Der Zusammenbruch chinesischer Privatunternehmen

Chinesische Privatunternehmen können kaum noch Kredite erhalten oder zurückzahlen. In der Stadt Wenzhou in der Provinz Zhejiang kam es in den letzten Monaten immer häufiger zu gewalttätiger Schuldeneintreibung, Flucht von Unternehmern und Selbstmord.
Titelbild
Bei einem Unterwäschehersteller in der Stadt Dongyuan in der Provinz Guangdong arbeiten nur noch wenige Arbeiterinnen.Foto: 大纪元资料室
Von 16. Oktober 2011

Die Schwierigkeiten der chinesischen Privatunternehmen sind in China flächendeckend zu beobachten, besonders auffällig aber in Shanghai, Wenzhou und Dongyuan.

In Wenzhou, südlich von Shanghai, tritt seit geraumer Zeit ein Phänomen auf: Firmeneigner und Geschäftsführer verschwinden einfach so. Seit September kommt es dort häufig zu gewalttätigen Schuldeneintreibungen und Unternehmer flüchten oder begehen sogar Selbstmord. Dabei hinterlassen sie Schulden in Milliardenhöhe an Yuan [100 Yuan entsprechen etwa zehn Euro], die gesamte Produktionskette, also Zulieferer und Zwischenhändler, ist betroffen. Die flüchtigen Unternehmer in Wenzhou sind nur ein kleiner Ausschnitt des gesamtchinesischen Problems. Viele staatliche Unternehmen drängen die privaten Unternehmen vom Markt. Die flüchtenden Privatunternehmer und die Schulden, die sie hinterlassen, lösen einen Dominoeffekt aus, dessen Ende nicht abzusehen ist.

Bei Recherchen entdeckten Journalisten der chinesischen Ausgabe der Epoch Times, dass die Schwierigkeiten dieser Unternehmen verschiedene Ursachen haben. Neben Inflation, steigenden Material- und Personalkosten, schlechter Binnennachfrage, schwacher Weltkonjunktur, Aufwertung des Yuan und Kreditrestriktionen der Zentralbank sind die enormen Kosten, die durch die Regierung verursacht werden, wie Steuern und Gebühren, eine große Belastung für diese Unternehmen.

Herstellung von Tierpräparationen in einem Unternehmen in Wenzhou.Herstellung von Tierpräparationen in einem Unternehmen in Wenzhou.Foto: Getty Images

Ein Flüchtlingsstrom von Unternehmern

In Wenzhou gab es einige tausend kleinerer und mittelständischer Unternehmen; die Produkte aus dieser Stadt wurden überall auf der Welt verkauft. Die Situation in den Unternehmen in Wenzhou liefert Indizien für alle kleineren und mittleren Unternehmen in China.

Frau Zhang besitzt eine Fabrik zur Herstellung von Lederschuhen im Lucheng-Distrikt von Wenzhou und ist bereits seit über zehn Jahren im Geschäft. Sie sagte zu einem Reporter der Epoch Times, dass neben den steigenden Material- und Personalkosten das größte Problem der schwache Binnenmarkt sei. „Ich habe im letzten Jahr in vier sehr belebten Orten in China Geschäfte eröffnet. Davon existiert jetzt nur noch eins. Nur 30 Prozent aller Schuhe wurden verkauft, der Rest lagert bei Zwischenhändlern, weil der Markt sie nicht aufnehmen kann. Wer Schuhe lagert, macht Verlust, weil sie sich nirgendwo im Land verkaufen lassen. Bei Herstellungskosten von 50 Yuan liegt der heutige Verkaufspreis nur noch bei 15 Yuan und man muss hoffen, dass sich überhaupt ein Käufer finden lässt. Jetzt bekomme ich Kopfschmerzen, wenn ich Schuhe nur sehe.“

Herr Wu, ebenfalls Besitzer einer Schuhfabrik in Wenzhou, berichtete, dass das Geschäft schlechter sei als im letzten Jahr. Sowohl die Personal- als auch die Materialkosten seien gestiegen und das habe zu schweren Gewinneinbußen geführt. Exporte laufen nicht gut und der Binnenmarkt sei auch schwach. Er sagte: „Die Kosten der Geldbeschaffung steigen ebenfalls und das Geschäft läuft immer schlechter. Da der Wechselkurs zum Euro sinkt, lohnt sich der Export nicht mehr.“

Frau Zhang befürchtet, dass etliche Unternehmen bankrott gingen, wenn die momentane Marktsituation weiterhin fortbestehe.

Die Stunde der Kredithaie

Nicht nur die schlechten Marktbedingungen, sondern auch die Kreditrestriktionen der Zentralbank machen das Leben vieler kleiner und mittelständischer Unternehmen schwer. Weil es fast unmöglich wurde, ordentliche Kredite zu bekommen, gingen viele Privatunternehmer zu „Kredithaien“, das sind Kredite von Privatbanken mit Wucherzinsen. Für ein Unternehmen in Schwierigkeiten stellt der Kreditwucher, dessen Jahreszinssatz bis zu 100 Prozent und mehr beträgt, eine tödliche Gefahr dar.

In letzter Zeit verbreitete sich eine „Liste flüchtiger Unternehmer aus Wenzhou“ im Internet, auf der diese Unternehmer, über deren Flucht die Medien in den letzten Monaten berichtet hatten, aufgelistet wurden. In dieser Liste wurde erklärt, dass die kleineren Unternehmen dabei nicht erfasst seien.

Im August wurden nur drei Fälle gelistet. Der Vorsitzende des Fördervereins der kleineren und mittleren Unternehmen, Zhou Dewen, ließ jedoch verlauten, dass allein in der Gemeinde Yongqiang, die ein „Katastrophengebiet“ sei, mehr als 20 Fälle von geflohenen Unternehmern aktenkundig seien. Drei von ihnen seien Schuldner von Kreditwucherern, deren Schulden in Milliardenhöhe lägen.

Von den 29 größeren Unternehmen, deren Besitzer geflohen sind, stammen elf aus der Schuhbranche, fünf aus der Elektrobranche und vier aus der Metallverhüttung. Zwei Restaurants sind ebenfalls dabei und der Rest sind Optiker und Druckereien. Jedes dieser Unternehmen hatte ursprünglich ein Kapital von einigen Milliarden Yuan.

Der Sprung vom Hochhaus

Während viele Unternehmer verschwanden, nahm sich Herr Shen, der Inhaber einer Schuhproduktionsfirma, das Leben. Er sprang am 27. September aus dem 22. Stock eines Hochhauses.

Zhou Dewen vermutet, dass die Hauptursache der Schwierigkeiten die Banken seien. Im Jahr 2008 war die Konjunktur relativ gut und Bankkredite waren leicht zu bekommen. Viele Unternehmen nutzten dies und expandierten. Im Jahr 2009 kam es plötzlich zu Kreditrestriktionen. Die Banken nahmen nur noch Geld zurück und vergaben kaum noch Kredite. Die Investitionen der Unternehmen konnten jedoch nicht so schnell gebremst werden, es gab weiteren Kreditbedarf.

Zhou Dewen erklärte, dass es in Wenzhou etwa 360.000 kleinere und mittlere Unternehmen gebe und dass bei 20 Prozent Produktionsstillstand herrsche. Er befürchtet, dass 40 Prozent der Unternehmen am Ende des Jahres ihre Produktion stilllegen müssen oder bankrott gehen, wenn sich die Exportsituation und die binnenwirtschaftliche Politik nicht ändern.

 



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