Was China vom Zusammenbruch des Kommunismus gelernt hat

Titelbild
Bewaffnete Volkspolizisten, die für die Sicherheit des Tiananmen-Platzes und der Verbotenen Stadt verantwortlich sind, versammeln sich für eine Zeremonie der Wachübergabe am 23. November 2009 auf dem Tiananmen-Platz in Peking.Foto: STR/AFP/Getty Images
Von 20. Januar 2010

1989 sahen sich die Führer der KPCh einer gefährlichen Herausforderung gegenüber, Revolutionen in den kommunistischen Ländern Osteuropas brachten die Regimes zu Fall, die Berliner Mauer fiel und die Sowjetunion brach auseinander.

Weil die KPCh hoffte, diesem Schicksal entgehen zu können, wurden akademische Institutionen damit beauftragt, herauszufinden, warum die kommunistischen Parteien die Kontrolle verloren hatten. Bücher und Berichte über diese Recherchen wurden mit einem Spektrum von Ansichten und Analysen in großer Zahl veröffentlicht. In einem Dokumentarfilm wurden die Ergebnisse dieser Forschungen im Jahre 2006 zusammengefasst. Er hieß „Wenn du im Frieden lebst, denke über Gefahr nach“ (ju an si wei).

Abkehr von Marxismus-Leninismus

Der Film arbeitet systematisch die Geschichte der kommunistischen Partei der Sowjetunion auf. Er beschreibt die Sowjetunion als großartiges sozialistisches Land, das der Welt Hoffnung gegeben hat. Er beschreibt Lenin als großartigen Führer, als Visionär und als liebenden Menschen, der sein Leben dem Kommunismus gewidmet hat. Im Film wird behauptet, dass Stalin immer noch ein großartiger Kommunist und Weltführer sei trotz der Fehler, die er begangen hat. Und es heißt, dass es die Anti-Stalin Kampagne Chruschtschows gewesen sei, die zu einer Ablehnung der Grundprinzipien des Marxismus und Sozialismus geführt habe und daraus hätten sich „ernsthafte Konsequenzen“ ergeben.

Im Film wird folgendermaßen argumentiert: „Man sollte besonders beachten, dass Gorbatschow den Marxismus-Leninismus und Sozialismus abgeschafft und durch ‚menschlich demokratischen Sozialismus’ ersetzt habe. Das sei die große Täuschung gewesen und sie sei noch gefährlicher als Jelzins unverhüllte Befürwortung des Kapitalismus. Weil die Sowjetunion die theoretische Basis des Marxismus-Leninismus verloren habe, war ihr Zusammenbruch unvermeidlich.“

Verlust der Kontrolle über Medien und Ideologie

Der Film zeigte im Detail auf, wie Bücher und Zeitungen über Demokratie, Kritik am Kommunismus und an der Regierung veröffentlicht werden durften und wie Anti- Kommunisten Zugang zu Radio und Fernsehen bekamen. Im Film kommt man zu dem Schluss: „Wenn man eine marxistisch-leninistische Partei führen will, muss man sich in den Gedanken und der Ideologie des Volkes durchsetzen, mit Entschlossenheit und tonangebend seine Partei leiten, und das Volk dazu bringen, im Gleichschritt zu marschieren, um den Zusammenhalt zwischen Volk und Partei zu gewährleisten. Wenn man nicht mehr tonangebend ist, wenn die Entschlossenheit schwindet, wie könnte die Partei dann weiter existieren?“

Mangelhafte Staatsführung und Führerschaft

Der Film beweihräuchert Lenin als „volksnah“, als jemanden, der für seine harte Arbeit für die Partei und das Land bekannt ist. Stalin wird ähnlich porträtiert als geschickt und entschlossen, die Nation unter der strengen Kontrolle des Kommunismus zu halten. Gorbatschow dagegen „hat nicht nur den Zusammenhalt mit der Partei zerstört, sondern auch ihren Untergang verursacht.“ Im Film wird behauptet, dass die Beziehung zwischen Partei und Volk so intensiv wie immer gewesen sei, aber dass sich dann die wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechtert hätten und Konflikte zwischen ethnischen Gruppen akut geworden seien. Unter Gorbatschow hätte das Volk sein Vertrauen in die Partei verloren und Millionen seien ausgetreten.

Korruption

Als Breschnew im Jahr 1968 an die Macht kam, war die Korruption außer Kontrolle geraten. Die Kinder privilegierter Klassen hatten ungehindert Zugang zu den besten Universitäten und erhielten nach ihrer Graduierung die besten Positionen. Solche Positionen waren nur durch Korruption zu bekommen.

Im Film wird dargestellt, dass „es bei der Auswahl und Beschäftigung der Kader schwere Verletzungen der leninistischen Prinzipien gibt. Die administrativen führenden Kader werden nicht nach ihrer Befähigung ausgesucht, sondern hinter der Bühne, mit Hilfe von Bekanntschaften und Familienbindungen. Alles basiert darauf, ob eine Person seinen individuellen Vorgesetzten gegenüber loyal ist.“

Um ihre Interessen zu schützen, opponierte die privilegierte Klasse gegen jede Art von Veränderung, die ihre Position gefährden könnte. Dazu gehörte Korruption innerhalb der Partei und der Gesellschaft als Ganzes. „Die privilegierte Klasse hat dem Ansehen der Partei ungeheuren Schaden zugefügt, soziale Kluften geschaffen und die sozialistische Moral untergraben“, heißt es im Dokumentarfilm. Die Kluft zwischen dem einfachen Volk und den privilegierten Klassen sei größer geworden.

Eine Meinungsumfrage aus der Zeit belegt, dass 85 Prozent der Bevölkerung glaubten, dass die kommunistische Partei der Sowjetunion nur die Interessen der Bürokraten, der Kader und der Regierungsbeamten vertrete.

Schwachstellen bei der Führerauswahl

Im Film heißt es, dass der „Demokratische Zentralismus“ zum Erliegen kam, als Kader ausgesucht wurden und dass Vetternwirtschaft an der Tagesordnung war. „Die Tendenz einer beabsichtigten Entwicklung von loyalen Kadern und die Bildung von Interessengruppen war sehr populär. Zu Breschnews Zeit ging es nicht in erster Linie um die Person, wenn man überlegte, ob ein Kader befördert werden sollte.“

Gorbatschow wird beschuldigt, die dunkle Seite der Partei übertrieben zu haben. Auch habe er geschickt verschiedene Titel eingeführt, um Leute zu ernennen, die er favorisierte und habe gravierende Personalveränderungen vorgenommen. „Vor allem ersetzte er die Kader, die gegen seine sogenannte ‚Reform‘ waren, durch Kader, die seine unüberlegte Verwestlichung unterstützten. ….In nur wenigen Jahren wurden 92,5 Prozent der Parteisekretäre in 150 Randgebieten und Gemeinden ersetzt.“

Im Film wird argumentiert, dass Gorbatschows „falsche“ Kaderpolitik ein „noch nie da gewesenes ideologisches Chaos in der Partei, der Regierung und den Armeekadern“ ausgelöst habe. Das habe dem Prestige der Partei enorm geschadet und darum die Beziehung der Führerschaft zu anderen Organen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion so sehr beschädigt, dass „keine Entscheidung außerhalb des Kreml mehr ankam.“

Mit einem Vokabular, das vor marxistischen Theorien und Termini nur so strotzt, wird im Film argumentiert, dass der mutmaßliche Verrat der Führer wie Jelzin und Gorbatschow den Untergang der Partei verursacht habe.

Die Doktrin einer ‚Friedlichen Evolution‘

Während die meisten westlichen Experten und Staatsführer über den plötzlichen Fall des kommunistischen Lagers schockiert waren, richtet der Film die größere Aufmerksamkeit auf die sogenannte Doktrin ‚friedliche Evolution‘, für die der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten, Richard Nixon, sich einsetzte, als er die westlichen Werte von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten, in deren Mittelpunkt das Interesse des Individuums steht, hervorhob, um mit der marxistischen Ideologie zu wetteifern. Auch Präsident Ronald Reagans Bemerkungen 1991 in London, dass „der letztendlich entscheidende Faktor nicht Atombomben oder Raketen seien, sondern der Kampf von Wille und Ideen“ erscheinen im Film zusammen mit seinem Schwur „den Marxismus auf den Müllhaufen der Geschichte zu verbannen.“

Im Film hört man: „Die erste Annäherung an Verwestlichung und Zersetzungsstrategien, die die Vereinigten Staaten und andere westliche Länder gegen die Sowjetunion vornahmen, waren folgende: Einsatz von Massenmedien, um ideologische Infiltration zu erreichen. Die Vereinigten Staaten richteten große Radiostationen ein, die in sechs Sprachen die ‚Errungenschaften‘ der westlichen Gesellschaft ausstrahlten, ihren Lebensstil und ihr Wertesystem Auch die BBC und die Deutsche Welle sendeten in 40 respektive 35 Sprachen.

Der Film beschuldigt die westlichen Länder, Menschenrechtsangelegenheiten zu benutzen, um sich einzumischen und die anti-kommunistischen Kräfte innerhalb der Kommunistischen Partei der Sowjetunion zu stärken. Es wird behauptet, dass die Regierung der Vereinigten Staaten sogar Menschenrechtsdiplomatie und ideologische und politische Infiltration miteinander verbinde, indem sie öffentlich Menschenrechtsangelegenheiten benutze, um sozialistische Länder unter Druck zu setzen. Nachdem das Helsinki-Abkommen im Jahre 1975 unterzeichnet war, benutzten westliche Länder seine Vereinbarungen, um die ‚politischen Dissidenten‘ in der Sowjetunion zu unterstützen. Diese Unterstützung erfolgte als finanzielle und materielle, aber auch als moralische und ehrenvolle Unterstützung.

Das Dilemma der Recherchen

Aus den Recherchen kann man mehrere Schlussfolgerungen ziehen. Die erste ist aus der Perspektive des Filmmachers die Schwierigkeit, die Rolle der sowjetischen Führer wie Stalin und Lenin akkurat zu bewerten, was noch behindert wurde durch die Propaganda der Kommunistischen Partei der Sowjetunion und Chinas selbst, die die Recherchen nicht in Frage stellen konnten noch es wagten. Die zweite ist die Natur der kommunistischen Herrschaft, die Parteimitglieder und Parteiführer dazu brachte, die Partei zu verlassen, weil sie sie sich nicht länger mit den unmenschlichen Praktiken der regierenden Partei identifizieren konnten. Die dritte ist der Mangel an Kontrolle und Ausgeglichenheit und die Einparteiendiktatur, die zu Vetternwirtschaft und Korruption führte. Beide gerieten außer Kontrolle. Wie viele Chinesen heute sagen: „Wenn wir die Korruption bekämpfen, wird die Partei untergehen. Wenn wir die Korruption nicht bekämpfen, wird die Nation untergehen.“ Die Frage ist: Falls die KPCh das Problem ist, wie kann sie dann die Lösung sein?

Originalartikel auf Englisch: What China Learned From the Collapse of Communism

 

 



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