Mythen der Antike und die Hydra der Neuzeit – Neue Helden gesucht

James Sale erinnert die aktuelle Situation an die Geschichte von Herkules – und daran, dass die Wissenschaft allein nicht alle Probleme lösen kann. James Sale ist Buchautor und Preisträger der Society of Classical Poets.
Titelbild
Herkules tötet die lernäische Schlange, Hydra, Hofburg, Wien.Foto: iStock
Von 13. Februar 2021

Die Mythen der Antike können uns, wenn wir bereit sind zuzuhören, tiefe Wahrheiten und Einsichten vermitteln. Eine, welche ich zum jetzigen Zeitpunkt für besonders relevant halte, ist die Geschichte der lernäischen Hydra oder einfach nur Hydra.

Zur Erinnerung: Die Hydra war ein schlangenähnliches Ungeheuer, das in den maßgeblichen Quellen neun Köpfe hatte, von denen einer unsterblich war. Obendrein spuckte die Kreatur ein Gift, das so tödlich war, dass es kein Heilmittel dafür gab.

Die Hydra war ein Nachkomme des Ungeheuers Echidna, das sich mit dem noch grausameren Typhon paarte. Typhon war es, der beinahe den König der Götter selbst, Zeus, besiegte und dabei die gesamte Ordnung der Schöpfung zerstört hätte, wenn er erfolgreich gewesen wäre. Während Zeus Typhon besiegt hatte, übergab er seinem Sohn Herkules die Aufgabe, die menschliche Welt von der Hydra zu befreien.

Herkules war als Sohn von Zeus, dem König der Götter des Olymps, sowohl halb menschlich als auch halb göttlich. Aber selbst die Tatsache, dass er halb göttlich war, machte den Kampf gegen die Hydra nicht einfach. Denn jedes Mal, nachdem er einen ihrer Köpfe abtrennte, sprossen zwei weitere an seiner Stelle hervor. So wurde die Hydra immer mächtiger und Herkules musste sich zurückziehen.

Jedoch wurde Herkules glücklicherweise von seinem Neffen Iolaus begleitet, mit dem er gemeinsam den Kampf wieder aufnahm. Als Herkules einen Kopf zerstörte, versengte Iolaus den Halsstumpf mit einem glühenden Brandzeichen und verhinderte so sein erneutes Wachstum.

Schließlich, als ein Kopf nach dem anderen starb, tat es auch die Kreatur selbst und es blieb nur der unsterbliche Kopf zurück. Diesen hackte Herkules ab und vergrub ihn am Wegesrand, sodass die Hydra besiegt und getötet war. Allerdings behielt er etwas von dem tödlichen Gift der Hydra, um damit seine Pfeile zu tränken, um sie selbst bei einem Streifschuss zu einer absolut tödlichen Waffe zu machen.

Welche Bedeutung hat diese alte Geschichte aber nun für uns?

Die vielköpfige Schlange der Wissenschaft

Ich denke, die Hydra steht symbolisch für die (oft monströsen!) Bemühungen der Menschheit, ihre Probleme zu lösen. Wir könnten dies unsere Philosophie des „Fortschritts“ nennen und insbesondere die Problemlösung durch Wissenschaft und Technologie.

Beim Lesen eines aktuellen Artikels (18. Jan. 2021) fand ich eine perfekte Illustration meiner diesbezüglichen Gedanken: Der Ausschnitt lautete: „Beamte in Norwegen untersuchen den Tod von etwa zwei Dutzend älteren Patienten nach Erhalt des Impfstoffes von Pfizer/BioNTech und gehen nun der Frage nach, ob unerwünschte Reaktionen auf den Impfstoff zu einem tödlichen Ausgang bei einigen gebrechlichen Patienten beigetragen haben könnten.“

Um Leben zu retten, entwickeln wir also einen Impfstoff. Doch plötzlich taucht ein weiterer Kopf der Hydra auf – gerade als wir dachten, das Problem in den Griff bekommen zu haben.

Selbst die Erschaffung einer offensichtlich brillanten neuen Technologie scheint bei näherer Betrachtung einen Stachel am Schwanz zu tragen oder, um unsere Metapher fortzusetzen, einen neuen, uns gewissermaßen attackierenden Hydrakopf zu erzeugen.

Wer könnte zum Beispiel bestreiten, dass die Erfindung des Alphabets und der Schrift eine großartige neue Technologie war? Sind wir nicht seither die Nutznießer ihrer Möglichkeiten? In der Tat ist es schwierig, sich vorzustellen, wie sich ohne sie je ein Lernen, geschweige denn eine Wissenschaft hätte entwickeln können. Dennoch war es Sokrates, der in Platons „Phaedrus“ (circa 370 v. Chr.) sagte: „Die Entdeckung des Alphabets wird in der Seele der Lernenden Vergesslichkeit erzeugen, weil sie ihr Gedächtnis nicht benutzen werden; sie werden sich auf die äußeren Schriftzeichen verlassen und sich nicht auf sich selbst besinnen.“

Natürlich könnte man nun meinen, dass die Schwächung des Gedächtnisses ein kleiner Preis für die Fähigkeit ist, schreiben zu können, Informationen aufzuzeichnen und an die Nachwelt zu übermitteln. Das Problem jedoch ist, dass es neben den sehr kleinen auch sehr große Hydren gibt.

Insbesondere seit dem Beginn der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert sind wir so abhängig von Technologien geworden, dass wir uns unserer Abhängigkeiten kaum noch bewusst sind … bis etwas schiefgeht – wie zum Beispiel bei COVID-19.

Dann wird uns plötzlich bewusst, dass die Globalisierung, von der uns in den 1990er-Jahren gesagt wurde, sie sei unaufhaltsam, unvermeidlich und mehr oder weniger vorteilhaft, einige ernsthafte Schattenseiten hat: Massenreisen, die das Virus verbreiten, und länderübergreifende Lieferketten, die unterbrochen wurden, was die Ärmsten der Gesellschaft besonders zu spüren bekommen.

Und wenn wir die Untersuchung der norwegischen Beamten betrachten, können wir feststellen, dass die sogenannten sicheren Impfstoffe nicht wirklich ausreichend getestet wurden. Wie Carl Sagan sagte:

Wir leben in einer Gesellschaft, die exquisit von Wissenschaft und Technik abhängig ist, in der aber kaum jemand etwas über Wissenschaft und Technik weiß.“

Im Gegensatz zu Herkules sind wir alle entmachtete Konsumenten, die hinnehmen müssen, was uns vorgesetzt wird.

In Anbetracht all dessen – plus der Hydren der Atomkraft, der biologischen Experimente, der Umweltverschmutzung und so weiter – müssen wir fragen: Was kann man dagegen tun? Gibt uns der Mythos einen Anhaltspunkt? Die Antwort ist ja, das tut er.

Harmonisierung der Wissenschaft mit dem Göttlichen

Wir müssten Helden aufstellen, welche den Kampf gegen diese Hydren aufzunehmen vermögen. Doch das Wesen der Helden müsste sein, dass sie „halb-göttlich“ sind. Das bedeutet, zu verstehen, dass das Lösen menschlicher Probleme zumindest zur Hälfte eine spirituelle Angelegenheit ist. Wissenschaft und Technologie allein werden unsere Probleme nicht lösen.

Wie Robert Pirsig in seinem berühmten Buch „Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten“ bemerkte:

Was mit der Technologie nicht stimmt, ist, dass sie in keiner Weise mit den Angelegenheiten der Seele und des Herzens verbunden ist. Und so macht sie ganz aus Versehen böse, hässliche Sachen und wird dafür gehasst.“

Die Technik ist von Natur aus seelenlos. Es gilt also, das Spirituelle wieder in die Bekämpfung der Probleme unserer Zeit einzubringen, um so weitere Hydren verhindern zu können.

Doch leider gibt es im Mythos noch eine weitere Hydra, der man sich stellen muss, welche auch Herkules nicht vorhergesehen hatte.

Sie werden sich erinnern, dass Herkules der Hydra auch ihren unsterblichen Kopf abschlug und ihn vergrub. Bevor er dies tat, entnahm er jedoch einen reichlichen Vorrat ihres Giftes, um seine Pfeile damit zu versehen. Der geringste Streifschuss konnte jedes lebende Wesen töten, wodurch er viele Feinde niederstreckte und noch mehr Macht erlangte. Man könnte sagen, er hat in diesem Fall den „menschlichen“ Weg gewählt, um mächtiger zu werden.

Doch schließlich wurde Herkules selbst von der Technologie überlistet. Das Gift wurde in ein Hemd eingeflößt, das ihm seine Frau aus Versehen gab, was ihn schließlich qualvoll sterben ließ. Selbst der große Herkules konnte also der Hydra letztendlich nicht entkommen.

Vielleicht wäre es für ihn besser gewesen, alles von ihr zu vergraben, anstatt zu glauben, dass er die Technologie der mit ihrem Gift getränkten Pfeile für seine Zwecke nutzen könnte. Es erinnert eher an „Der Herr der Ringe“ und den Ring der Macht, der immer diejenigen verriet, die ihn zu benutzen versuchten (mit Ausnahme seines Schöpfers, des Dunklen Herrschers).

Wir brauchen ebenfalls mehr heldenhafte Ansatzpunkte, menschliche und göttliche, um die momentanen Probleme dieser Welt überwinden zu können.

Zur Person: James Sale hat über 50 Bücher veröffentlicht, zuletzt „Mapping Motivation for Top Performing Teams“ (Routledge, 2021). Er gewann den ersten Preis im Jahreswettbewerb der Society of Classical Poets 2017 und trat 2019 in New York auf. Sein jüngster Gedichtband heißt „HellWard“. Weitere Informationen über den Autor und über sein Dante-Projekt finden Sie unter TheWiderCircle.webs.com

Der Artikel erschien zuerst bei The Epoch Times: The Hydra of Modern Times (deutsche Bearbeitung Visiontimes).



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