Olympia und soziale Verantwortung

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Dissident Liu Xiaobo wurde in China zu 11 Jahren Haft verurteilt.Foto: The Epoch Times
Von 16. Februar 2010

Die Olympischen Spiele in Vancouver haben begonnen – die in Peking sind mittlerweile schon zwei Jahre her. Trotzdem sind die Spiele im Reich der Mitte noch immer ein Thema und sie werden wohl aufgrund der dort herrschenden Menschenrechtslage auch noch längere Zeit im Blickfeld der Weltöffentlichkeit stehen.

Auch am Anfang dieses Jahres ging ein Appell an die Teilnehmer der Olympischen Spiele von 2008, sich persönlich für die Freilassung des chinesischen Dissidenten Liu Xiaobo einzusetzen. Initiator und Mitverfasser dieses Appells ist Pfarrer Michael Kleim, der die Teilnehmer der damaligen Olympischen Spiele und die Vertreter des Sports „…in einer besonderen Verantwortung sieht. Dabei geht es nicht um eine allgemeine politische Streitfrage, sondern um die Wahrung von Menschlichkeit und elementaren Grundrechten“, heißt es in diesem Aufruf.

Der Appell wendet sich an Sportler, Trainer und Sportfunktionäre und wird unter anderem von namhaften Sportjournalisten, von Tienchi Martin-Liao, Vorsitzende des Unabhängigen Chinesischen Schriftstellerverbandes und der Regisseurin Freya Klier unterstützt. Die Epoch Times sprach mit Pfarrer Michael Kleim.

Epoch Times: Herr Kleim, warum haben Sie diesen Appell ausgerechnet an Sportler gerichtet?

Michael Kleim: „Weil die Olympiade 2008 mit der Begründung an China vergeben wurde, die Situation der Menschenrechte dort ernster zu nehmen. Ich denke, dass die Anforderungen, die eine Olympiade an ein Land stellt, nicht nur in Bezug auf die Sportstätten und Rahmenbedingungen erfüllt werden müssen, sondern auch in Bezug auf die Normen der Demokratie und Menschenrechte.

Wenn man jetzt – zwei Jahre später – die Situation betrachtet, sind diese verständlichen Erwartungen enttäuscht worden. Für Repressionen Menschen gegenüber, die doch nichts anderes fordern als Religionsfreiheit und Meinungsfreiheit, Trennung von Gericht und Staat und die mit brachialen Urteilen mundtot gemacht werden, ist Liu Xiaobo ein sehr prägnantes Beispiel für die derzeitigen Umstände in China.

Deshalb möchte ich die Sportler an die Verantwortung erinnern, die sie haben, nämlich ihren Blick auf das Land auch nach den Olympischen Spielen weiter zu behalten. Zum zweiten denke ich, dass die Sportler eine Stimme haben, die die Mächtigen in China vielleicht eher wahrnehmen und ernst nehmen als die Stimme von NGOs oder die von westlichen Politikern.

Epoch Times: Sie haben ja auch den Deutschen Olympischen Sportbund und das IOC aufgefordert, diesen Appell an die Sportler weiterzuleiten…

Kleim: Ja, das ist richtig. Ich habe den Appell an den DOSB und den IOC gesandt mit der Bitte, diesen Appell an die Sportler weiterzuleiten, um den Sportlern persönlich die Entscheidung zu überlassen, ihre Verantwortung wahrzunehmen oder eben auch nicht. Meiner Meinung nach sind Sportler eben nicht nur Sportler, sondern auch Bürger mit einer eigenen Meinung. Ich denke, Sportler sind ja auch ein Spiegel der sonstigen Gesellschaft.

Epoch Times: Welche Reaktionen gab es bis jetzt vom DOSB, dem IOC oder von Sportlern?

Kleim: Eine formale Reaktion gab es bis heute nicht. Es gibt viele Unterstützer bis jetzt, teils auch sehr namhafte Sportler und Sportjournalisten wie zum Beispiel Ines Geipel, die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte, Volker Beck als Menschenrechtsbeauftragter der Grünen, sehr viele DDR-Bürgerrechtler; aber auch von chinesischer Seite gab es Unterstützung. Daher finde ich es sehr befremdlich, dass vom DOSB und dem IOC überhaupt keine Reaktion erfolgte.

Epoch Times: Hatten Sie eine konkrete Erwartung, als Sie diesen Appell verfassten, speziell an die Sportler oder den IOC oder den DOSB?

Kleim: Ich hatte schon die durchaus verständliche Erwartung, dass sie dieses Anliegen ernst nehmen. Die Olympische Bewegung hat die Vergabe der Olympiade an China, die übrigens damals auch sehr umstritten war, mit einer zu erhoffenden Besserung der Menschenrechtslage begründet. Zwar war damals Tibet bei so manchem zuerst im Blick, doch denke ich, die Wahrung der grundlegenden Menschenrechte überhaupt ist da natürlich der unterste Sockel.

Ich muss sagen, ich hatte schon erwartet, dass die Olympische Bewegung die eigenen Ansprüche, die sie damals hatte, auch ernst nimmt, sich selber diesbezüglich ernst nimmt und unseren Appell ernst nimmt und diesen zumindest punktuell auch aufnimmt. Ich hatte schon erwartet, dass der IOC und der DOSB so neutral sind, es dann auch weiterzuleiten. Ich hatte keine Massenbewegung erwartet, aber doch schon einzelne Reaktionen.

Epoch Times: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kleim.

Das Gespräch führte Steffen Andritzke

 



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