Rechtsanwälte in China schutzlos vor Regierungswillkür

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(The Epoch Times)
Von 1. Juni 2009

Am 13. Mai machten sich zwei Rechtsanwälte aus Peking auf den Weg zu ihren zwei Klienten in Chongqing. Sie wollten mit ihnen den medizinischen Untersuchungsbericht erörtern, der über den plötzlichen Tod des Vaters ihrer Klienten angelegt worden war. Bei ihrer Ankunft wurden sie von zwanzig Polizisten umringt. Die Rechtsanwälte Li und Zhang wurden zur nächsten Polizeistation gezerrt, wo sie mit Handschellen gefesselt und fast sechs Stunden lang geschlagen wurden. Man legte ihnen keine Schriftstücke, keinen Gerichtsbeschluss, keinen Haftbefehl, keine Erklärung vor – nichts.

Es handelte sich um Anwalt Li Chunfu von der Internationalen Anwaltskanzlei Peking und Anwalt Zhang Kai von der Peking Yijia Anwaltskanzlei, sie wollten ihre Klienten Jiang Hong und Jiang Ping in Chongqing besuchen.

Nach ihrer Entlassung aus der Polizeistation setzten die beiden Rechtsanwälte ihre persönlichen Erfahrungen auf die Webseite von Chongqing. Sofort erhoben Rechtszirkel in Peking, zu denen hauptsächlich Menschenrechtsanwälte und Rechtsexperten gehören, ihre Stimme zum Protest gegen die Brutalität gegenüber den beiden Rechtsanwälten. Am 14. Mai gab die China Human Rights Lawyers Concern Group in Hong Kong eine Protestnote heraus. Viele Anwälte übermittelten ihre Unterstützung in offenen Briefen für Li und Zhang und verurteilten die ungesetzlichen Aktionen der Polizei. Zwei Gruppen von Rechtsanwälten vereinbarten ein dringendes Treffen mit dem Präsidenten des Verbandes chinesischer Rechtsanwälte (All China Lawyers Association, ACLA) und verlangten vom Verband den Schutz der Rechte von Li und Zhang.

Keine offiziellen Reaktionen

Am 17. Mai fand in Peking wie geplant ein Forum statt, das die amtliche Zulassung zur jährlichen Anwaltsprüfung zum Thema hatte. Bei dieser Gelegenheit diskutierten die Justizprofessoren, die am Forum teilnahmen, den Fall in Chongqing. Zwanzig Rechtsanwälte hielten zum Schluss des Forums ein Spruchband mit ihrem Protest hoch. Danach fuhren immer mehr Anwälte nach Chongqing, um den Rechtsanwälten dort ihre Unterstützung anzubieten und um Klage gegen die örtlichen Behörden einzureichen. Westliche Medien, auch die Epoch Times, berichteten ausführlich über den Fall. Ein großer Teil der chinesischen Bevölkerung hat das Thema aufmerksam verfolgt und die Rechtsanwälte unterstützt.

Verglichen mit der umgehenden Reaktion der Anwaltsgemeinde, der Medien und der chinesischen Gesellschaft, haben die chinesischen Behörden nur langsam auf den Fall reagiert.

Am 20. Mai fuhren die Rechtsanwälte Pi, Generalsekretär Li Bingru, Han Minjiang vom Anwaltsverband in Peking und Feng Xinquan von der Pekinger Justizabteilung nach Chongqing, um die Rechtsanwälte zu bitten, nach Peking zurückzukehren, um „Druck auf die Chongqinger Behörden“ zu vermeiden. Bis zum heutigen Tage sind weder von den Behörden in Chongqing noch von den Behörden in Peking Nachforschungen eingeleitet worden. Die Polizisten und Offiziere, die die Anwälte geschlagen haben, beobachten und verfolgen die Rechtsanwälte weiterhin und bedrohen deren Klienten. Es gibt nicht das geringste Zeichen für Zurückhaltung seitens der Polizei.

Falun Gong und der Rechtsstaat

Der Schlüssel zum Verständnis für das, was in Chongqing geschah und warum es geschah, ist in dem Fall zu sehen, den die beiden Rechtsanwälte in Chongqing übernommen hatten. Der verstorbene Jiang Xiqing praktizierte Falun Gong. Er wurde am 13. Mai 2008 verhaftet, genau ein Jahr, bevor die Rechtsanwälte von den Polizisten geschlagen wurden. Man schickte ihn ohne Gerichtsverhandlung für zwei Jahre in ein Arbeitslager. Am 28. Januar wurde er für tot erklärt. Er hatte drei gebrochene Rippen. Der Offizier der Staatsanwaltschaft Chongqing erklärte Jiangs Sohn, dass die gebrochenen Rippen die Folge einer versuchten Wiederbelebung nach einem Herzanfall seien. Jiangs Familie jedoch beharrte darauf, dass er nie Probleme mit dem Herzen gehabt habe und vierundzwanzig Stunden zuvor, als sie ihn im Arbeitslager besucht hatten, noch ganz gesund gewesen sei.

Die Polizei, die die Anwälte schlug, ohne befürchten zu müssen, dass Nachforschungen angestellt und sie vielleicht bestraft werden, war keine gewöhnliche Polizei. Sie unterstand direkt Wan Fenghua, dem Leiter des Büros 610 im Jiangjin Distrikt. Vor zehn Jahren war das Büro in Chongqing vom damaligen Chef der chinesischen Kommunistischen Partei, Jiang Zemin, speziell für die Verfolgung von Falun Gong eingerichtet worden. Ein anderer Polizeioffizier, der bei der Szene zugegen war, war Mu Chaoheng, der Leiter des Sicherheitsteams von Jianjins Amt für öffentliche Sicherheit, einer speziellen Polizeieinheit, die mit Falun Gong, Hauschristen, Dissidenten und demokratischen Aktivisten befasst ist. Sowohl Wan Fenghua als auch Mu Chaoheng haben ihre gegenwärtige Position seit zehn Jahren inne. Sie wussten genau, was sie taten, als sie die zwei Rechtsanwälte schlugen.

Machtmissbrauch als Staatsgeheimnis

Am 27. April 2007 unternahmen sechs Anwälte vor dem Mittleren Volksgericht von Shijiazhuang den bahnbrechenden und für sie in China äußerst riskanten Schritt, die Falun Gong-Praktizierende Wang Bo und ihre Familie zu verteidigen. Sie stützten ihre Verteidigung auf die Tatsache, dass die Verfolgung von Falun Gong keine rechtliche Basis hat. Falun Gong ist in China niemals „verboten“ worden. Das Ständige Komitee des Volkskongresses, der Oberste Gerichtshof und die Oberste Staatsanwaltschaft haben alle juristischen Anhänge im Strafgesetzbuch aufnehmen lassen, aber selbst wenn solche Anhänge als legitim angesehen werden, so ist in keinem von ihnen Falun Gong erwähnt. Die Verfolgung der letzten zehn Jahre beruht allein auf Jiang Zemins Reden, Briefen, internen Anweisungen, Aktennotizen und geheimen Parteidokumenten. Die meisten von ihnen fallen unter das Staatsgeheimnis.

Falls und immer wenn das Büro 610 und das Personal vom Sicherheitsdienst in Aktion traten, um Falun Gong zu verfolgen, mussten sie in den letzten zehn Jahren Chinas Gesetze missachten und gegen sie verstoßen. Und das haben sie in den vergangenen zehn Jahren getan!

Über Wan Fenghua wurde berichtet, dass er im Jahre 2001 für den Tod eines anderen Falun Gong-Praktizierenden, Zeng Fanshu, verantwortlich gewesen sei. Er wurde für dieses Verbrechen nicht bestraft, weil er wusste, dass die KP ihm beistehen würde. Leider zeigen die Reaktionen der Behörden in Chongqing und Peking, dass er mit dieser Annahme Recht hatte. Die Gewalteinwirkung auf die zwei Rechtsanwälte aus Peking am 13. Mai macht deutlich, dass er einmal mehr erwartet, für das Töten eines Praktizierenden nicht haftbar gemacht zu werden.

Warum schützt der Verband der Rechtsanwälte in Peking nicht die Rechte der Anwälte? In China ist der Verband der Rechtsanwälte keine autonome Organisation, die sich wirklich um die Rechte oder Interessen der Anwälte kümmert. Der Verband ist Teil einer Organisation des Regimes, um die Anwälte zu kontrollieren. ACLA steht auf der Webseite des Justizministeriums und steht unter der Aufsicht dieses Ministeriums. Die Satzung von ACLA besagt, dass der ACLA die Leitung des Justizministeriums anerkennt.

Vor nicht allzu langer Zeit starteten Rechtsanwälte aus Peking eine Kampagne, um ihre eigenen Führungskräfte in den Verband  der Rechtsanwälte Pekings zu wählen. Wegen ihrer Beteiligung an dieser Kampagne wurden die Anwaltslizenzen mehrerer Anwälte aufgehoben. Das Justizministerium arbeitet nicht unabhängig. Wie auch die anderen Bereiche des Justiz-Systems, wie das Ministerium für öffentliche Sicherheit, das Ministerium für Staatssicherheit, selbst der Oberste Gerichtshof und die Oberste Staatsanwaltschaft, sowie auch das Justizministerium werden von Parteiorganen kontrolliert, dem Politik- und Justizkomitee des Zentralkomitees der chinesischen KP (KPCh). So ist es kein Wunder, dass der Verband der Rechtsanwälte Pekings mit der Justizabteilung Peking eng zusammenarbeitet und er anstelle der verbrecherischen Polizei die Anwälte unter Druck setzt.

Der Fall von Prügel in Chongqing ist nicht der erste dieser Art. Am 13. April, einen Monat vorher, wurde der Pekinger Rechtsanwalt Cheng Hai in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan, geschlagen. Er war dort, um um den Fall des Falun Gong-Praktizierenden Tao Yuan zu betreuen.

In China gelten die Gesetze nicht für Falun Gong-Praktizierende. Diese Ausnahme stammt aus der Zentrale der KPCh. Die Nichteinhaltung der Gesetze beschränkt sich jedoch nicht auf Falun Gong. Laut der Aprilausgabe von Hong Kongs „The Trend Magazine“ wies der mit der Untersuchung über die Brutalität der Polizei befasste Bericht aus dem Jahr 2005 an das Zentralkomitee der KPCh darauf hin, dass der Grund für die Brutalität der Polizei „der Fehler in der Politik gegenüber Religionen sei“. „Die Verfolgung von Falun Gong 1999 gab dem Ministerium für öffentliche Sicherheit zu viel Macht.“

Das chinesische Volk hat auf den Vorteil eines Rechtsstaates gehofft, der ihnen lange unter der KPCh vorenthalten wurde. In den Landesgesetzen wurden Ausnahmen festgelegt, um die Verfolgung von Falun Gong zu ermöglichen. Sie schränken die Möglichkeiten für die Rolle ein, die Gesetz und Gerichte in Chinas Gesellschaft spielen könnten.

Originalartikel (englisch): http://www.theepochtimes.com/n2/content/view/17371/

(The Epoch Times)
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