Gesichtserkennung in China und Deutschland – Sicherheit oder Überwachung und Kontrolle?

Im kommunistischen China ist die Technik der Gesichtserkennung mittlerweile bis in die grundlegendsten Facetten des alltäglichen Lebens eingedrungen und hilft den Behörden bei der Kontrolle und Überwachung. Auch in Deutschland ist Gesichtserkennung ein heißes Thema. Die Corona-Pandemie könnte sich dabei zum Zünglein an der Waage entwickeln.
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Digitale Überwachung (Symbolbild).Foto: iStock
Von 14. September 2020

Auf dem chinesischen Festland hat die Gesichtserkennung eine ständige Präsenz im täglichen Leben der Menschen. Ob beim U-Bahn-Fahren, beim Einchecken in ein Hotel oder sogar beim Benutzen mancher öffentlicher Toiletten in Peking – die Gesichter der Bürger werden eingescannt. Die Gesichtserkennung ist jedoch auch eine Schlüsseltechnologie, die der chinesische Staat zur Überwachung und Unterdrückung einsetzt, wie etwa bei den Uiguren in Xinjiang. Zudem verkauft China diese Technologie an andere repressive Regime der Welt.

Gesichtserkennung für dies und das

Chinas staatliche Nachrichtenagentur Xinhua informierte kürzlich über die Installation von zwei Sicherheitstoren im Kontrollbereich der U-Bahn-Station Fuchengmen in Peking. In diesen befinden sich Überwachungssonden und Bildschirme zur Identifizierung der Passagiere. Angeblich soll es sich um ein Pilotprojekt zum Service für Pendler in Verbindung mit einer „Smart Security Check“-App handeln. Die Passagiere müssen „zur Aktivierung dieses Dienstes die Überprüfung ihres persönlichen historischen Verhaltens durch relevante Regierungsbehörden akzeptieren, z. B. Verstöße gegen Gesetze und Vorschriften“. Bei „schlechter Bonität“ könne man den Dienst nicht nutzen, heißt es.

Die gecheckten und zugelassenen Passagiere können dann die Sicherheitskontrollen schneller passieren. „Das U-Bahn-Unternehmen garantiert, dass die gesammelten Informationen auf den in dieser Vereinbarung vereinbarten Umfang beschränkt sind und nicht für andere Zwecke verwendet werden“, heißt es.

Das chinesische Internetportal „Sohu“ berichtet vom bei Touristen beliebten Pekinger „Himmelstempel“-Park (Tiantan). In den öffentlichen Toiletten dort ist das Toilettenpapier gratis, weshalb viele Leute sich dort für zuhause versorgen. Eine zuständige Person des Parks erklärte, dass derzeit sechs „Toilettenpapiermaschinen zur Gesichtserkennung“ (Black Boxes) in den drei öffentlichen Toiletten installiert sind. Offiziell will man mit dem Pilotprojekt „Abfall reduzieren“ und der Verschwendung von Toilettenpapier entgegenwirken.

Daten und Datenlecks

Neben den Risiken der flächendeckenden Überwachung durch die Sicherheitsorgane verursacht die weite Verbreitung der Daten auch ein anderes Sicherheitsproblem.

Kürzlich berichteten chinesische Staatsmedien, dass Online-Shopping-Plattformen öffentlich private Informationen der Bürger zusammen mit ihren Fotos verkaufen – und das alles für 0,50 Yuan pro Person, umgerechnet sechs Cent. Laut dem Newsportal der chinesischen Staatsanwaltschaft „JCRB“ sagte der stellvertretende Direktor des Testlabors des Informationssicherheitszentrums des „China Electronics Standardization Institute“, He Yanzhe, dass das eigentliche Problem der Gesichtsinformationen der Online-Schwarzmarkt sei. Dabei seien die Fotos mit einer Reihe sensibler Daten verknüpft, wie etwa ID-Nummern, Bankkartennummern, Mobilfunknummern und anderen.

He Yanzhe gab den Reportern ein Beispiel: Wenn Gesichtsinformationen mit anderen Identitätsinformationen übereinstimmen, können sie von Kriminellen verwendet werden, um Konten auf sozialen Online-Plattformen zu stehlen oder Eigentum von Bankkonten zu entwenden; wenn Gesichtsinformationen mit Informationen über den Aufenthaltsort übereinstimmen, können sie für Betrügereien, Erpressung und andere illegale und kriminelle Aktivitäten verwendet werden.

Probleme mit Cyberkriminalität

Unsere Reporter sprachen mit einem Herrn Li aus China, der angab, mit jemandem in Kontakt zu stehen, der diese Art von Informationen verkauft. Er beschrieb die Menge der gehandelten Daten der Informationspakete als sehr beunruhigend. Aus Angst vor Vergeltungsmaßnahmen der Behörden teilte er uns nur seinen Nachnamen mit.

Es gibt einen Typen, der diese Informationen verkauft. Er kann alles bekommen. Sie geben ihm einfach einen Namen und er kann Ihnen über dessen Familienmitglieder und alles andere erzählen. Das ist ziemlich beängstigend. Viele solcher Daten wurden für kriminelle Aktivitäten verwendet.“

(Herr Li, Informant, China)

Herr Wang, ein Bürger Chinas, beklagte sich in diesem Zusammenhang über die Untätigkeit der Behörden und die Weigerung, den digitalen Betrug zu stoppen.

Wenn Sie online etwas Negatives über die Regierung sagen, taucht die Polizei sofort vor Ihrer Tür auf und bringt Sie weg. Aber bei so viel Online-Betrug sieht man kaum, dass die Behörden jemanden verhaften.“

(Herr Wang, China)

Eine Umfrage eines Pekinger Forschungsinstituts im Jahr 2019 ergab, dass etwa 74 Prozent der befragten 6.152 chinesischen Einwohner lieber traditionelle Identifikationsmethoden benutzen, statt der Gesichtserkennungstechnologie. Viele gaben Bedenken an, dass ihre biometrischen Daten gehackt werden oder anderweitig durchsickern, berichtete die „Financial Times“.

Gesichtserkennung in Deutschland

Auch in demokratischen Ländern kommt Gesichtserkennung zur Anwendung.

Im Februar warnte die FDP vor einem Einsatz von Gesichtserkennungssoftware durch deutsche Geheimdienste. Der Innenexperte der Partei, Konstantin Kuhle, hatte an das Bundesinnenministerium eine schriftliche Anfrage geschickt und wollte wissen, ob deutsche Sicherheitsbehörden Applikationen oder Software wie die der US-Firma Clearview AI einsetzten. Mit dieser können „anonyme Personen im öffentlichen Raum durch einen Datenabgleich aus öffentlich zugänglichen Fotos identifiziert werden“, hieß es.

Stephan Mayer, Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, schloss den Einsatz Clearview-ähnlicher Gesichtserkennungssoftware für die Sicherheitsbehörden des Bundes aus. Für den Bundesverfassungsschutz und den BND wollte er aufgrund „schutzbedürftiger Geheimhaltungsinteressen“ nicht antworten, was, so Mayer, jedoch „weder als Bestätigung noch als Verneinung des angefragten Sachverhalts zu werten“ sei.

Bereits im Dezember 2017 warnte der Deutsche Richterbund vor den Risiken der Gesichtserkennung.

Der Einsatz von Videoüberwachung mit biometrischer Gesichtserkennung darf nicht dazu führen, dass Menschen anlasslos und flächendeckend von den Sicherheitsbehörden durchleuchtet werden.“

(Sven Rebehn, Bundesgeschäftsführer, Deutscher Richterbund)

Bessere Sicherheit oder totale Kontrolle?

Der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte indes keine Probleme mit der Technologie:

Ich kann mir schwer vorstellen, dass es verfassungsrechtliche Bedenken gibt, wenn man nach Terroristen und Schwerverbrechern fahndet.“

(Thomas de Maizière, Bundesinnenminister 2013-2018, CDU)

Auch Horst Seehofer, amtierender Bundesinnenminister, hält die Technik für wichtig und äußerte im Oktober 2019 seine Vorhaben, biometrische Gesichtserkennung in „nahezu allen“ größeren Bahnhöfen zur Überwachung einzusetzen.

Intelligente Videoüberwachung und biometrische Gesichtserkennung können dabei zukünftig ein wichtiges Unterstützungsinstrument insbesondere für die Bundespolizei sein.“

(Horst Seehofer, Bundesinnenminister seit 2018, CSU)

Im Januar 2020 warnte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber vor dem Einsatz von Gesichtserkennung im öffentlichen Raum. Die Technologie sei zwar zunächst einmal weder gut noch böse, werde aber problematisch, „wenn sie entsprechend eingesetzt wird“. Laut Kelber fehle einer flächendeckenden biometrischen Videoüberwachung noch die konkrete gesetzliche Rechtsgrundlage. Es sei sogar fraglich, ob eine solche überhaupt verfassungskonform ausgestaltet werden könne.

Corona, das Zünglein an der Waage

Das Grundproblem bleibt bestehen: Der Einsatz von Gesichtserkennung könnte tatsächlich die Sicherheit in Deutschland verbessern, aber er könnte auch der Beginn einer orwellschen Überwachung wie in China sein.

Was Kelber zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit in seine Überlegungen einbeziehen konnte, war, dass der Corona-Ursprungsort, die chinesische Provinzhauptstadt Wuhan, Millionen potenzielle Virenträger in die Neujahrsferien reisen ließ, bevor das KPC-Regime die Stadt am 23. Januar abriegelte. Wenige Wochen später hatte die Pandemie die ganze Welt in Beschlag genommen. Chinas Überwachungs- und Kontrollwut erreichte ein noch größeres Ausmaß, das auch später beibehalten wurde.

Reuters berichtete, dass im Zuge der Wiedereröffnung chinesischer Universitäten viele Colleges im Namen der „Epidemiebekämpfung“ Gesichtserkennungssysteme auf dem Campus installiert haben. Studenten haben in ihren Wohnheimen Kameras gefunden und werden aufgefordert, Informationen über ihren genauen Aufenthaltsort auf dem Campus einzureichen.



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