Schadensbegrenzung à la KPCh

Oder: Wie die chinesische Kommunistische Partei die „Milchangst“ unter dem Volk besiegen will
Titelbild
Wer wagt den ersten Schluck? (AP Photo/Michael Probst)
Von und 4. Oktober 2008

Inzwischen geht es Schlag auf Schlag, Melamin-verseuchte Milchbonbons „White-Rabbit“ in Baden-Württemberg, Hamburg und Brandenburg. Ein Milchshake in einem Restaurant in der Steiermark, Milchpulver in Russland. In Taiwan gab das Gesundheitsministerium bekannt, dass geringe Mengen Melamin in Milchpulver von Nestlé nachgewiesen wurden. Eine weitere Firma in Thailand wollte als Vorsichtsmaßnahme 122 Tonnen Milchpulver nach China zurückschicken.

Baden-Württembergs Verbraucherminister Peter Hauk (CDU) warnte die Konsumenten vor Milchbonbons, Milchschokolade und sogar Frühlingsrollen. Auf der chinesischen Webseite der Pekinger Qualitätskontrollbehörde liest man dagegen folgende Meldung: „Laut Medizinexperten können die erhöhten Melamin-Konzentrationen Kindern eventuell schaden, für Erwachsene sind sie aber ungefährlich.“ Auf der gleichen Webseite findet man neueste Untersuchungsergebnisse, unter anderem ein Milchpulver für Erwachsene der Marke Sanlu mit stolzen 6.196 Milligramm Melamin pro Kilogramm. Bei dieser Menge hätte ein 60 Kilogramm schwerer Mensch, würde er 100 Gramm des Milchpulvers zu sich nehmen, den Grenzwert der WHO für Melamin um das 16 fache überschritten. Ein Kind, das 30 Kilogramm wiegt wäre bei einer Überschreitung um das 32 fache angelangt.

Jetzt wird öffentlich Milch getrunken …

Noch am 26. September war der Handelskommissar der Europäischen Kommission, Peter Mandelson im (unter dem Propagandaapparat der KPCh stehenden) Hongkonger Fernsehsender Fönix zu sehen. Er hält ein Glas chinesische Milch in der Hand, führt es zum Mund und trinkt. „Ich bin sehr berührt“, wird dazu Premierminister Wen Jiabao in den chinesischen Medien zitiert. Kommissar Mandelson habe ein Glas chinesischer Milch getrunken, „um sein Vertrauen chinesischen Produkten gegenüber zum Ausdruck zu bringen. Denn worauf er achtet, ist nicht die Gegenwart, sondern die Zukunft“. Die Sätze waren Teil seiner Rede auf dem Weltwirtschaftsforum der „New Champions“ in Tianjin, die er am selben Tag hielt, an dem das EU-Einfuhrverbot für Babymilch aus China in Kraft trat.

Chinesischen Bürgern freilich dürfte der demonstrative Auftritt Mandelsons eher sauer aufgestoßen sein. In Blogs wird er als „heuchlerischer Politiker“ bezeichnet. „Wenn er wirklich daran glaubt, dass die chinesische Milch kein Problem hat, dann sollte er dem chinesischen Volk laut sagen: Die Entscheidung der EU war falsch. Er sollte den jungen Müttern in Europa laut sagen, die chinesische Milch ist sicher, die chinesischen Milchprodukte sind sicher. Wagt er, das zu tun?“, lautet einer der Einträge im Internet.

Dass sich der Einsatz von Vorkostern zum Beweis der Unbedenklichkeit bewährt wusste man schon im alten Rom. Als im Jahr 2005 das Trinkwasser der Provinz Heilongjiang von giftigen Chemikalien verunreinigt war, musste Provinzgouverneur Zhang Zuo herhalten und eine Woche nach dem Vorfall im Fernsehen das erste Glas Wasser trinken. Damit sein Volk überzeugt sei, dass das Trinkwasser wieder sauber war. Und 2004, als nach der Vogelgrippe niemand mehr wagte, Hühnerfleisch zu essen, steckte sich der stellvertretende Gesundheitsminister Gao Qian im Fernsehen Hühnerschlegel in den Mund. Zwei Tage vor Mandelsons TV-Autritt als „Milchbube“ tranken “zur Bekämpfung der Milchangst“ der stellvertretende Bürgermeister Zhang Diankui und andere Parteifunktionäre der Stadt Shijiazhuang, in der sich das Nachfolge-Unternehmens von Sanlu befindet, jeder ein Glas Milch vor dem Volk.

doch nicht immer ganz freiwillig

Ins Internet ist eine interne Mitteilung an Parteifunktionäre durchgesickert. Eine Anordnung der Stadtregierung Jinin in der Provinz Shandong lautet: „Die Funktionäre und Beamten der Stadtverwaltung sollen Vorbild sein, um die herrschende Milchangst in der Gesellschaft zu beseitigen – und den Milchkonsum wieder ankurbeln.“ Die Beamten wurden angewiesen, von Freitag bis Montag täglich vier Tüten (227 g/pro Tüte) und von Dienstag bis Donnerstag zwei Tüten Milch zu kaufen. Bezahlen müssten sie für jede Tüte nur den Einkaufspreis von umgerechnet 12 Cent. Damit erreiche man einen Umsatz allein für den Stadtbereich von etwa 50 Tonnen. Dazu käme der Quotenkauf in den Kreisstädten. Insider gehen davon aus, dass die Anordnung von höherer Stelle ausging und nicht nur in Shandong, sondern landesweit in den Stadtregierungen ausgegeben wird.

Außerhalb Chinas laufen die Lebensmittel-Kontrollen derweil auf Hochtouren. Mehrere Ladungen „White-Rabbit“-Bonbons wurden auch in einem Cottbusser Großhandelsbetrieb vom Markt genommen. Verbraucherschützer fordern eine striktere Kennzeichnung von Lebensmitteln. „Dazu gehört vor allem, dass die Herkunft der wichtigsten Bestandteile klar angegeben ist“, sagte die Ernährungsexpertin des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Angelika Michel-Drees. Der aktuelle Fall zeigt nach ihrer Einschätzung deutlich, „wie viel kriminelle Energie im Lebensmittelbereich vorhanden ist“.



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