk gelenkt, von denen die meisten vorher noch nichts gehört hatten.

Ein Rückblick

Nach Jahrzehnten eines Bürgerkrieges kam die Region, die unter dem Namen Ostturkestan bekannt war, im Jahre 1949 unter chinesische Kontrolle, als sie von der PLA „friedlich befreit“ wurde. Zu der Zeit betrug die Han-Bevölkerung ungefähr 5 Prozent und die Uiguren stellten die große Mehrheit. Die unkontrollierte Einwanderung der Han-Chinesen, die sowohl als Facharbeiter als auch als ungelernte Arbeiter bei der Jobvermittlung bevorzugt wurden, hat die einheimischen Uiguren an den Rand gedrängt, besonders die jungen Uiguren der arbeitenden Bevölkerung. Weil sie zu Hause keine Arbeit finden konnten und auch nicht ins Ausland gehen durften, mussten sich viele dieser Uiguren Arbeit irgendwo in China suchen. Das führte zu einer Rivalität, wie man sie kürzlich in der Xuji Spielzeugfabrik in Shaoguan, Guangdong beobachten konnte.

Einige glauben, dass man diese Verbreitung an der Grenze hätte stoppen können. Der Aufstand ähnelt weniger den Unruhen in Tibet von 2008 als vielmehr den Rodney King Ausschreitungen von 1990 in Los Angeles (als bei einer brutalen Polizeiaktion, bei der Afro-Amerikaner zusammengeschlagen wurden, sich eine Welle von Gewalt ausbreitete) und ist der schlimmste Gewaltausbruch in Xinjiang seit der Gründung der Volksrepublik China, die in diesem Jahr ihren sechzigsten Jahrestag feiern wird.

Er hat nichts mit Separatismus, Terrorismus oder islamischer Religion zu tun. Jedoch unterscheidet China nur wenig zwischen Separatisten, Terroristen und Bürgerrechtsaktivisten – ob es nun Uiguren, Tibeter, Taiwanesen oder Falun Gong Anhänger sind.

Diesem „Massenaufstand“ ging eine tödliche Attacke auf uigurische Arbeiter voraus, wie oben schon erwähnt. Sie wurde ausgelöst durch einen unbeabsichtigten Schrei einer Han-Chinesin, die nun zugibt, dass sie sich erschreckt habe, als sie bemerkte, dass sie irrtümlicherweise in die Schlafräume der Männer gegangen war. Dies führte zur Ausbreitung des falschen Gerüchts, dass Uiguren zwei Han- Chinesinnen vergewaltigt hätten.

Zwei Han-Arbeiter, aufgebracht darüber, dass über 800 Uiguren aus Xinjiang bei der Jobvergabe in der Fabrik bevorzugt worden waren, verbreiteten dieses Gerücht. (Mit Hilfe eines vom Staat geförderten besonderen Beschäftigungsprogramms arbeiten nun in etwa 1,5 Millionen ethnischer Minderheiten in Guangdong). Doch die unterschwelligen ethnischen Spannungen in Xinjiang, die einen fruchtbaren Boden für eine derartige wütende Reaktion bildeten, werden nicht so leicht abgebaut werden können.

In den vergangenen 50 Jahren hat die chinesische Regierung versucht, durch aktive politische Förderungsmaßnahmen in diesem Gebiet der Minderheit und durch strenge Kontrollen die Region, die unter dem Namen Osttürkei bekannt war, als „harmonischen Teil der Volksrepublik China“ zu integrieren. Die letzte Volkszählung, die in der uigurischen autonomen Region Xinjiang durchgeführt wurde, hat ergeben, dass die ungefähr 8,4 Millionen Uiguren zwar noch eine knappe Mehrheit in ihrem eigenen Land besitzen aber dass die Anzahl der Han-Chinesen auf 38 Prozent angestiegen ist. (Die Anzahl der Uiguren beträgt 42 Prozent.)

Was jedoch Bildung, Gesundheit und Sterblichkeit angeht, liegen die Uiguren in der Lebensqualität weit hinter den Han-Chinesen zurück und es geht ihnen sogar noch schlechter als den meisten anderen muslimischen Gruppen in der Region. (Es gibt noch sieben weitere offizielle muslimische Minderheiten in Xinjiang, davon über eine Million Kasaken und 500.000 Hui-Chinesen neben Kirgisen, Uzbeken, Tsaziken und anderen.)

Trotz der außergewöhnlichen Umwandlung der Region dank der Entwicklung der Infrastruktur und
wirtschaftlicher Investitionen mit dem Ziel, die großen Mineral- und Ölvorkommen zu nutzen und die Region noch mehr in China zu integrieren, ist das uigurische Volk davon überzeugt, dass es nicht so viel davon profitiert wie die Massen der Han-Immigranten, die in „seinem“ Heimatland leben. Die virusartige Ausbreitung dieses Konflikts lässt vermuten, dass die globalen Kommunikationen nicht nur ein stärkeres Bewusstsein für diese Region fördern, sondern vielleicht sogar die zu Grunde liegenden Probleme verschärfen.

Die Spannungen zwischen den Uiguren und Han-Chinesen in Xinjiang brodeln schon seit Jahrzehnten, aber die Rezession in Chinas Wirtschaft als Teil der globalen Finanzkrise hat weiteren Druck erzeugt, weil sich die Uiguren in ihrem eigenen Land diskriminiert fühlen. Die Tatsache, dass die Proteste ursprünglich in Urumqi begannen, wo der Bevölkerungsanteil der Uiguren nur 12, 8 Prozent beträgt und der der Han-Chinesen 75,3 Prozent, ist schon bezeichnend; denn vorher fanden die meisten gewaltsamen Ereignisse in in den südlichen Städten wie Kashgar, Khorla und Khotan statt, in denen die Uiguren in der Überzahl sind. Wegen der Abgelegenheit und Unzugänglichkeit dieser Städte, die durch große Wüstengebiete und hohe Berge voneinander getrennt sind, erreichten nur selten Nachrichten über sie die Welt. Nun allerdings, dank der weit verbreiteten Verfügbarkeit elektronischer Medien, besonders in den Großstädten wie Urumqi, können die Uiguren ihren Zorn zum Ausdruck bringen und Sympathie in der ganzen Welt suchen.

Eine Form von Pandemie

Alle Pandemien haben drei Aspekte: den Initialvirus, den Überträger und einen verfügbaren Wirt. Die viralen Vorbedingungen für diese Epidemie sind große Arbeitslosigkeit, fehlende Chancengleichheit, ungleiche Besitzverteilung und ethnische Diskriminierung. Die neuen Medien, die eine rasche globale Ausbreitung ermöglichen, stellen viele verschiedene Übertragungsverfahren bereit, sowohl für korrekte als auch für falsche Informationen.

Die verfügbaren Wirte sind nun durch eine aktive und immer besser erreichbare uigurische Diaspora, für die ihr Volk wichtig ist und die Veränderung für ihr Heimatland erreichen will, auf der ganzen Welt verteilt. Nach Schätzungen gibt es ungefähr 1 Million Uiguren außerhalb Chinas, von denen die Mehrheit auf Zentralasien, die Türkei, Saudi-Arabien, Europa, Australien, Kanada und die Vereinigten Staaten verteilt ist.

Unter der Führung von Rebiya Kadeer spricht die uigurische Gemeinde von Washington DC aus mit vereinter Stimme. Dem Beispiel der tibetischen Regierung im Exil folgend hat diese Gemeinde mit Unabhängigkeit nichts zu tun haben wollen, größere Autonomie und friedliche Lösung der Konflikte unterstützt und Gewalt und radikalen Islam abgelehnt.

Nach den Aufständen in Tibet im letzten Jahr erkennt die Welt allmählich, dass Xinjiang vielen Problemen gegenübersteht, die mit der Hoheitsgewalt und der Herrschaft Chinas zusammenhängen.
Sie erkennt auch, dass diese Probleme weniger mit religiösen Konflikten zu tun haben als vielmehr mit sozialer Gerechtigkeit, ethnischen Verhältnissen und Chancengleichheit.

Durch die neuen Medien lassen sich alle überall erreichen und darum wird es unmöglich sein, diese ethnische Pandemie daran zu hindern, sich in China und auf der ganzen Welt zu verbreiten. Nachrichten und Meldungen aus dem Volk verbreiten sich weiter durch Twitter aus China heraus trotz der Bemühungen der Regierung, die Verbreitung zu verhindern. Die Regierung muss ein Heilmittel finden, nicht, indem sie die neuen Medien ausschaltet, sondern indem sie sich um die Klagen ihrer Bevölkerung kümmert und für ein allgemeines Wohlergehen Sorge trägt.

Gladneys letztes Buch heißt Dislocating China: Muslims, Minorities and other Subaltern Subjects.
Er ist Präsident des Pacific Basin Institute am Pomona College.

Originalartikel (englisch): http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/19589/

(Peter Parks/AFP/Getty Images)
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