Chinas Staatskapitalismus am Ende: Kann ein Crash die Systemreform bringen?

China steht vor einem Scherbenhaufen: Der Börsen-Crash hat seit Mitte Juli 3,5 Billionen Euro gekostet. Soviel an Wert verloren die börsennotierten Unternehmen in Peking und Shanghai.
Titelbild
Die Skyline von Shanghai wurde zum Symbol für Chinas märchenhaften Wirtschaftsboom.Foto: Johannes Eisele / AFP / Getty Images
Epoch Times7. August 2015

Es war einer der größten Zusammenbrüche in Chinas Geschichte. Und vermutlich erst der Anfang. Sowohl inländische wie ausländische Experten sehen den chinesischen Staatskapitalismus an seine Grenzen stoßen. Weil der Wettbewerb und damit das freie Spiel der Märkte fehlt, wird er nicht mehr unbegrenzt funktionieren können.

Staatskapitalismus hat in Wahrheit kaum mit echtem Kapitalismus zu tun, er findet gemeinsam mit planwirtschaftlicher Lenkung statt – hat also einige kontrollierte marktwirtschaftliche Elemente. In China sorgten diese Einflüsse als sie neuzugelassen wurden zu einem Anstieg des Wohlstands innerhalb kürzester Zeit. Doch weil der Markt sich nicht selbst regulieren darf – man fürchtet das Platzen der Blase – muss das Niveau künstlich hochgehalten werden.

Planwirtschaftliche Ziele

Der aktuelle 10-Jahresplan des Regimes wurde im Mai verabschiedet und heißt „Made in China 2025“ und sieht wie folgt aus: Zehn ausgesuchte Industrien sollen bis 2025 ganze 70% ihrer Kernkomponenten in China fertigen.

Die Betriebskosten sollen um 50% gesenkt werden. Die Zahl der Produktfehler soll sich halbieren.

Die Staatslenker wollen also weiterhin das Wachstum, die Inflation und die Produktivität steuern, doch das ganze ist nur eine Theorie. Chinas Realwirtschaft geht es derzeit so schlecht wie seit Jahren nicht. (Siehe: „Man kann die Rezession nicht neue Normalität nennen“)

„Man kann den Fortschritt nur begrenzt voraussehen und gleich gar nicht lenken oder gar planen“, warnte dazu der Enthüllungsautor Michael Grandt in einem Rundbrief. „Es gibt eben kein Drehbuch für den Wohlstand, auch wenn wir uns das wünschen mögen.“ Grandt, der für den Kopp-Verlag schreibt, warnt seit 2010 regelmäßig vor China-Investments.

Rettungsmaßnahmen am laufenden Band

Schon jetzt hangelt sich Peking von Rettungsmaßnahme zu Rettungsmaßnahme. Die Reaktionen auf den Börsen-Crash waren dafür symptomatisch: Der Handel mit bestimmten Papieren wurde ausgesetzt, Großanleger erhielten Verkaufsverbot, Wetten auf fallende Kurse wurden verboten, Banken wurden gestützt und der Versuch unternommen, die Kapitalflucht einzugrenzen.

Erschwerend kam hinzu, dass der Börsen-Crash durch Manipulationen verschlimmert wurde und Chinas Parkett längst ein Schauplatz parteiinterner Intrigen und Machtkämpfe ist. Ganz zu schweigen davon, dass Chinas Börse einen ganz fundamentalen Konstruktionsfehler hat: Sie wurde erschaffen um „die finanziellen Probleme der Staatsunternehmen zu lösen“. Da der Staat schlecht geführte und teils unrentable Unternehmen an die Börse schickte, um sie finanziell zu sanieren, können die Anleger langfristig nur verlieren, denn die Aktienpreise haben mit der realwirtschaftlichen Performance der Konzerne nichts zu tun … (Siehe: „So melkt das Regime die Anleger“)

Doch nicht nur Ausländer, auch Chinesen wünschen sich einen Systemwechsel: Im Februar 2014 forderten chinesische Wissenschaftler, Industrievertreter und Regierungsberater die Abschaffung der Planwirtschaft und die Einführung einer echten Marktwirtschaft. Freiheit wäre das einzige was hilft, war ihre Konklusio, gezogen auf dem Treffen der 50 führenden Köpfe der chinesischen Wirtschaft. Einem wirtschaftlichen Wandel müsste allerdings ein politischer Wandel vorangehen. Hier zwei ihrer Statments:

Regierung muss reformiert werden“

Immobilien-Tycoon Ren Zhiqiang, CEO des Pekinger Unternehmens Hua Yuan:

„Wenn man von Reform redet, muss man sowohl die Regierung als auch das System reformieren. Man muss die auf Planwirtschaft basierende Regierung zu einer marktwirtschaftsfähigen machen.“ Bisher sei nach dem Motto regiert worden „Reformen funktionieren nur durch Strafen“: „Der Markt wurde bestraft, die Bürger bestraft – aber das einzige, was ungestraft davon kam, war die Regierung.“ Rens Fazit: Ohne Änderungen geht es nicht mehr.

Wir brauchen mehr Freiheit“

Wirtschaftsprofessor Zhang Weiying von Pekinger Universität:

„Wenn man darauf hofft, dass die Regierung eine Marktwirtschaft aufbaut, wird das nie funktionieren, denn der Kern einer Marktwirtschaft sind Bürgerrechte und Freiheit. Deshalb sollten wir diskutieren, wie die Regierung dem Markt sein Recht zurückgeben kann.“ China brauche mehr Freiheit und Rechte des Einzelnen. (Siehe: Chinas Wirtschaftselite warnt vor Crash – und will Reformen)

(rf)



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